Der November ist ein Gedenkmonat. Menschen erinnern sich an Verstorbene und besuchen ihre Gräber. Viele unter diesen hatten den Krieg noch erlebt oder waren Kriegshinterbliebene. Die Lebenden kennen meistens nur noch ihre Geschichten. Wie zeitgemäß ist da eigentlich noch ein Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands e. V., besser bekannt unter dem Kürzel „VDK“?
Die Antwort lautet kurz und knapp: „Sinnvoller denn je“. Davon sind der frisch gewählte Vorsitzende des VDK Ortsverbandes Jülich, Christoph Joassart und seine stellvertretende Kollegin Monika Molitor fest überzeugt. Mit Kriegsversehrten habe der Verband allerdings wenig bis gar nichts mehr zu tun, erklärt Molitor. Der VDK hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von einem Kriegsopferverband zu einem modernen und starken Sozialverband entwickelt, so lautet das Selbstverständnis des Verbandes. Dieser setzt sich auf Bundesebene für gesundheitlich Benachteiligte ein und kämpft auf politischer Ebene unter anderem für Barrierefreiheit und gegen den Abbau des Sozialstaates.
Im Ortsverband Jülich liegt der Schwerpunkt auf dem Vereinsleben als solchem. Der Verband veranstalte regelmäßig Ausflüge mit den Mitgliedern, einen Neujahrsempfang und halte Versammlungen ab. Der Vorstand treffe sich etwa alle sechs Wochen, so Molitor. Mitglied werden könne jeder. Mit 880 Mitgliedern sei der Jülicher Ortsverband der zweitgrößte im Kreis, weiß Joassart.
Der VDK kümmere sich intensiv um die Belange von Behinderten, chronisch Erkrankten, Impfgeschädigten und sozial schwächer gestellter Menschen, erklärt der engagierte Joassart, der in Jülich seit 2016 Beisitzer des Vorstandes ist und nun zum Vorsitzenden gewählt wurde. In den Gesetzen des Sozialgesetzbuches SGB kenne er sich bestens aus. Beispiele wo auch der Ortsverband VDK Mitglieder unterstütze, seien zum Beispiel von Krankenkassen und anderen Institutionen im Gesundheitssystem abgelehnte Reha-Maßnahmen oder Hilfsmittel wie Prothesen oder dringend für die gesellschaftliche Teilhabe benötigte Rollstühle.
Ein klassisches VDK-Thema ist die Unterstützung beim Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis oder auf eine Erwerbsminderungsrente. „Hier dürfen wir im Ortsverband allerdings nur beraten, aber nicht rechtlich.“ Für die rechtliche Auseinandersetzung stehe dem VDK auf Kreisverbandsebene eine Anwältin zur Verfügung, die für alle Ortsverbände zuständig sei, erklärt Joassart. Doch er stehe Betroffenen dennoch im Bürokratiewust eng zur Seite. Er habe ein wohlgepflegtes Netzwerk und könne vieles schon auf dem bekannten „kleinen Dienstweg“ regeln.
Einer, der genau weiß, wie wesentlich der Beistand des VDK, und hier insbesondere die von Herrn Joassart sein kann, ist Ralf B. aus Langerwehe. Dieser habe einen Abszess im Gehirn gehabt und sei in Dubai operiert worden. „Von dem gleichen Arzt, der auch Michael Schumacher operiert habe“, weiß Joassart. Doch vor Ort seien einige Pannen passiert, die einen Herzstillstand zur Folge gehabt hätten. Damit Ralf B. vom Versorgungsamt auch einen angemessenen Grad der Behinderung bekäme, dafür hatte sich Joassart durch drei Ordner gekämpft. „Das kann man nicht mehr toppen“, kommentiert Ralf B die Unterstützung durch den Verband, und insbesondere durch den neuen Vorsitzenden, bei dem er auch seelisch mal etwas habe loswerden können.
Die stellvertretende Vorsitzende Molitor ist bereits seit 2014 im VDK und 2016 dann hochgewählt worden zur Stellvertreterin des Vorstandes in Jülich. Sie arbeite beruflich in der Pflege und Intensivpflege. „Ich finde, jeder sollte irgendein Ehrenamt übernehmen“, ist ihre Überzeugung. „Aufgrund meiner Berufstätigkeit kann ich auch bei allen Themen rund um die Pflege helfen.“
Sie rät allen Menschen, rechtzeitig für die Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu sorgen. Auch ein Zwanzigjähriger, der Motorrad fährt, sei hier angesprochen. Sie habe selbst den Motorradführerschein und wisse, wovon sie spreche. „Jeder denkt ja, du wirst alt werden“, und das könne eine Fehlannahme sein. Auch wichtig sei die Frage, was man tun könne, wenn man am Ende des Lebens keine gesetzliche Betreuung wolle. Auch das müsse rechtzeitig geregelt werden – ein Thema, wo der VDK ebenfalls unterstütze.
Ohne Mitglieder, die sich aktiv beteiligten, gehe es aber künftig nicht, so Joassart. Der Vorstand auf Kreisebene sei bereits gefährlich ausgedünnt. „Wenn der Kreisverband aufgelöst wird, dann geht alles nach Düsseldorf oder Aachen“, befürchtet Joassart. „Dann dauern Anträge noch länger.“ Auch in Jülich fehlten noch zwei Beisitzer im Vorstand. „Jeder kann sich bewerben“, so der Vorsitzende. Auch Sponsoren seien wichtig. So hätten die Stadtwerke Jülich im Jahr 2019 das Oktoberfest gesponsert.
Aber jetzt freut sich Joassart erstmal auf die nächste Veranstaltung: Am 21. Januar gehe es nach Kreuzau zur Karnevalsgesellschaft „Alt Schlupp“. Interessenten können sich melden unter: www.vdk.de/ov-juelich.