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Kimme, Korn und Kirche

Die St. Antonii- und Sabastiani-Armbrust-Schützenbruderschaft Jülich ist bereits gesicherte 560 Jahre alt.

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Die Jülicher St. Antonii- und Sebastiani- Armbrust-Schützenbrüderschaft
Foto: Veranstalter | Die Jülicher St. Antonii- und Sebastiani- Armbrust-Schützenbrüderschaft
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Das Gründungsdatum wird für die 2. Hälfte 14. Jhd. angenommen. Eine Besonderheit der Jülicher Bruderschaft sind ihre zwei Patrone: St Antonius (250-356, der Große, der Mönchsvater, der Einsiedler, meist dargestellt mit Schwein: Ferkes Tünn) steht für das soziale Engagement der Bruderschaft; St. Sebastian (3.Jhd., der Pfeildurchbohrte, Zeuge,  Märtyrer für Christus) symbolisiert die christliche Grundausrichtung.
Ich kenne die Jülicher Armbrustschützenbruderschaft schon seit meiner Kindheit. Damals gab es auf dem Schlossplatz noch wunderschöne bunte Blumenbeete und den Pavillon. Ein sehr angemessener Rahmen für das Hochfest Fronleichnam, welches dort unter freiem Himmel mit einem Gottesdienst gefeiert wurde, der in die Prozession zur Propsteikirche mündete. Vornehmste Aufgabe der Schützen damals schon war die flankierende Begleitung des Allerheiligsten unter einem Baldachin durch die festlich geschmückte Innenstadt.
Anschließend trafen sich die Schützenbrüder, zu denen schon damals mein Vater gehörte, um den besten Schützen als Schützenkönig zu ermitteln. So richtig vorstellen konnte ich mir damals allerdings nichts darunter, fand das ziemlich geheimnisvoll. Vielleicht liegt das an einer recht nebulösen Erinnerung an ein Fronleichnamsfest in den 80er Jahren auf Gut Karthaus. Damals trafen sich die Schützen dort jährlich zum Königsschießen, während die Schützenschwestern Kaffee und Kuchen – oft genug bei bestem Wetter auf der schönen großen Terrasse – einnahmen. Von dort war kein Blick möglich auf das parallel stattfindende Königsschießen und so wurde gewettet und geraten, wer wohl Kimme und Korn optimal justierte und den Abzug der Armbrust im rechten Moment betätigen würde. Einmal muss mich meine Mutter mitgenommen haben. Und ich hätte wohl zu gern mal gespinkst, aber das war streng verboten.

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Bild: Veranstalter

Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Schützen – momentan 31 Mann stark –  haben zwar inzwischen verschiedene Örtlichkeiten ausprobiert, zuletzt auf dem Hof des Schützenbruders Schüller in Welldorf, oder auch in der Südbastion des Brückenkopfparks, die geschlossene Männergesellschaft ist geblieben. Und immer noch treffen sich zeitgleich die Schützenschwestern – und zu denen gehöre ich inzwischen auch – zu einem gemütlichen Kaffeeründchen und warten voll freudiger Erwartung darauf, dass die Schützenbrüder dazustoßen, um dann gemeinsam anzustoßen auf den neuen Schützenkönig. Wir versuchen immer aus den Minen und Begrüßungssätzen der Männer zu erschließen, wer von uns denn nun die neue „Königin“ ist, was leider fast nie gelingt. Tatsächlich wurde ich einmal von einem Schützenbruder begrüßt mit den Worten „Verehrte Königin, …“, was natürlich sofort überspielt und als Versprecher abgetan wurde, sich dann aber später doch bestätigte. Aber das Pokerface der Herren ist grundsätzlich nahezu bühnenreif und so bleibt uns nichts übrig, als auf die feierliche Ansprache des Brudermeisters Detlev Ernstes zu warten. Es gibt einige sehr versierte Schützen, die die Ehrenkette nun bereits mehrfach für ein Jahr nach Hause tragen und um eine Namensgravur ergänzen durften. Besonders gefreut haben wir uns beim Fronleichnamsfest 2016, dass Brudermeister Ernstes mit der bisher unerreichten Zahl 30 erstmals die Königswürde erreichte.
Es herrscht eine familiäre Gemeinsamkeit innerhalb der Bruderschaft. Sie wird gepflegt bei den gemeinsamen Veranstaltungen. Mehrmals im Jahr treffen sich die Schützenbrüder – einmal mit Damen – zum Schießen mit der Armbrust. Geschossen wird mit Schweizer Armbrüsten, einem Nachkriegsmodell, aufgelegt auf eine 28 Meter entfernte Scheibe mit 10 Ringen. Es gibt also keinen „Vogelschuss“, wie vielfach üblich. Auch zu Vorträgen – die in der Regel Gästen offenstehen –, festlichen gemeinsamen Essen an Fronleichnam, im Advent, oder bei einer Einladung durch den Schützenkönig, bei gemeinsamen Unternehmungen zur Pflege kultureller Anliegen oder bei Veranstaltungen zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen trifft man sich gern und immer in herzlicher Atmosphäre. Von den Schützen wird das Bemühen um eine christliche Lebensführung erwartet. Gemeinsame Gottesdienste und religiöse Feiern finden statt am Patronatsfest, in der Fastenzeit und in der Adventszeit.
Von Beginn an war für die Bruderschaft Sorge für Bedürftige eine zentrale Aufgabe. Kranke und Witwen wurden versorgt. Heute hat es sich die Bruderschaft zur Aufgabe gemacht, die Witwen der Schützenbrüder am Leben der Bruderschaft teilnehmen zu lassen. Darüber hinaus unterstützt sie lokale Aktionen und Institutionen wie die SKF-Arbeit mit Schülern, die Ferienspiele in Jülich und andere wohltätige Aktionen. Neben den gemeinsamen Veranstaltungen kultureller Art unterstützt die Bruderschaft seit Jahren junge Musiker in Jülich durch Vergabe von Abonnements für die Jülicher Schlosskonzerte.
Die Geschichte der Bruderschaft ist nachzulesen in dem lesenswerten Band 50 der Reihe „Forum Jülicher Geschichte“ (ed. Günter Bers und Wolfgang Herborn): Günter Bers/Chantal Kröber, „Traditionspflege und Kirchennähe – Eine regionale Gesellschaftselite im Spiegel der Jahrhunderte: Die Jülicher St. Antonii- und St. Sebastiani-Armbrust-Schützenbruderschaft“, Jülich, 2007. Zudem entsteht gerade unter der URL www.armbrustschützen-jülich.de eine Internetpräsenz.

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