„Beweg dich nicht so viel“, sagt Regisseur Bert Voiss. Nicht so viel bewegen? Beim Theater muss Bewegung eben gezielt eingesetzt werden. Das wissen auch die Mitglieder des
Jülicher Theatervereins Bühne‘ 80. Und so feilen die Schauspielbegeisterten bei den Proben zum neuen Stück „Mord ist kein Zufall“ Bewegungen immer wieder aus: Da werden Laufwege einstudiert, Körpersprache trainiert, Mimik geübt und der Tonfall variiert. Denn mit all dem will bei Theater natürlich auch bewegt werden, und zwar das Publikum.
Was alles von Nöten ist, um die Zuschauer bei der Premiere eines Stücks zu Begeisterung, Lachen, Freude oder auch Angst und Traurigkeit zu bewegen, das tüftelt die Gruppe schon seit über 30 Jahren aus. 1981 hat alles angefangen. Die beiden Gründungsmitglieder Anne Hoven und Jürgen Sommer spielten das erste Stück „Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht“ von Ephraim Kishon.
Das Projekt sollte keine Eintagsfliege bleiben. Bis zum heutigen Tag hat die Theatergruppe mit nur drei Ausnahmen in jedem Jahr ein Stück auf die Bühne gebracht, seit letztem Jahr sind nun auch szenische Lesungen Bestandteil des Programms.
Seit vielen Jahren sind die Aufführungen der Bühne’80 in der Stadthalle Jülich beheimatet. Zu den Anfangszeiten des Vereins wurde aber auch im „Lindenhof“ in Kirchberg gespielt. „Damals haben wir sonntags noch die Nacht durchgemacht, um montagmorgens gleich die Kritiken lesen zu können“, lacht Bert Voiss: Der Laienschauspieler bereichert seit 1981 die Bühne‘ 80 mit seinem Talent und ist in die-sem Jahr das erste Mal in die Rolle des Regisseurs geschlüpft, nachdem zuvor jahrelang Irmgard Wittke und später Christoph Fischer Regie geführt hatten. Auch heute erinnert Voiss sich noch an die einzig schlechte Kritik, über die er sich damals ein bisschen geärgert hatte. Bei dem Klassiker „Arsen und Spitzenhäubchen“, der auch mit Filmgröße Cary Grant verfilmt worden war, habe sich die Presse über einen Schauspieler wenig begeistert gezeigt.
Viele Anekdoten kann auch Vorsitzende Claudia Cormann-Wiersch zum Besten geben, die am längsten ohne Unterbrechung dabei ist. Trotz Kindern und beruflicher Verpflichtungen schaffte sie es immer, jede Produktion in verschiedensten Funktionen, ob als Schauspielerin oder hinter der Bühne, zu unterstützen. Bei „Durchreise“ von Curth Flatow wurde sich die Gruppe erst am Abend der Generalprobe bewusst, wie lang das Stück eigentlich ist. Zum ersten Mal spielten sie da alle Szenen hintereinander und in voller Länge, wohlgemerkt von 22 Uhr abends bis 4 Uhr morgens.
Unvergessen bleiben auch Pannen und Fehler, die nahezu bei jedem Projekt im Nachhinein für Erinnerungen der besonderen Art sorgen. So hatte sich Marianne Sery bei „Durchreise“ für die falsche Szene umgezogen und ging statt als Trümmerfrau in Abendrobe auf die Bühne.
Auch schon viel zu früh geplatzte Kunstblutkugeln und Textfehler gehören zu den gelegentlichen Pannen. Immer wieder für Verwirrung und spontanes Spielen sorgen insbesondere Textdreher. Da werden schon mal ganze Seiten übersprungen, zu denen man dann später wieder zurückfinden muss, natürlich möglichst ohne die Zuschauer zu irritieren.
Neulinge sind bei der Bühne‘ 80 natürlich immer willkommen. „Insgesamt sind wir wohl ungefähr 50 eingetragene Mitglieder“, schätzt Claudia Cormann-Wiersch. Viele Aktive sind für die Theatergruppe auch notwendig. Da sind sich alle einig. Es wirken zwar nicht immer alle bei einer Produktion mit, aber zahlreiche helfende Hände werden stets gebraucht.
Da gibt es die kreative Hilfe der Laien-Maskenbildnerinnen Doris van Balen und Sonia Stump. Ohne Bühnenbauer kein Bühnenbild – seit Jahren kämpft Matthias Scheidt an der Handwerkerfront und sorgt für die perfekte Bühnenausstattung. Auch Plakate, Flyer und Karten machen sich nicht von allein, ohne Evelyn Wirtz wäre wohl so manches Design ziemlich langweilig geworden. Es gibt noch viele andere Heinzelmännchen, die an dieser Stelle gar nicht alle genannt werden können. Aber was wäre eine Theatergruppe ohne ordentliche Souffleuse, Kostümbildnerin, Requisiteure, Kameramann, Fotograph und Veranstaltungstechniker? Damit Bewegung auf die Bühne kommt, braucht es natürlich auch Schauspieler, und nicht zu vergessen einen Regisseur, dem ohne Zweifel der größte Arbeitsbatzen zufällt und der ohne seine Regieassistenz vermutlich noch mehr in Arbeit versinken würde. Selbstverständlich wollen Schauspieler auch versorgt werden. Ohne fleißige Hände, die Brötchen schmieren, Kuchen backen und Getränke nachgießen, ginge bei Schauspielern und Co. nach langen Proben und Vorbereitungen schnell gar nichts mehr.
Das gilt auch für das neue Stück „Mord ist kein Zufall“ von Erich Koch. Von einem Mord ohne Leiche und anderen Zufällen, die keine sind…
Es könnte alles so schön sein. Seit langer Zeit ist die Pension von Regina Küster erstmals wieder komplett ausgebucht. Die Gäste sind eine bunt zusammengewürfelte Schar unterschiedlicher Charaktere: Luise von Bernstein (Marianne Sery) mit ihrer Nichte Eva-Marie (Sarah Plahm), das Ehepaar Viktor (Albert Junker) und Anita Fenchner (Petra Piel), Dr. Egon Müller sowie der ominöse Dr. Fritz Wermut (beide Dirk Tunger).
Bei der Bewältigung des ungewohnten Gäste-ansturms geht der Pensionswirtin ihr Sohn Max (Henning Achenbach), sonst Jurastudent in Heidelberg, zur Hand. Die reizvolle Eva-Marie wird dabei besonders intensiv von ihm betreut.
Informiert durch einen anoymen Anruf trifft Lotta Eichhorn (Nina Bäcker) von der Mordkommission in der Pension ein. Eine Leiche findet sich zunächst zwar nicht, dafür entdeckt die Kommissarin so einige andere interessante Dinge über die Gästeschar. Zufällig ist von denen nämlich keiner in der heruntergekommenen Pension gelandet. Jeder hat einen speziellen Grund, sich hier aufzuhalten.
Wird Lotta Eichhorn trotz ihrer plötzlichen Müdigkeit das Rätsel um fehlende und tatsächliche Leichen sowie die seltsamen Gäste, die in merkwürdiger Beziehung zueinander stehen, lösen können?
Sarah Plahm