Die Kassen der Stadt könnten besser gefüllt sein. Reich an Barem ist die Stadt nicht. Da sind sich alle Projektbeteiligten einig. Allerdings ist „die Stadt beziehungsweise sind die Bewohner in ihrer Region sehr reich an Ideen“, wie Bürgermeister Axel Fuchs jüngst erklärte. „Darunter fallen nicht nur Ideen, wie und wofür man Geld ausgeben kann, sondern auch wie Einnahmen generiert werden können. Leider sind diese Ideen oft nicht sofort umsetzbar, oder ihre finanziellen Auswirkungen erst in der Zukunft spürbar wie zum Beispiel der geplante Brainergy-
Park.“
Da der Jülicher von Natur aus etwas ungeduldige Charakterzüge aufweist, musste also etwas her, das sofort umsetzbar ist. Die Idee klingt so simpel wie genial: „Wer kein Geld hat, druckt es einfach selbst. Und wer mit der Zeit geht, macht das Drucken dann digital.“ Die Idee des JuelCoin war geboren!
Was so klingt wie ein schlechter Witz, ist in der Realität schon umgesetzt worden. Sowohl in der Vergangenheit zu Zeiten des Herzogs, als das Geldprägen ein königliches Privileg war und an die Lokalfürsten freigegeben wurde, wie auch in der Gegenwart, im digitalen Zeitalter. Der Begriff der „digitalen Währungen“ ist spätestens seit dem Bitcoin-Boom in aller Munde und das Thema selbst top aktuell.
Möglich wird die Umsetzung des JuelCoin durch die Verwendung eines dezentralen Buchungssystems sowie die kryptografisch legitimierten Zuordnung von Arbeits- oder Rechenaufwand, ähnlich dem Bitcoin.
Überweisungen werden hier von einem Zusammenschluss von Rechnern über das Internet mithilfe einer speziellen Peer-to-Peer-Anwendung abgewickelt, sodass anders als im herkömmlichen Bankverkehr keine zentrale Abwicklungsstelle benötigt wird. Dadurch unterliegt der JuelCoin keinen geographischen Beschränkungen außer der Verfügbarkeit einer Internetverbindung und könnte sogar länderübergreifend eingesetzt werden. „Dass dies zum Start noch keine Rolle spielen wird, ist allen Beteiligten klar. Aber das Potenzial sollte man auch nicht im Keim ersticken und sich alle Optionen offen halten.“ So ziert der grenz- übergreifende Schriftzug: „Jülich, Juelich, Juliers, Gulik, Juliacum“ jetzt schon vorderseitig die Gestaltung der Münze.
„JuelCoins können in einer persönlichen digitalen Brieftasche gespeichert werden. Mit Hilfe kryptographischer Techniken wird sichergestellt, dass Transaktionen mit JuelCoins nur vom jeweiligen Eigentümer vorgenommen und die Geldeinheiten nicht mehrfach ausgegeben werden können.“
Zum Empfangen und Überweisen von JuelCoins kann eine eigens entwickelte lokale JuelCoin-Software oder die Onlineplattform, erreichbar unter: www.juelcoin.de benutzt werden.
„Geldautomaten, an denen die Region Bargeld in JuelCoins tauschen könnte, sind noch Zukunftsmusik, mit Blick zur über den Schwanenteich Richtung Sparkasse aber in hörbarer Nähe.“ So können JuelCoins zur Zeit nur entweder bei der Onlinebörse oder eben durch Einzelpersonen oder Geschäfte getauscht werden. Die in der Regel beim Handel anfallende Tauschgebühr, die bei digitalen Währungen typischerweise bei rund 0,2–1 % des Betrags liegt, soll zum Start entfallen, um noch mehr Menschen für die neue Währung zu begeistern und den Einstieg so einfach wie möglich zu machen. Ein Umtausch aus und in andere Währungen ist hier bereits nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 (EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL) umsatzsteuerfrei.
Damit der JuelCoin frei, aber sicher bleibt, ist die Online-Tauschbörse bisher nicht reguliert und unterliegt nur Auflagen zur Erschwerung von Geldwäsche, zum Beispiel in Form von Auszahlungslimits. Ebenfalls wird zum Handeln mit größeren Beträgen ein Identitätsnachweis erforderlich. Dies geschieht im Internet bereits durch den neuen Personalausweis, ist aber auch vor Ort möglich.
Der Umrechnungskurs von JuelCoins in Euro kann jederzeit online eingesehen werden. Er wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. „Wichtig ist, dass es sich beim JuelCoin nicht um eine Art Notgeld handelt. Anders als beim Notgeld (siehe Abbildung), das zum Beispiel zur Zeit des ersten Weltkrieges im Jülich Land ausgegeben wurde und aus einer Mangelsituation und wegen fehlender gesetzlicher Zahlungsmittel entstanden ist, sind die Kassen der Stadt heute vergleichsweise sehr gut gefüllt.“ Eine Sicherung der Einlagen wird trotzdem nicht vorgeschrieben.
Eine Anbindung an eine Art Leitwährung, wie es noch zu herzöglichen Zeiten mit dem Rheinischen Taler der Fall war, gibt es nicht. Beim Rheinischen Taler wurde die Menge des in der Münze enthaltenen Edelmetalls definiert, wirklich und haptisch gab es diesen aber nicht. Er war quasi auch schon virtuell.
Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist die Einstufung des JuelCoins. In Deutschland ist eine digitale Währung wie der Bitcoin zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel, wird aber nach der Feststellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als eine Rechnungseinheit und somit Finanzinstrument im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) eingestuft.
Das wurde auch im August 2013 durch eine Anfrage des Abgeordneten Frank Schäffler an das Bundesfinanzministerium bestätigt. Damit ordnet die BaFin diese „Währungen“ als mit Devisen vergleichbare Werteinheiten ein. Dies bedeutet auch für den JuelCoin, dass Gewinne aus dem Verkauf ein privates Veräußerungsgeschäft sind und somit der Einkommensteuer unterliegen. Ebenso unterliegen abgewickelte Geschäfte den üblichen Steuerpflichten und sind somit nicht geeignet, der Umsatzbesteuerung zu entgehen. „Mit einem Bürgermeister und diplomierten Finanzwirt, der einen Teil seiner Berufslaufbahn bei der Steuerfahndung verbracht hat, sind erst recht keine bösen Tricks möglich.“
Beim Thema Bürgermeister und den vielen Parallelen zur Vergangenheit stellt sich natürlich die Frage, ob den JuelCoin das Konterfei des heutigen ersten Bürgers der Stadt ziert.
Dies kann von offizieller Seite klar verneint werden: „Neben der Pflicht des Währungssymbols (siehe Abbildung) sollte der JuelCoin einen klaren Bezug zur Region aufweisen und diese einen.“
Abgebildet ist in zentraler Position die Form der Festung Zitadelle. „Diese steht sowohl für die Region als auch für die Stabilität der Währung“, beschreibt es der Künstler. Ebenso soll die Ziffer „1“ sowohl für die Einheit „Ein JuelCoin“ stehen, als auch auf die Zahlreichen Spitzenpositionen von Forschung, Handwerks- und Wirtschaftsunternehmen, Sportlern und Vereinen, etc. hinweisen.
Kreisförmig umrandet wird diese von den Namen der 16 Jülicher Stadtbezirke: Altenburg, Barmen, Bourheim, Broich, Daubenrath, Güsten, Kirchberg, Koslar, Lich-Steinstraß, Mersch, Merzenhausen, Pattern, Selgersdorf, Stetternich, Welldorf und der Kernstadt Jülich selbst.
Auf die obligatorische Schreibweise „Welldorf (mit Serrest)“ musste hier aus Platzgründen verzichtet werden. „Zwar ist der Ort an sich in seiner Größe eher klein, das geschriebene Wort hätte aber den Rahmen der Münze gesprengt.“ Ob sich der kleine Ort dadurch als gallisches oder britisches Dorf versteht und der Währungsunion den Rücken zukehrt, bleibt abzuwarten.
Der HERZOG sieht viel Potenzial im JuelCoin und wird es seinerseits zukünftig möglich machen, die Rechnungen für die E-Paper-Ausgaben des Magazins ab 01.04.2018 schon in JuelCoin begleichen zu lassen.
Mehr Informationen bietet die JuelCoin-Gruppe im Netz unter www.juelcoin.de oder Sie folgen ihnen bei facebook.