Anfang September, die Sonne brennt vom Himmel, Jülichs Freibad platzt aus allen Nähten und in den Supermarktregalen stapeln sich
Spekulatius, Dominosteine und Zimtsterne. Während sich der gemeine Sonnenanbeter
allenfalls einen neuen Bikini respektive eine
Badehose oder ein Fläschchen Sonnenmilch gönnt, weiß der erfahrene Weihnachtseinkäufer spätestens jetzt, dass die größte Herausforderung des Jahres vor der Tür steht: der Geschenkemarathon durch die Geschäfte sämtlicher erreichbarer Innenstädte zwischen Aachen und Düsseldorf.
In Sachen Weihnachtseinkauf hat das weibliche Geschlecht übrigens deutlich die Nase vorn, sie gehen wesentlich früher im Jahr auf die Pirsch – das jedenfalls meint eine Studie der FOM Hochschule für Ökonomie und Management, die im vergangenen Jahr rund 46.000 Konsumenten ab einem Alter von 12 Jahren befragte. Wie sieht es denn in Jülich aus? Wer kauft denn mehr,
früher, spontaner? Und was kaufen die Jülicher eigentlich? Zu Weihnachten und auch sonst?
Ute Werner, Vorsitzende der Werbegemeinschaft, kennt sie alle: Die Planer, die schon im Herbst anfangen, die Geschenke für ihre Lieben einzukaufen und den Trubel in Straßen, auf Märkten und Geschäften lieber vermeiden. Aber natürlich gibt es auch die „Klassiker, die erst am Morgen des 24. Dezember losziehen“. Wer sich allerdings mit Sicherheit nicht erst kurz vor dem Fest in den Einkaufstrubel stürzt, ist die Spezies der Einzelhändler, Verkäuferinnen und Vertreter ähnlicher Berufe – diese haben nämlich schlicht keine Zeit dafür.
„Überlegen Sie doch mal“, meint Ute Werner, „wann macht der Jülicher Weihnachtsmarkt auf? Mitte November? Wenn da zum Beispiel die Damen und Herren vom Glühweinstand keinen Baum und keine Weihnachtsdekoration haben, dann gibt es auch nichts mehr.“ Klar, stimmt, wer sollte sonst das beliebte Heiß-getränk ausschenken. Schließlich herrscht vor allem rund um die Glühweinbuden der größte weihnachtsmarktliche Trubel. Aber nicht nur Glühwein braucht der Geschenkekäufer, sondern auch Schlipse, Socken oder vielleicht ein Kaffeeservice für Mutti. Oder? „Das Einkaufsverhalten hat sich schon geändert“, meint die Vorsitzende der Werbegemeinschaft und ist sich sicher, dass sonst „bestimmte Geschäfte eben nicht geschlossen worden wären.“ Also weniger Kristallgläser und Kaffeetassen, stattdessen landet, ja was genau eigentlich auf dem Gabentisch? Mit einem Anteil von 37% ganz weit vorne landet (laut einer Umfrage des Online-Statistik-Portals statista.de) der Geschenkeklassiker Buch, dicht gefolgt von Spielwaren, Bekleidung und Accessoires. Also doch Schlipse und Socken.
Egal ob frühweihnachtlicher Trubel oder hochsommerliche Ruhe in den Einkaufsstraßen herrscht, ein Trend scheint sich durchzusetzen: Zero waste, minimalistisch oder auch schlicht plastik-frei einkaufen heißt das Thema mit dem sich vor allem viele Internet-Blogger auseinandersetzen. Und das nicht erst, seit im Juli mehr als 240 Unternehmen in Deutschland eine Vereinbarung unterzeichnet haben, mit der sie sich verpflichten, die Tragetaschen gegen eine Gebühr abzugeben.
In den beiden Jülicher Drogeriemärkten etwa kosten die Tüten inzwischen einige Cent, die Buchhandlung Fischer schlägt ihren Kunden schon geraume Zeit vor, doch lieber eine Spende für Jülichs Brückenkopfzoo da zu lassen anstatt Geld für die Plastikbeutel auszugeben und auf dem Wochenmarkt haben viele Einkäufer ohnehin das eigene Körbchen, den handbemalten Baumwollbeutel dabei.
Apropos Wochenmarkt, hier herrscht der meiste Trubel eindeutig am Samstagvormittag in der warmen Jahreszeit. Ein freies Plätzchen irgendwo in einem der Cafés mit Außengastronomie rund um Marktplatz, Düsseldorfer und Kölnstraße? Fehlanzeige. Ähnlich schwierig sieht die Sache aus, wenn der gemeine Samstagseinkäufer seinen fahrbaren Untersatz irgendwo abstellen möchte. Jedenfalls immer dann, wenn dieser vier Räder hat und unmittelbar rund um den Schlossplatz abgestellt werden soll.
Dort wird aus Jubel, Trubel und des Einkäufers Heiterkeit schnell mal schlechte Laune – wenn nämlich die Nachbarn die Parklücken mit querstehenden Autos noch schmaler machen und sich der aufgestaute Ärger lautstark Luft macht. Fahrradfahrer kennen dieses Problem eher nicht. Doch auch sie müssen im samstäglichen Trubel auf dem Wochenmarkt die Augen offen halten – nicht umsonst mahnen die weißen Schilder rund um den Marktplatz „Wochenmarkt. Radfahrer bitte absteigen“. Aber da, wer sein Fahrrad liebt selbiges ohnehin lieber schiebt, sollte auch diese freundliche Aufforderung keine größere Schwierigkeit darstellen.
Und die Moral von der Geschicht‘? Wer es ein bisschen ruhiger möchte, der kauft die Geschenke zum Weihnachtsfest schon im Juli – nur nicht am Wochenmarktssamtag.
Und wer den Trubel, und vielleicht auch den Nervenkitzel rund um die Frage „Finde ich das passende Präsent für Oma Müller bis heute Mittag oder nicht?“, bevorzugt, der wartet bis zum 24. Dezember und stürzt sich in den Last-Minute-Trubel in Jülichs Straßen und Geschäften.
Immer schön mit Baumwolltasche oder Einkaufskorb ausgerüstet und mit dem Fahrrad oder per pedes unterwegs. Dann nämlich steht auch dem wohl verdienten Glühwein nichts mehr im Weg. In diesem Sinne wünscht der Herzog allen Lesern jetzt schon mal eine erfolgreiche Schnäppchen- oder Geschenkejagd oder auch einfach nur einen entspannten Einkaufsbummel ohne allzu viel Trubel.
Bikini, Schlips und Socken
Weihnachtseinkaufsmarathon 2016
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