Ein Tisch, ein Freundeskreis aus fünf Menschen, die sich von Kindesbeinen an kennen. Die Schwächen müssen nicht mehr ausgelotet werden, sie sind bekannt. Glaubt man wenigstens. Es sind eingespielte Rollen, die sich offenbaren: die überforderte Ehefrau und Mutter „Babu“, Taufname Elisabeth, der penible Ehemann Pierre, der sich in seiner akademischen Bildung suhlt, der Posaunist Claude, der steter Schlichter sein will und sich lieber nicht positioniert, sein bester Freund Vincent, der gleichzeitig der stets gut aufgelegte Bruder von Babu und damit Schwager von Pierre ist. Ein Tunichtgut mit ständigem Schalk im Nacken, der um keine Antwort verlegen ist. Gemeinsam warten sie auf die schwangere Anna, Ehefrau von Vincent. Und dann gehört ins Bild Mutter Francoise, die Neele Schiffers telefonisch darbot. Was in den Szenen nicht selbsterklärend ist, trägt der Sprecher aus dem „Off“ vor. Charmant gelöst von Regisseur Miro Schurmann: Sobald der Sprecher – an diesem Abend war es Jan Irrgang – mit dem Vortrag beginnt, „frieren“ die Akteure zu Standbildern ein.
Des Pudels Kern ist, wie der Titel des Theaterstücks bereits verrät: „Der Vorname“. Um ihn geht es – und eigentlich auch wieder nicht. Denn hinter der Diskussion um des Ungeborenen Namen geht es vor allem um eins: „Was ist es wert, sich zu streiten?“ Und um Beziehungen. Da tun sich Abgründe auf.
Es dauert etwas, bis das Ensemble ins lockere Gespräch kommt und zur Natürlichkeit der Begegnung des „Freundeskreises“ findet, um schließlich richtig in Fahrt zu kommen. Fühlt sich das Stück anfangs noch wie ein Theaterstück an, kommt es dem Publikum im Laufe des Abend mehr und mehr so vor, als würde es unfreiwilliger Zeuge oder Schlüssellochgucker bei Nachbarn. Sehr peinlich zuweilen oder besser zum Fremdschämen amüsant.
Pierre alias Merlin Heulen verkörpert herrlich exzentrisch die Rolle des intellektuellen Pedanten. So ruhig wie Claude tut ist er nicht. Eine Wandlung, die Patrick Nekipelov überzeugend gelingt. Die entnervte Mutter, die gleichzeitig enttäuschte Freundin und empörte Tochter sein musste, wurde lebensecht von Annika Laurentz in Szene gesetzt. Absoluter Hingucker ist Fynn Spölgen, der durch erstaunliche Bühnenpräsenz von der ersten Minute an einen „Vincent“ auf die Bühne stellt, der das Spiel von Mimik und Gestik gelungen beherrscht. Eine ebenbürtige Partnerin findet er in Julie Maaßen, der schwangeren Anna, die als Geschäftsfrau in großer Natürlichkeit ärgerlich, aber nicht zickig reagiert. Eine feine Gratwanderung der Gefühlswelt. Gewünscht hätte man dem „Sonntagsensemble“ mehr Publikum. Das Prädikat „sehenswert“ schlug sich im begeisterten Applaus des Publikums nieder.
Am zweiten Aufführungsabend spielten Tamás Török (Pierre), Malin Schwartz (Elisabeth), Jan Wirtz (Vincent), Ronja Mayhack (Anna), Aaron Selter (Claude), Tim Loevenich (Pizzabote), der Erzähler war Fabio Schäfer, Regie führte Malin Schwartz.
Wer die Aufführung noch nicht gesehen hat, hat am heutigen Mittwoch, 7. Juni, noch einmal um 19 Uhr die Chance, das Stück in der Aula des Gymnasiums Haus Overbach in Barmen zu sehen. Diesmal treten auf Khalil Al Khouri (Pierre), Mara Spix (Elisabeth), Leonard Extra (Vincent), Laura Stör (Anna), Pius Schäfer (Claude), Louisa Oligschleger (Francoise), Ole Göbbels (Pizzabote), als Erzähler Nils Sommer und alle unter der Regie von Noah Totolidis.
Karten gibt es an der Abendkasse zu 4 Euro, ermäßigt 3 Euro.