Dr. Anita Neumeyer und ihr Team sind geschafft: Nach Jahren der Arbeit auf der psychiatrischen Station muss man aufpassen, selbst nicht verrückt zu werden. Und der aktuelle illustre Patientenstab tut sein Bestes, um sie gehörig auf Trab zu halten – denn im Geheimen läuft schon die Vorbereitung für den großen Juwelenraub.
Der Witz ist pointiert, die Kostüme großartig und die Figuren herrlich komödiantisch überspitzt – das Ensemble „Theaterlust“ des Heimatvereins Lich-Steinstraß zeigte auf seiner Premiere eine fantastische Darbietung, die das Publikum hörbar begeisterte. Verdienter Zwischenapplaus und Lachen traf auf kurzes „Mitmach-Theater“: Patientin „Susi“ – in Szene gesetzt von Heike Emons – sich wiederholender Text „Nicht rund, aber…“ wurde kurzerhand von einem Zuschauer mit dem richtigen „Bunt!“ ergänzt. „Mitreißend“ wäre hierzu vermutlich das passende Attribut.
Sieht man „Theaterlust“ auf der Bühne, kann man fast vergessen, dass es sich nicht um eine professionelle Schauspieltruppe handelt – es ist Boulevardtheater im allerbesten Sinne und wie immer gewürzt mit einem Hauch Jülicher Lokalkolorit. Die besondere Herausforderung mit den Figuren der Carmen Sauer (Andrea Heinrichs), Claudia Finke (Heike Hilger) und Hannes Göllner (Markus Heinrichs) quasi zwei verschiedene Figuren im selben Stück zu spielen, wird bravourös gemeistert. Insgesamt wird durch ein Schauspiel geglänzt, das keine Angst vor (naher) Interaktion oder raumeinnehmenden Handlungen hat.
Die von ihrem Patienten zum Hund erklärte Ärztin Dr. Barbara Winkler (Rita Hamacher) und Krankenschwester Gabi (Sandra Mertens), die unter falscher Annahme den Kommissar (Julian Schmitz) in den Schwitzkasten nimmt, sind dafür nur zwei Beispiele. Vergessen sind die Menschen hinter den Rollen, denn selbige waren vollkommen verinnerlicht, und durch geschickte Regie von Heike Hilger wirkt die Bühne nie leer oder ein Schauplatz verschenkt: Figuren im Hintergrund bieten zusätzliches Zuschaupotential, das beinah keine Zeit lässt um das liebevoll gestaltete Bühnenbild mit Rorschachtests und Wochenplan zu betrachten, für das Andrea und Wilfried Heinrichs verantwortlich zeichnen. Für gutes Licht und Ton sorgte Mario Möres, für etwaige Texthänger saß Souffleur Hans Scheiba parat.
Kleinigkeiten im Spiel wie die Ticks im Gesicht von Frau Dr. Neumeyer (Petra Brandt), das verschüchtert-verliebte Strähnen hinters Ohr streichen von Katharina Göllner (Anna Geiger), die wortverdrehenden Spoonerismen des „Nasacova“-Juwelenhändlers Richard Dollinger (Hans Dieter Emunds) oder das Entdecken von Besonderheiten der deutschen Sprache mit Putzhilfe Aishe (Yasmin Hilger) und ihre Darstellungen machen die Figuren authentisch. Besonders hervorzuheben ist Markus Heinrichs in seiner Persiflage von Harald Glööckler, dessen Spiel etwas unerhört Selbstverständliches hat und der mit seiner Bühnenpräsenz absolut überzeugt.
Publikum und Team freuten sich merklich einander wiederzusehen. Das spiegelte sich auch darin wider, dass zusätzlich zu den eigentlichen musikalischen Einspielern das entsprechend platzierte „Am Anfang“ von den Wise Guys gespielt wurde („Ja, wir sind wieder da!“), ehe Joachim Witts „Goldener Reiter“ die wunderbar kurzweilige Vorstellung einläutete.
Noch vier Mal führt Theaterlust „Irres Diamanten Roulette“ auf. Die Sonntage sind ausverkauft, für die Freitags- und Samstagsaufführung sind noch Einzelkarten zu haben. Wie Hans Dieter Emunds betonte, tut man mit dem Besuch der Theaterstücke des Ensembles auch noch ein „gutes Werk“: Vor Beginn der Premiere wurde ein Scheck des Heimatvereins über 100 Euro für den Martinszug an Ortsvorsteher Michael Breuer übergeben.
Fotos: Dorothée Schenk