Junge Menschen hinter dem Steuer gelten nach wie vor als Risikogruppe, auch wenn die Zahl der im Straßenverkehr tödlich verunglückten Personen zwischen 18 und 24 Jahren rückläufig ist.
Vielleicht liegt es auch daran, dass es seit 2011 im Kreis Düren deswegen ein Unfallpräventionsprojekt der anderen Art, der ungeschminkten Wahrheit könnte man sagen, gibt, das den Ansporn, schnell mal eine Nachricht am Steuer zu beantworten, vergehen lässt. „Crash Kurs NRW. Realität erfahren. Echt hart“ heißt die Initiative, die ganze Schulaulen verstummen lässt. Der Kurs richtet sich an junge Menschen, die gerade ihren Führerschein gemacht haben oder gerade anfangen, selbstständig am Straßenverkehr teilzunehmen.
Die Aufklärungsarbeit beginnt stets gleich: Mit einem Einstimmungsfilm, der Unfallfahrzeuge zeigt. Dabei handelt es sich um Material, das durch Polizei des Kreises Düren nach dem Crash entstanden ist, also um Bilder echter Unfälle. Unfälle, bei denen Menschen ums Leben gekommen sind.
Dann treten Referenten vor die Schüler, die sich ihr Leben lang mit diesen Unglücken auseinandersetzen (müssen): Feuerwehrleute, Rettungskräfte, Polizisten – und Angehörige tödlich verunglückter Personen.
Dabei sprechen die Referenten darüber, wie es ihnen selbst mit den Unfällen geht und beschreiben mit Fotografien unterlegt das Szenario nach dem Unfall. Bei den Bildern wird übrigens darauf geachtet, dass es sich um Totalaufnahmen, also Bilder, die die komplette Unfallstelle zeigen, handelt und keine Details wie die Gesichter der Toten zu erkennen sind.
„Ich erkläre, was ich nach dem Unfall mache, und wie es mir dabei geht“, sagte Maximilian Jankowski, der Rettungssanitäter bei den Johannitern in Düren ist, und weiter: „Ich sage dann immer: Die Emotion durchdringt unsere Jacke.“ Damit meint er seine Uniform, die normalerweise Wind und Wetter abhält. Meistens seien es ganz kleine Stellschrauben, die zur Ursache des Unfalls werden. Manchmal sei es nur ein Blick nach hinten.
Die Erfahrung, die man mit „Crash Kurs“ gemacht hat: Die Leute denken um. Oft kämen die Schüler die Situation noch nicht so ganz ernst nehmend für die Vorträge in die Aula. Nach kurzer Zeit könne man aber fast eine Stecknadel fallen hören. Dabei rüttele der Kurs so sehr auf, dass ein geringer Prozentsatz die Veranstaltung teils weinend verlasse, so Claudia Nöthen, ihres Zeichens Polizeihauptkommissarin, die bei der Polizei des Kreises Düren bei der Verkehrsunfallprävention arbeitet. Das Ziel: Die jungen Fahrer sollen vor allem eines tun: Risiken nicht unterschätzen und bewusst am Straßenverkehr teilnehmen.
„Man denkt immer, dass es nur den anderen passiert. Aber es passiert. Oft Fahranfängern. Wir wollen ein Verantwortungsgefühl vermitteln“, beschrieb Melanie Arenz, Polizeihauptkommissarin der Kreispolizeibehörde Düren im Sachgebiet Öffentlichkeitsarbeit.
Albert Dreyling ist Seelsorger bei den Maltesern. Auch er gehört zu den Referenten. Er hält am Ende seines Vortrages ein Grablicht in die Höhe. „Damit ich nie für Euch ein solches Licht anzünden muss“, sagt er dann.
Das Projekt wird in Kooperation mit Schulen durchgeführt. Diese wenden sich, sobald ein Kurs gewünscht wird, an die Kreispolizeibehörde Düren. Genauer an Claudia Nöthen. Sie ist unter der Mail [email protected] oder unter 02421 / 949 5312 für die Schulen zu erreichen. Pro Jahr gibt es um die acht Kurse. In Jülich haben in der Vergangenheit bereits alle weiterführenden Schulen das Angebot der Kreispolizeibehörde in Anspruch genommen.
Die Referenten teilen ihre Erfahrungen ehrenamtlich. Um die Aufklärungsarbeit zu honorieren, überreichte der Innenminister des Landes NRW, Herbert Reul, vergangenen Monat Maximilian Jankowski und Albert Dreyling eine Urkunde. Dafür, dass sie jahrelang Fahranfänger auf die Gefahren während des Führens von Fahrzeugen aufmerksam machen.