Filminhalten wird oftmals eine Schwarz-Weiß-Malerei vorgehalten. Die Guten sind gut, die Bösen böse, dazwischen herrscht ein Vakuum. Die Abstufungen im Graubereich fehlen. Es lebe der Kontrast. Gerne werden Klischees bedient, besonders in Filmen, die in der Nazi-Zeit spielen. Nazis sind oft stereotyp dumm dargestellt. Aber wir wissen ja, die Intelligenten sind viel gefährlicher. Die Gemeinen sind zu 100% böse, schnauzen alle an, trampeln mit ihren Stiefeln herum und Schlimmeres. Was ist mit den Wölfen im Schafspelz?
Schöne Frauen sind lieb, hilflos und „plont“. Klatsch, die erste Ohrfeige, verstehe, ich gelobe Besserung. Aber Ihr wisst, was ich in etwa sagen will, oder? Bei den Western … Ich brauche gar nicht weiterschreiben. Das ist sozusagen ein Genre wie gemacht für die Schwarz-Weiß-Malerei. Interessant sind doch gerade die gebrochenen Persönlichkeiten in denen Gutes, Graues und Böses vereint ist. Zu Erleben, wie sie selbst mit sich ringen, eine gewisse Balance in sich und zu anderen suchend. Das ist spannend. Filme, in denen Persönlichkeiten eine Entwicklung erfahren sind oft sehenswert. Ich finde interessant, zu verstehen und nachzuvollziehen, was im Laufe der Entwicklung in einer Person und mit ihr in der Vergangenheit passiert ist, und was aktuell in ihr vorgeht und worin der Anteil des Bösen seine Ursache hat. Vielleicht kann man ja so vom Kleinen auf das große Ganze dieser Welt schließen. Im Kino sind die Charaktere interessant, die sich während des Film wandeln, eine Entwicklung vollziehen, sich verändern und dazulernen.
Formal war Schwarz-Weiß im 1895 von den Gebrüdern Lumière erfundenen Kino schlicht ein technisches Limit, so groß der Wunsch nach „Faaaarbe“ auch war. In den Jahren, in denen die ganze Welt den technischen Fortschritt bejubelte, wurden aus Stummfilmen „Talkies“ und der Wunsch nach Farbe war so groß, dass man sich und anderen die Sklavenarbeit antat, jedes einzelne Filmbild mit dem Pinsel unter der Lupe zu kolorieren. Der Wettlauf um den Tonfilm und der Kampf um die Farbe im Film wäre übrigens jeweils ein Krimi für sich. Von Jean-Luc Godard stammt der berühmte Satz: „Film ist 24-mal Wahrheit pro Sekunde. “ Rainer Werner Fassbinder hat ihn später umgekehrt zu: „Film, das ist 25-mal in der Sekunde Lüge. “ Und Michael Haneke machte daraus: „Film ist 24-mal Lüge pro Sekunde, aber vielleicht im Dienste der Wahrheit.“ Einem S-W-Film Farbe einzuhauchen, sozusagen „hinterherzulügen“ ist extrem mühsam. Im Dienste von Restaurationen wird das heute aber immer noch gemacht, allerdings mit Hilfe der digitalen Technik.
Ein berühmtes Beispiel für einen S-W-Film mit von Hand kolorierten Szenen, ist der französische Historienfilm Napoleon von Abel Gance aus dem Jahr 1927, der den Aufstieg Napoléon Bonapartes von seiner Ausbildung an der Kadettenschule bis zum Italienfeldzug zum Inhalt hat. Mit Hilfe von verschieden ausgewählten Farbtönen, wurde Stimmung und Atmosphäre erzeugt, wobei in diesem Fall jeweils immer nur eine einzige Farbe für das gesamte Bild gewählt wurde. Dringend gesucht wurde ein Verfahren, in dem schon bei der Aufnahme ein farbiger Film zustande kommt. Ein 1902 gezeigter Kurzfilm gilt als der erste „echte“ also nicht kolorierte Farbfilm der Welt. Der Streifen zeigt die Kinder des Tüftlers Turner, einen scharlachroten Vogel, den Strand des Seebads Brighton, marschierende Soldaten im Hydepark und den Verkehr auf der Londoner Knightsbridge. Die Filmrolle verschwand im Staub der Geschichte und ging 2009 als Sensationsfund durch die Medien der ganzen Welt. Die Filmgeschichte musste umgeschrieben werden.
Das zugrunde liegende Patent über das „dreifarbige additive Filmverfahren“ war schlüssig, aber letztendlich unbrauchbar. Auf Grund schwer wiegender technischer Schwierigkeiten, die besonders bei schnellen Bewegungen ihre Wirkung zeigten, kam es nicht zum Durchbruch. Oft war nur ein Durcheinander von Falschfarben zu sehen und die drei überlagerten Bilder in den Grundfarben zitterten sehr stark. Die Geburt des Farbfilms war nicht leicht. Eine englischsprachige Wikipedia-Seite (list of color film systems) enthält eine Aufzählung von 86 verschiedene Farbverfahren. Kinema-, Ufa-, Opti-, Agfa-, Eastman- und Techni-Color in fünf Varianten zählen zu den bekanntesten Stationen einer Entwicklung im Ringen, um ein praktikables Dreifarben-Verfahren.
In diesem Dreischichten-Farbfilm ergeben die drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau zusammen den Farbton der gefilmten Objekte. Weil man es nicht wirklich schaffte, natürlich wirkende Farben darzustellen, versuchte man die Flucht nach vorn und machte gar Werbung für diese knallbunt schreienden Farbtöne. Dafür eigneten sich vor allem Historienfilme, Abenteuerfilme oder auch Trickfilme, wie die Disney Klassiker. Für das Intervall 1930 bis 1939 listet Wikipedia 188 Farbfilme. Diese Seite existiert nur in den Sprachen Englisch, Bangla und Chinesisch. Frühe Farbfilm-Beispiele sind: Ein Dutzend Mickey Mouse Filme, Die Abenteuer des Tom Sawyer (1938); Die Abenteuer des Robin Hood von Michael Curtiz und William Keighley auch aus dem Jahre 1938 mit Errol Flynn und Olivia de Havilland in den Hauptrollen oder der Revuefilm King of Jazz aus dem Jahr 1930 als finanzieller Misserfolg oder das Filmmusical mit Fantasy-Elementen aus dem Jahr 1939 Der Zauberer von Oz mit Judy Garland als das Mädchen Dorothy in der Hauptrolle. Der Film wurde als einer der großen bunten amerikanischen Farbfilme in Dreistreifen-Technicolor berühmt und ist Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO. In Deutschland entstanden bis Kriegsende 1945 insgesamt 13 abendfüllende Farbfilme, darunter: Immensee (1943), Münchhausen (1943), Große Freiheit Nr. 7 (1944), Opfergang (1944) und Kolberg (1945). Selbst über Jülich gibt es ein Vorkriegs-Stadtporträt in Farbe, aufgenommen von dem Zahnarzt Dr. Raoul Beyss. Der nächste Vorführtermin ist am Di, dem 15. November um 20:00 Uhr im Kuba-Kino.
1967 war Willy Brandt als Außenminister „am Drücker“. „He pushed the red buttom“, wie es im wahrsten Sinne des Wortes treffend bei James Bond heißen würde und zack, „alles so schön bunt hier“, wie es Nina Hagen in ihrem 15 Jahre später veröffentlichten Album besingt. Das Farbfernsehen in Deutschland war eingeführt, auch wenn zunächst nur etwa 35.000 Haushalte die bunten Bilder empfangen konnten. Wir sagen Glotze, das klingt so stupide wie es ist. Die Amis sagen idiot lantern. Na, ja, ganz so schwarz-weiß möchte ich über das Fernsehen gar nicht urteilen. Es liegt ganz in meiner Verantwortung, wie, wann und wo ich mich bediene. Aber nicht nur Nina Hagen ist überfordert, wenn sie singt: „Ich glotz TV“. Es ist eben nicht nur alles so schön bunt hier, sondern die Quantität erschlägt die Qualität . „Ich kann mich gar nicht entscheiden!“ überschlägt sich ihre Stimme.
Reduktion ist das Zauberwort. Das gilt auch für die Farbe. Weniger ist mehr. Reduktion auf Schwarz-Weiß. Eine neue alte Ästhetik erhält ihren Raum zurück. Die Filme der Schwarzen Serie sind nur deshalb so besonders ausdrucksstark, weil … Richtig. Emigrierte Regisseure aus dem deutschsprachigen Raum drückten dem Hollywood-Kino der 1940er-Jahre ihren Stempel auf und zwar aus Überzeugung in Schwarz-Weiß. Die sogenannte „Schwarze Serie“, auch „Film Noir“ genannt, wurde wesentlich von deutschsprachigen Regisseuren geprägt. Ihre Filme knüpften mit harten Schatten und schrägen Kameraperspektiven an den expressionistischen Stummfilm der 1920er-Jahre und die Neue Sachlichkeit an. Hier wurde ein düsteres Bild der von Weltkrieg und Krise erschütterten amerikanischen Gegenwart gezeichnet. Die Sujets dieser Filme, denen meist amerikanische Kriminalgeschichten zugrunde liegen, sind Verbrechen, Verrat, Gier, Grausamkeit und Angst. In dunklen Straßen und trostlosen Räumen einer anonymen nächtlichen Großstadt agieren vermeintlich normale Bürger, die in schmutzige Verbrechen verwickelt sind.
Zu den wichtigsten Regisseuren dieser Serie zählen mit den jeweiligen Original-Filmtiteln: Robert Siodmak mit The Spiral Staircase (1945), Phantom Lady (1944), The Killers (1946) und Criss Cross (1948) sowie Fritz Lang mit Ministry of Fear (1944) und Scarlet Street (1945). Aber auch Billy Wilder mit Double Indemnity (1944), John Brahm mit The Locket (1946), Edgar Ulmer mit The Strange Woman (1946) und Max Ophüls mit Caught (1949). Der wohl wichtigste US-Krimiautor dieser Zeit war Dashiell Hammett. Er und Raymond Chandler gelten als die Begründer des amerikanischen Kriminalromans (hardboiled novel). Er arbeitete als Detektiv und sein eigenes Leben war ein Krimi. Wim Wenders war von ihm fasziniert und drehte 1982 den Film Hammett nach dem gleichnamigen Roman von Joe Gores, der eine fiktive Episode aus Hammetts Leben beschreibt. Das sollte eine Hommage an den Film Noir werden. Gedreht wurde in den USA. Dies entpuppte sich als eine extreme Herausforderung, besser gesagt, als Zerreißprobe. Wenders wollte selbstverständlich unbedingt in Schwarz-Weiß drehen, aber Produzent Francis Ford Coppola bestand auf Faaarbe. Eeekelig! Er hatte Wim Wenders aufgrund des kommerziellen Erfolgs seines Films Der amerikanische Freund nach Hollywood geholt. Auf sein Drängen hin änderte Wenders fortwährend das Drehbuch und musste rund 80 Prozent des Films mehrmals drehen.
Die Erfahrungen aus dieser Zusammenarbeit verarbeitete Wim Wenders in seinem ganz bewusst in Schwarz-Weiß gedrehten Film: Der Stand der Dinge (ebenfalls 1982). So wie in der künstlerischen Fotografie die Schwarz-Weiß-Bilder auch in Zukunft nicht wegzudenken sind, so schaffen es auch immer mal wieder bemerkenswerte Schwarz-Weiß-Filme ins Kino, zuweilen gegen den Widerstand der Produzenten. Die Filmtrilogie Heimat (1981-2012) von Edgar Reitz erzählt als eines der größten deutschen Filmprojekte von beeindruckenden Schicksalen, vornehmlich in Schwarz-Weiß. In Cannes wurde 2009 der S-W-Film Das weiße Band mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Der S-W-Film Das Turiner Pferd (2010) hat mich zutiefst beeindruckt und lässt mich bis heute nicht los, auch wenn bei der Vorführung beim Berlinale-Wettbewerb etliche Zuschauer den Saal schon vor Ablauf der 146 Filmminuten verlassen haben. Alles was man sieht, besteht im Wesentlichen aus karger Landschaft, einem abgehalfterten Pferd samt Wagen und einem halbseitig gelähmten Mann, der mit seiner Tochter in einer ärmlichen Hütte e i n e Kartoffel isst. Tja, bei einer Umfrage der BBC zu den 100 bedeutendsten Filmen des 21. Jahrhunderts belegte er 2016 den 63. Platz.
Welch hohe Ehre das bedeutet, zeigt ein Blick in die Proktionszahlen. Laut Statista wurden allein 2016 und allein in der EU und dem Vereinigten Königreich 1741 Kinofilme produziert. Total umgehauen hat mich auch der Dokumentarfilm in Schwarz-Weiß Das Salz der Erde (2014) über das Leben und Werk des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado in der Ko-Regie seines Sohnes Juliano Ribeiro Salgado und Wim Wenders. Erholsam, weil weniger tiefschürfend ist das sehr unterhaltsame Filmvergnügen The Artist (2011), das gleich zwei No-Nos bedient: 1. ist er in Schwarz-Weiß gedreht und dann 2. auch noch im Format 4:3. Die Tragikomödie erzählt mit Bildern und Zwischentiteln, fast gänzlich ohne gesprochenen Text, die gegenläufige Erfolgsgeschichte zweier Leinwand-Stars in Hollywood während der Übergangsphase vom Stumm- zum Tonfilm. Der von der internationalen Fachkritik als brillante Hommage an das alte Hollywood und als Liebeserklärung an das Filmemachen überhaupt gefeierte Spielfilm gewann mehr als 30 internationale Filmpreise, darunter 2012 fünf Oscars. Filmhund Uggie (2002 -2015) wurde mit diesem Film zur Berühmtheit mit eigener Wikipedia-Seite. Hoch lebe der Schwarz-Weiß-Film