Das im Volksglauben, besonders in Märchen und Sage auftretende weibliche dämonische Wesen, meist in Gestalt einer hässlichen, buckligen alten Frau mit langer, krummer Nase, die mit ihren Zauberkräften den Menschen Schaden zufügt und oft mit dem Teufel im Bunde steht.
Der Begriff Hexe stammt wahrscheinlich aus dem Althochdeutschen und leitet sich aus dem Wort „hagzissa“ mit dem Urstamm aus den norwegischen Worten „hag“ für „Hecke oder „Wald“ sowie „tysja“ -„Elfe“ her. Der Begriff bezeichnet eigentlich „ein sich auf Zäunen oder in Hecken aufhaltendes dämonisches Wesen“ aus der Zwischenwelt. Der Glaube an Hexen ist uralt: Angeblich sind sie mit dem Teufel verbündet und können mit ihrer Zauberkraft Schaden anrichten. Ab dem 15. Jahrhundert begannen regelrechte Hetzjagden auf vermeintliche Hexen. Zehntausende von Menschen – vor allem Frauen – starben dabei auf dem Scheiterhaufen.
Der Hexenverfolgungsspuk fand erst im späten 18. Jahrhundert zumindest sein offizielles Ende.
Aber kaum zu glauben, noch zu Beginn des Jahres 1944, mithin noch vor gerade einmal 80 Jahren entging eine vermeintliche Hexe in Schottland zwar dem Scheiterhaufen, sie wurde hingegen wegen angeblicher Hexerei rechtskräftig zu Zuchthaus verurteilt. Helen Duncan hatte sich nämlich wegen ihrer allgemeinen Neigung zur Geisterseherei verdächtig gemacht, und dies in einem damaligen gesellschaftlichen Klima in Großbritannien, das durch Spiritismus und magisches Denken durchaus durchwirkt war.
So erkannte gar die Royal Navy die spiritistische Bewegung in dem Inselkönigreich als offizielle religiöse Praxis an. Und tatsächlich entsprach dies der starken Verbreitung von Seancen in der britischen Gesellschaft und ihrem Drang, Kontakt zu verstorbenen Menschen aufzunehmen. Die Todesapokalypse des 1. Weltkrieges und die recht lockeren konfessionellen Bindungen der Briten beflügelten diese esoterischen Sonderwege noch zusätzlich.
Selbst Arthur Conan Doyle, der weltbekannte Schriftsteller, Mediziner und Schöpfer der Romanfigur des genialen Detektivs Sherlock Holmes bediente sich für dessen einzigartigen Spürsinn bei der Tätersuche irrationaler, ja teilweise wahnhafter und geisterseherischer Mechanismen im Wirkungskreis seiner Hauptfigur.
Nichts anderes als auf ähnlichen Wegen zu wandeln tat Helen Duncan.
Sie verkaufte ihre spiritistischen Dienstleitungen an einfache Leute, so auch an Soldaten der britischen Marine und ihre Angehörigen. Dies unternahm sie auch, um ihre Familie bestehend aus acht Kindern und einem kriegsversehrten Mann angesichts der damals tiefen Armut der Bevölkerung über Wasser zu halten. Für die britische Justiz blieb sie und ihr erfolgreiches spiritistisches Dienstleistungsunternehmen trotz eines Betrugsprozesses im Jahre 1933 zunächst recht uninteressant.
Diese relativ große Freiheit der Helen Duncan fand dann aber in der Folge der Zerstörung des britischen Schlachtschiffes HMS Barham am 25. November 1941 durch deutsche Torpedos ausgehend vom U-Boot U 331, bei dem 862 Seeleute getötet wurden, ihr jähes Ende.
Die Auswirkungen dieses grausamen Schiffsunglücks waren dem deutschen U-Boot-Kommandanten aufgrund seiner Flucht vor anderen britischen Kriegsschiffen verborgen geblieben, was der britische Geheimdienst auch gesichert in Erfahrung bringen konnte.
So beschloss die britische Regierung, diese verheerende Nachricht zunächst ebenso geheim zu halten, um den Eindruck der britischen Flottenstärke im Mittelmeer nicht zu gefährden. Und nunmehr geriet Helen Duncan und ihr vermeintlich staatszersetzendes Wirken ins Visier des britischen Inlandgeheimdienstes. Denn die schottische Spiritistin beschwor während einer Seance den Geist eines getöteten Seemanns der gesunkenen HMS Barham, obwohl sie ihn aufgrund der strengen Geheimhaltung hätte gar nicht kennen dürfen.
Aufgrund ihrer aus Sicht des Geheimdienstes spiritistisch erworbenen Geheiminformationen stellte sie damit neben anderen magischen Zirkeln auch eine Gefahr für weitere militärische Operationen wie insbesondere die für 1944 geplante Landungsoperation in der Normandie dar.
Im Januar 1944 wurde Helen Duncan während einer Seance festgenommen und zunächst unter dem Vorwand der Anwendung des sogenannten Vagrancy Acts aus dem Jahr 1824 angeklagt. Dieses Gesetz verfolgte Missetaten in Form von Landstreicherei, Prostitution und eben auch unerlaubte spiritistische Dienstleistungen.
Sehr schnell erkannte die Anklagebehörde aber, dass sie auf diesem Wege eine Bestrafung wegen unzulässiger spiritistischer Betätigung wegen erheblicher Beweisschwierigkeiten nur schwerlich erzielen konnte. Daher berief sie sich die Anklage mir nicht dir nichts auf ein noch viel älteres Strafgesetz, nämlich auf den als letztes Hexenjagdgesetz geltenden Witchcraft Act aus dem Jahre 1736.
Dieser Act erfasste den Schutzbereich der inneren Sicherheit und Ordnung und sollte Bedrohungen derselbigen durch magische Tätigkeiten, so auch durch hochverräterische Verschwörung durch Hexen und Hexern mit dem Satan sanktionieren. Jede Art von erfolgsorientierter Hexerei, Zauberei, Verzauberung und Beschwörung waren unter Freiheitstrafe oder gar ursprünglich auch unter Pranger gestellt.
Mitten im 2. Weltkrieg kam es dann dazu, dass Helen Duncan auf Grundlage des damals nahezu 300 Jahre alten Witchcraft Acts in London vor dem Old Bailey zu 10 Monaten Haft verurteilt wurde.
In der britischen Öffentlichkeit ist der damalige Prozess gegen Helen Duncan immer noch unvergessen, zumal die mögliche Involvierung des britischen Geheimdienstes bis heute Rätsel aufgibt und die damalige Anwendung des Witchcraft Acts schlechthin und insbesondere 300 Jahre nach seinem Inkrafttreten als mittlerweile völlig abwegig betrachtet wird. Trotz mehrerer Versuche ist gleichwohl bis heute keine Rehabilitation der Helen Duncan gelungen.
Also kaum zu glauben: Noch vor gerade einmal 80 Jahren und wurde mit Helen Duncan mutmaßlich die letzte so bezeichnete Hexe strafrechtlich verfolgt und verurteilt.