„Was darf ich Dir anbieten? Bier, Wein, Zigarette oder vielleicht einen Joint?“ Kann ein deutscher Gastgeber mit dieser Einladung seinem Gast künftig ohne jegliches schlechte Gewissen flüssige und qualmende Rauschmittel einschließlich Haschisch und Marihuana offerieren? Das Bundeskabinett hat am 16. August 2023 den Entwurf zum Cannabisgesetz („Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis – CanG) beschlossen, so dass nunmehr der Bundestag darüber zu debattieren und beschließen hat.
Bravo, Herr Lauterbach!
Oder eher: 6! Setzen, Herr Lauterbach!
Kann unser Gesundheitsminister als Initiator dieser Cannabis-Legalisierung als Oberhüter des Jugendschutzes in die bundesdeutsche Geschichte eingehen oder hat er mit der nun eingeläuteten Massenberauschung der deutschen Jugend völlig den Verstand verloren?
Dazu zunächst einige Eckpunkte zum wesentlichen Inhalt des beabsichtigten Cannabisgesetzes:
- Erwachsenen ist der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht gewerbliche Eigenanbau zum Eigenkonsum der Mitglieder in Anbauvereinigungen bzw. Genossenschaften (sog. Cannabis Social Clubs) mit behördlicher Genehmigung erlaubt.
- Die Anbauvereinigungen dürfen max. 500 ausschließlich erwachsene Mitglieder haben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
An ihre Mitglieder dürfen max. 25 Gramm Cannabis pro Tag und 50 Gramm pro Monat weitergegeben werden.
- Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis ist künftig straffrei.
- Es gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für den Konsumcannabis und Anbauvereinigungen.
- Einhaltung von strengen Mengen-, Qualitäts- sowie Kinder– und Jugendschutzvorgaben erforderlich, gesichert durch behördliche Kontrolle.
- Begrenzung der Weitergabe an heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren auf 30 Gramm pro Monat mit der Begrenzung des zulässigen THC-Gehalts auf 10 Prozent.
- Weitergabe von Konsumcannabis in kontrollierter Qualität und nur in Reinform, d.h. Marihuana und Haschisch.
- Stärkung der Prävention, Information und Beratung durch Präventionsbeauftragte und Suchtberatungsstellen.
„Das Cannabisgesetz markiert einen Wendepunkt einer leider gescheiterten Cannabisdrogenpolitik“, lobt Lauterbach sein Lieblingsgesetz.
„Pfui! Irrweg! Gefährlich und naiv! Frontaler Angriff auf den Kinder- und Jugendschutz! Der Drogenkonsum gerät völlig außer Kontrolle“, wettert die CDU/CSU-Opposition.
Auch Kinder- und Jugendärzte und die Polizei-Gewerkschaft laufen Sturm gegen dieses „den Kinder- und Jugendschutz erodierende Gesetz“.
Bravo! Was stimmt denn nun?
Pro und Contra-Argumente gibt es zuhauf.Um sich diesen zu widmen, sollte man auch wissen, über welche Droge wir überhaupt diskutieren. Cannabis ist der Name einer indischen Hanfpflanze, die den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. Dieser Wirkstoff bewirkt einen Rauschzustand.
Es gibt die Cannabis-Varianten Marihuana und Haschisch.
Als Marihuana (Gras) bezeichnet man die getrockneten Blütenblätter, Stängel und Blätter der Hanfpflanze.
Unter Haschisch (Dope, Shit, Piece) versteht man das getrocknete Harz aus den Drüsenhaaren der weiblichen Hanfpflanze.
Cannabis wird meist mit Tabak vermischt und als Joint geraucht.
Diese Droge ist die weltweit am meisten konsumierte.
Allein im Jahr 2019 wurden die Cannabis-Konsumenten seitens der WHO auf 256 Millionen geschätzt.
Cannabis gilt zudem als die klassische Einstiegsdroge auf dem tragischen Weg zu härteren Drogen wie Heroin etc.
Die Diskussion zu Pro oder Contra zur Legalisierung Cannabis läuft heiß.
Wo verlaufen die Bruchlinien zwischen individueller Freiheit und öffentlicher Vorsorge?
Wird der Cannabiskonsum durch die neue Konsumfreiheit eingedämmt oder öffnen wir die Schleusen zu einem Drogentsunami?
Steigt die Hemmschwelle zum Drogenkonsum mit seiner Legalisierung bei gleichzeitiger verstärkter Aufklärung oder sinkt sie wegen der allgemeinen Verfügbarkeit von Cannabis und damit Bagatellisierung der Suchtgefahren?
Werden die Konsumenten mit der Cannabis-Legalisierung von härteren Drogen abgehalten oder vermehrt über die Einstiegsdroge Cannabis hin zu den härteren Drogen wie Heroin verführt?
Führt die Cannabis-Legalisierung zum Konsum sauberer Drogen oder erhöht sie die Gesundheitsgefahren insbesondere für Jugendliche exponentiell?
Ist die Cannabis-Legalisierung nichts anderes als ähnlich wie der Alkoholkonsum ein realistisches Abbild der gesellschaftlichen Suchtgewohnheiten oder eine Bankrotterklärung staatlicher Drogenprävention?
Dämmt die Cannabis-Legalisierung den Schwarzmarkt ein oder führt sie zum totalen Kontrollverlust im Bereich der Drogengeschäfte und zur Kapitulation vor der Drogenmafia?
Dient die Cannabis-Legalisierung der Steigerung des Gesundheitsschutzes oder führt sie abertausende vor allem junge Menschen ins Verderben rauschbedingter Psychosen und sonstiger massiver Gesundheitsschäden?
Entlastet die Abschaffung der Cannabis-Prohibition Strafverfolgungsbehörden und Gerichte oder manifestiert sie den fatalen Rückzug aus staatlicher Daseinsverantwortung?
und, und, und…
Na, bravo! Was denn nun? Pro oder contra?
Eins ist gewiss: Drogenpolitik ist komplex und vielschichtig.
Unterschiedliche Ideologien und Moralvorstellungen wabern seit jeher in allen drogenpolitischen Diskussionen.
Der Verfasser dieser Kolumne positioniert sich hingegen nach wie vor klar und deutlich gegen die Cannabis-Legalisierung.
In Übereinstimmung mit den Einschätzungen der Polizeigewerkschaft, des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und des Deutschen Richterbunds erwartet uns mit dem beabsichtigten Cannabis-Gesetz ein Bürokratiemonster, da viele Regelungen mangels Personal nicht umsetzbar sind und Zuständigkeiten nicht klar geregelt sind.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Dirk Peglow bringt es auf den Punkt:
„Wir können alles erwarten, aber nicht, dass der Schwarzmarkt
plötzlich dazu übergeht, Schafe zu züchten und andere Business-
Cases aufzumachen.“
Die Gesundheitsgefahren durch Cannabiskonsum vor allem für heranwachsende Jugendliche sind massiv, worauf Kinder- und Jugendärzte ausdrücklich verweisen.
Die Gehirnreifung ist nach gesicherten Erkenntnissen erst mit 25 Jahren abgeschlossen, so dass die berauschend psychoaktive Wirkung des THC in Cannabis zu irreparablen Gehirnschäden führen kann.
Die Hemmschwelle gegenüber dem Cannabiskonsum wird aber insbesondere bei Jugendlichen ähnlich wie beim Alkoholkonsum durch seine Legalisierung und damit Verharmlosung sowie Enttabuisierung noch viel stärker als bereits heute herabgesetzt.
Selbst die SPD-Gesundheitssenatorin in Berlin Ina Czyborra gibt zu bedenken, dass der Konsum von Cannabis gesundheitsschädlich ist und ein Suchtgefährdungspotential in sich birgt.
Und wir sollten uns überdies nur in Ländern wie den USA, Kanada und Portugal umschauen. Dort ist der Cannabiskonsum nach seiner Legalisierung im Schnitt um ca. 30 Prozent gestiegen und hat er ca. 25 Prozent mehr psychische Krankheiten hervorgerufen.
Auch ist dort der Suchtberatungsbedarf exponentiell angestiegen.
Dieser Bedarf kann in Deutschland angesichts der viel zu geringen Personalausstattung der Beratungsstellen bereits jetzt nicht gestemmt werden.
Ohne an dieser Stelle noch mehr in die Tiefe der ablehnenden Haltung des Autors dieser Kolumne gegenüber der Cannabis-Legalisierung zwecks Aufrechterhaltung des Umfangs einer Kolumne gehen zu können, bleibt dem Autor jeder Bravo-Ruf hinsichtlich des Cannabisgesetzes im Halse stecken und kommt er zum nicht nur humorig gemeinten Ergebnis:
Buh, Herr Lauterbach! 6! Setzen!
Kiffen erlaubt? Lieber nicht!
Das ist der Standpunkt des Kolumnenautors.
Aber der Diskurs im Herzog über das Für und Wider im Zusammenhang mit dem Cannabisgesetz kann online gerne weitergeführt werden und ist hiermit eröffnet.