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Von blühenden Bläsern

Hat man nach jahrelanger Bühnenerfahrung noch Herzklopfen vor dem Auftritt? Der HERZOG hat bei Martin Schädlich nachgefragt.

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Martin Schädlich lebt die Musik. Foto: Helmut Hanner
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Schon als Jugendlicher, damals Mitglied im „Jungen Chor“ der Overbacher Singschule, stand Martin Schädlich auf der Bühne. Er hat Musik studiert und bereits mit vielen Ensembles Konzerte gegeben. Seit Februar dieses Jahres steht er beim Collegium Musicum in allererster Reihe und hält den Taktstock fest in der Hand. „Die Töne ein bisschen kürzer, lasst sie nicht so nach vorne fallen!“ lautet die Anweisung ans vielköpfige Orchester. Souverän leitet der Dirigent Streicherinnen und Bläser, unterbricht hier und formuliert dort seine Wünsche ans „Collegium“: „Blühende Bläser voller Schönheit“, möchte er hören. Ist man bei so viel musikalischer Erfahrung und Bühnen-Routine überhaupt noch nervös, spürt man das Herzklopfen vor dem Auftritt?

HERZOG: „Sind Sie nervös, haben Sie Lampenfieber und Herzklopfen vor dem Auftritt?“

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Martin Schädlich muss erst einmal herzlich lachen, bevor er diese Frage beantwortet: „Ich bin vor jeder Probe nervös. Einfach weil ich immer sehr gespannt bin, wie die Musiker so ‘drauf sind‘, wie sie klingen, ob sie schon richtig ‘anwesend sind‘. Also ja, ich bin vor jeder Probe und auch vor jedem Konzert nervös. Sobald es anfängt zu klingen, legt sich das schon schnell. Ich empfinde das aber auch generell eher als eine positive Anspannung, weil es einfach zeigt, dass es einem wichtig ist, was man tut. Für mich ist es, wenn man das so sagen kann, eine angenehme Nervosität.“

HERZOG: Seit wann sind Sie Dirigent?
Martin Schädlich: „Da war ich, ich glaube 16. Ich habe damals im Jungen Chor gesungen, den Martin te Laak geleitet hat und er hat gefragt, wer gerne mal ein Stück dirigieren möchte. Ich wollte das gerne mal ausprobieren. Ab 2004 war ich stellvertretender Dirigent im Musikkorps Hambach (heute Bläservielharmonie Hambach, Anm. d. Red.). Und von 2004 bis 2006 habe ich die berufsbegleitende Ausbildung zum Blasorchesterdirigenten an der Landesmusikakademie NRW absolviert und als Jahrgangsbester abgeschlossen (lächelt).“

HERZOG: „Was waren Ihre weiteren Stationen als Dirigent?“
Martin Schädlich: „Ab 2005 habe ich dann die Brass Band Düren, später auch „Brass für
Spaß“ und das Birkesdorfer Blasorchester dirigiert, 2008 habe ich die NRW weite Auswahlbrassband YBB NRW ins Leben gerufen und dieses Orchester zum Beispiel bei Konzerten in der Kölner Philharmonie, der Duisburger Mercatorhalle und bei einer Konzertreise nach China dirigiert.

HERZOG: „Was muss man als Dirigent besonders gut können?“
Martin Schädlich: „Tatsächlich finde ich, ein Dirigent muss sehr viele Eigenschaften vereinen. Dazu zählt natürlich ein sehr genaues Ohr, was hören kann, wo die Fehler liegen, was muss verändert werden, damit es schöner klingt. Ich finde es sehr wichtig, dass ein Dirigent eine eigene Vorstellung davon hat, wie ein Stück klingen soll, damit er die Musiker dann dahin führen kann. Außerdem muss ein Dirigent ein sehr fleißiger akribischer Mensch sein, er muss die ganze Partitur lesen, vorbereiten und einfach gut kennen, damit er die Musiker auch wirklich gut anleiten kann.
Man sollte aber auch ein guter Pädagoge sein, denke ich. Die Musikerinnen und Musiker sollen sich wohlfühlen, ich finde es wichtig, dass alle mitgenommen werden.“

HERZOG: „Das Collegium Musicum umfasst sehr junge Musiker bis hin zu über 80-jährigen, wie schwierig ist es, alle Bedürfnisse zu berücksichtigen.“
Martin Schädlich: „Das ist das, was ich sehr spannend finde. Es ist die Liebe zur Musik und zu ihrem eigenen Instrument, die hier alle Menschen vereint. Da findet man unabhängig vom Alter immer einen gemeinsamen Nenner.“

HERZOG: „Muss man als Dirigent ein Instrument spielen können?“
Martin Schädlich: „Nein, das ist nicht zwingend so, aber ich finde es immer gut, weil man dann eher nachvollziehen kann, wie Musiker denken. Ich spiele selber auch immer gerne im Orchester, zum Beispiel als Aushilfe beim Sinfonieorchester Aachen oder beim Beethoven-Orchester in Bonn, um auch immer wieder die Position des Musikers selbst zu erleben.

HERZOG: „Welches Instrument spielen Sie?“
Martin Schädlich: „Trompete. Ich habe Trompete studiert, zuerst klassisch, dann aber auch noch Jazz- und später noch Barock-Trompete. Die Entstehung der Trompeten-Literatur hat mich sehr fasziniert und ich wollte mich mit dieser historischen Interpretationspraxis auseinandersetzen.“

HERZOG: „Was spielen Sie mit dem Collegium Musicum in erster Linie?“
Martin Schädlich: „Das Repertoire des Collegium Musicum ist relativ breit gefächert. Wir spielen gerade von Beethoven die „Eroica“ als größtes Werk, dann spielen wir noch Mendelsohn-Bartoldys „Sommenachtstraum“. Mit dem Posaunensolo von Gröndahl gehen wir etwas in die Moderne. Wir haben uns viel vorgenommen, aber es wächst und es wächst vor allem gut zusammen, das ist sehr schön zu erleben. Ich bin hier auf jeden Fall gut angekommen. “

HERZOG: „Haben Sie einen Lieblingskomponisten?
Martin Schädlich: „Als Dirigent nicht, als Blechbläser liebe ich Mahler sehr. Ich bin auch sehr beeindruckt von Johann Sebastian Bach, was für einen Puls seine Musik immer wieder hat. Und Beethoven natürlich. Er ist einfach ein Schöpfer ganz großer Stimmungen. Jeder Komponist hat seine ganz eigenen bewundernswerten Gaben (lacht).“

Traditionell spielt das Collegium Musicum zwei große Jahreskonzerte, einmal wird ein bekannter Solist dazu eingeladen – eine Tradition, die Martin Schädlich gerne weiterführt, wie er abschließend erzählt. Das nächste Konzert wird am 28. Juni im PZ des Gymnasiums Zitadelle stattfinden.
Martin Schädlich dirigiert nicht nur das Collegium Musicum, auch sein Arbeitsalltag gehört voll und ganz der Musik. Musiker im Hauptberuf ist Schädlich, der vor allem als Solo-Trompeter unterwegs ist: „Ich spiele bei Hochzeiten, bei Geburtstagen als Solist, auch in der Kirche.“ Dem Jülicher Publikum dürfte er zudem als Mitglied der Juliacum Brassers bekannt sein, mit denen er beispielsweise kurz vor Weihnachten in der Sales-kirche aufs Fest einstimmte. Genre-übergreifend ist der Musiker jetzt gerade noch auf ganz anderen Wegen unterwegs und spielt die Trompeten-Soli für die RTL-Tanzshow „Let’s dance“ ein.

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Britta Sylvester
Klönschnacktee mit der Muttermilch aufgesogen und inzwischen beim rheinische Kölsch angekommen. Übt sich in der schreibenden Zunft seit Studententagen zwischen Tagespresse und Fachpublikationen und… wichtig: ließ das JüLicht mit leuchten.

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