Virginia Lisken-Dorp hatte sich die Formation „Baroque in Blue“ mit ihrem Jon Lord Tribute Project eingeladen. Zwischen klassisch angehauchten Instrumentalstücken, bei denen Karen Fälker-Herkenhöhner an der Querflöte und Ehemann Hans Peter Herkenhöhner an den Tasten für besondere Stimmung sorgten bis druckvollem Rock mit dem stimmlich immer wieder herausragenden Michael Drop und der Flankierung durch Wendel Biskup am Bass, Holger Sträßer an der Gitarre und Uli Poth am Schlagwerk bewegte sich das Set. Zwischen den Songs gab Michael Drop immer wieder Wissenswertes rund um den 2012 verstorbenen Jon Lord zum Besten, seine Kompositionen bis zu Deep Purple-Klassiker, die natürlich auch „aufgelegt“ wurden. „Wie kaum ein anderer wusste Jon Lord, zwischen den Stilen zu wandern“, erzählte Dorp und formulierte das, was die Tribute-Band „als Verbeugung vor dem vielseitigen musikalischen Schaffen des Musikers verstehen“. Das Publikum im vollbesetzten Kulturbahnhof spendeten frenetischen Applaus.
Nach fast 200 Konzerten, bei denen über 130 Formationen auf die Bühne im Kulturbahnhof und Bonhoeffer-Haus gestellt wurden, ist jetzt Schluss. Anne Haigis stand auf der Bühne und Merlin Knaps von Cupful Swill tat hier seine ersten musikalischen Schritte. Achtmal rockten Thin Crow den NoiseLess-Saal, sechsmal sorgte Tobi BausA für Stimmung (vorzugsweise zu Weihnachten) und sind damit Spitzenreiter, dazu kamen weitere Formationen, die gern gesehen Gäste auf der Bühne waren. Virginia Lisken-Dorp stellt sich neuen beruflichen Herausforderungen, die Zeit binden und keine Zeit mehr für das aufwändige Ehrenamt NoiseLess lassen. Bewegte Zeiten hat die Musikreihe hinter sich, die 22 Jahre lang eine feste Größe in der Herzogstadt war.
Am Anfang stand eine Idee: Wie können Auftritt möglich sein im Kulturbahnhof – zur Erinnerung: die Anwohner des KuBa hatten zunächst einen „stillen Kulturbetrieb“ durchgesetzt. So kam es zum Konzept „NoiseLess“ – die Reihe, die vor allem durch ihre Unplugged-Idee Charme hatte. Erdacht hat den Titel Arne Schenk, der 2009 das Organisationsteam verließ.
Immer wieder ersannen die Organisatoren neue Modelle: Das Nachwuchs-NoiseLess, das zweimal vonstatten ging, NoiseLess zum Frühstück zur Bonhoeffer-Haus-Zeit von 2008 bis 2015, es wurde Frauen eine Stimme gegeben bei der Female Singers Night und coronabedingt entstanden die Biergartenkonzerte. Ein fester Bestandteil war auch stets der soziale Aspekt: Für die Benefizkonzerte fanden sich stets mühelos Musiker zusammen – ob es zugunsten des erkrankten Musiker-Kollegen „Stritt“ war, für Alleinerziehende oder auch für Menschen auf der Flucht und deren Rettung im Mittelmeer. Es wurden Pampers-Pakete ermöglicht und Weihnachtsgeschenke für die Jugendwohngruppe in Mersch.
Ein besonderer Höhepunkt war viele Jahre das Weihnachts-NoiseLess, das anfangs am 26. Dezember stattfand und auch lokale Punk- und Metal-Bands in der Gestaltung ihrer Sets vor Herausforderungen stellte: Denn es galt ja: NoiseLess… also mit möglichst wenig Lärm … die Musik an die Ohren zu bringen. Gerade die umarrangierten Stücke waren es, die die Gäste begeisterten.
In all den Jahren wurde es neben dem Singer-Songer-Programm aber eben auch schon mal rockiger und lauter. Und so verabschiedet sich das NoiseLess im übertragenen Sinne mit einem Paukenschlag. „Ich habe in den vergangenen Jahren gemerkt, ich bin doch eigentlich mehr eine Rockerin“, sagte Virginia Lisken-Dorp bei der Verabschiedung und kündigte an, sich dann doch nicht ganz aus dem Konzert-Organisations-Geschehen zurück zu ziehen. Im kommenden Jahr wird sie „Mad Zeppelin“ und „Thin Crow“ noch mal präsentieren. Und selbstverständlich dankte „Miss NoiseLess“ auch all jenen, die über 22 Jahre die Reihe maßgeblich mit unterstützt und begleitet haben, an die Verantwortlichen der Spielorte – Evangelische Kirche und Kulturbahnhof. Sie gedachte aber auch Musikern, die in dieser Zeit gestorben sind wie Stefan Strittmatter, Michael Clemens, Michael Höger und Sven Dorau.
„NoiseLess hat mir viel Glück gebracht – zum Beispiel einen neuen Ehemann,“ sagt sie lachend und der nutzte dann die Gelegenheit, um seiner Ehefrau das Mikro zu entwenden und den Dank der „Mannschaft“ zu überbringen. Michael Drop sagte: „Du bist NoiseLess, Du hast uns viele schöne Moment ermöglicht“. Dafür gab es nicht nur eine „dicke“ Karte, sondern auch einen Blumenstrauß.
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Fotos: Volker Goebels