Start Stadtteile Jülich Klimawandel musikalisch

Klimawandel musikalisch

Ein junger Vater aus Jülich sorgt sich um die Welt, in der seine Kinder und zukünftige Generationen leben werden. Daher geht er einen ungewöhnlichen Weg: Mit einem selbstproduzierten Song zu Klimathemen möchte Tobias Tesch auf die kritische Lage des Planeten aufmerksam machen. Sein Song „Kipppunkt“ ist seit Sonntag auf Youtube, Spotify und anderen gängigen Plattformen zu finden.

60
0
TEILEN
Fotorechte: Tobias Tesch
- Anzeige -

In dem Song beschreibt der 29-Jährige Tobias Tesch Kipppunkte im Klimasystem und deren ernstzunehmende Folgen. Kipppunkte sind kritische Schwellenwerte. Werden diese überschritten, verändern sich Teile des Erdsystems drastisch und unumkehrbar. Eine häufige Metapher zur Erklärung von Kipppunkten ist die einer Kaffeetasse, die über eine Tischkante geschoben wird: erst passiert nichts, dann fällt sie plötzlich und zerbricht. Beispiele, die Tesch in seinem Song erwähnt sind das Abtauen von Polareis und Permafrost, das Versiegen des Golfstroms, und das Absterben des Amazonas und anderer Wälder. Grund dafür ist in allen Fällen die Erderwärmung. Besonders eindrücklich beschreibt Tesch die Folgen der überschrittenen Kipppunkte, beispielsweise extreme Trockenheit, den steigenden Meeresspiegel und Hungersnöte. „Das ist umso dramatischer, als dass regelrechte Kipppunkt-Kaskaden denkbar sind, bei denen das Überschreiten eines Kipppunkts den nächsten auslöst, der dann wiederum den nächsten auslöst und so fort“, warnt Tesch. Als „schrecklich unbequem“ bezeichnet er das in seinem Song – durchaus mit etwas Galgenhumor.

Der studierte Mathematiker beschäftigte sich in seiner Doktorarbeit am Forschungszentrum Jülich mit Klimasimulationen und kam dabei auch mit der Kipppunkt-Problematik in Kontakt. „Wissenschaftler formulieren ihre Ergebnisse oft sehr vorsichtig, scheinbar vage. Im wissenschaftlichen Diskurs ergibt das Sinn, aber so ist es für die Allgemeinheit oft schwer verständlich und Bedeutung und Relevanz der Forschungsergebnisse kommen nicht im Bewusstsein der Menschen an“, sagt er. Ein Vortrag inspirierte ihn dazu, Klimathemen emotionaler und eingängiger zu kommunizieren – und das setzte Tesch direkt in die Tat um.

- Anzeige -

In langen Spaziergängen mit seinen schlafenden Töchtern in Babytrage oder Kinderwagen entstand der Text des Songs. Für die musikalische Untermalung war dann Einarbeitung nötig. „Ich hatte noch nie einen Song aufgenommen und keine Ahnung von Musikproduktion“, gibt Tesch zu. Er gewann zwei Freunde für die Sache, nahm Gesang auf, überlegte sich Melodie und Begleitinstrumente.

Viele Stunden Arbeit, aber immer mit dem Ziel im Kopf. „Ich möchte vor allem Menschen erreichen, die sich durch andere Klimabeiträge, Klimademos oder -streiks nicht angesprochen fühlen. Zusätzlich zu dem Song habe ich mir daher eine Social-Media-Challenge überlegt, um noch mehr Aufmerksamkeit für die Sache zu gewinnen“, sagt Tesch. Er startete die sogenannte Kipppunkt-Challenge. Um diese zu finden, sucht man am besten auf Youtube oder anderen sozialen Medien nach seinem Profil @tobiaskippt. In einem Video der Challenge ist zu sehen, wie Tesch auf einem Stuhl nach hinten kippt – wie die Erde. „Natürlich gesichert durch ein Kissen oder eine Matratze“, schmunzelt der junge Mann. Jetzt wünscht er sich viele Nachahmer und Klicks. Die Verbreitung des Songs sei die größte Herausforderung, Reichweite zu bekommen extrem schwierig. In den ersten Stunden nach der Veröffentlichung wurde der Song bereits mehrere hundertmal aufgerufen. „Da ist noch Luft nach oben“, so Tesch.

Für seine beiden kleinen Töchter wünscht er sich eine sichere Zukunft. Zum Klimawandel begegne ihm aber oft eine Einstellung von „Da kann man eh nichts machen“ oder „Wir haben gerade andere, dringendere Probleme“. Das sei frustrierend. „Natürlich gibt es zahlreiche andere, wichtige Themen in der Welt. Aber meiner Meinung nach ist der Klimawandel die größte Herausforderung für die Menschheit. Wenn wir ihn nicht erfolgreich bekämpfen, stehen wir in Zukunft vor noch viel größeren Problemen. Aber gemeinsam können wir es schaffen.“ Gerade im Hinblick auf die Bundestagswahl im Februar sei ihm das wichtig. So endet der Song auch mit einem direkten Appell: „Reduziert die Emissionen, wir dürfen uns nicht schonen. Lasst uns unser Bestes geben, jedes Grad rettet bald Leben.“


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here