Zu letzteren gehören sicherlich DreaMachine, eine Art Wiederauferstehung der legendären „Bliss“ im Zweierformat. Deren Frontmann Tobias Birx erlaubt sich, auch in dieser Formation der Mischung aus introvertiertem Cobain-Grunge mit 60ies-Harmonien und exaltiertem Punk-Rock bis hin zu schwebenden 70ies-Sounds zu verbinden. Von „Hello“ über „Teneriffa“ bis „DZ41“: Irgendwie zeitlose Mucke, aber immer sehr eigenwillig und konsequent in der Marschrichtung, moderne Strömungen zu umgehen, es sei denn, sie ließen sich in das Konzept einbauen. Mit Drummer Mario Tranziska serviert er die Songs punktgenau, ohne dass ein Basser vermisst würde.
Genau das Gegenteil zum minimalistischen Plan der Traumaschinisten bewegen sich die Dürener Mantikor in Richtung Stadion-Rock. Zuweilen die Grenzen zum Schlager überschreitend und nicht immer perfekt in der Umsetzung ist ihr Plan doch eindeutig erkennbar, deutsche Texte im breiten Heavy-Metal-Hard-Rock-Gewand zu zelebrieren, und zwar so, dass sie Massentauglichkeit erhalten. Und das nicht uncharmant, ließen Sänger-Gitarrist Daniel Quast, Gitarrist Rainer Immes, Bassist Benjamin Deckstein und Drummer Kim Reumann doch ihre Songs wie „Das Glück ist eine Hure“, „In den Himmel“ oder „Das Leben“ doch durchaus in den Charts wiederfinden. Auch in Sachen Choreo zeigen sich die Mantiks schon sehr versiert, allen voran Bass-Mann „Coverstone“, der sich auch von den Bühnenbrettern keine Grenze aufzwingen ließ und sich immer wieder in die Niederungen des Publikums vorstieß.
Die Geheimtipp-Ecke verlassen gerade die einheimischen Eckpfeiler. Im sprichwörtliche Hohn auf ihren Betonkopf-Unbeweglichkeits-Namen zappeln die Musiker wie ein Dampfkessel unter Druck mit ständig explosiven Ausrastern kreuz und quer über die Bühne, sind kaum im Zaum zu halten und versprengen ihre deutschsprachigen Hardcore-Gassenhauer mit den phantasievollen Titeln wie „Dein Tribunal“, „Weiße Teufel“, „Medusalem“ oder „Typen in Stereo“. Kein Wunder, handelt es sich bei dem Quartett doch um ein Konsortium der Jülicher Punk-Rock-Elite mit Daniel Grasmeier (Gesang und Gitarre), Klaus Schweizer (Gitarre und Gesang), Jan-Felix Klein (Bass und Gesang) sowie Daniel Besselmann (Drums). Genau die richtige Mixtur, nach der sich das hiesige Publikum sehnt und wie von einem Magneten angezogen zur Bühne strebt. Mit Sicherheit die erste Rakete des Abends.
Kometengleich werden höchstwahrscheinlich auch „Wildfire“ baldmöglichst in die Sphären des Rockhimmels aufsteigen. In Sachen Harmonien und Voicings kommen sie Modern Pop und Contemporary R&B am nächsten, verleihen allerdings dem melodischen Überbau von „Buena Onda“, „Big Lies“ und „Closed Doors“ gleichzeitig die nötige erdige Old-School-Tiefe, verbinden die Arpeggios und Rock-Akkorde von Jonas Kurths E-Gitarre mit der räumlichen Tiefe der akustischen Gitarre von Fabian Kuhn, unterstützt von der hippen Klangbreite des Keyboarders Michel Bielitzer und der sehr variablen Schlagzeugarbeit inklusive Latin-Rhythmus-Verschiebungen von Eric Pingen. Die Bühne ist nicht genug: Fabian Kuhn füllte den Raum zwischen Drum-Stage und Zuschauerfront, forderte das Publikum zum Mitsingen genau so wie Drummer Pingen zum Percussion-Wettstreit auf. Der Preisgewinn? Jede Menge Spaß!
Und zum Schluss kamen die Könige. Ihrem Vornamen zum Trotz haben sie sich mittlerweile raus aus den Dörfern zu (Mit-)Herrschern der Herzogstadt entwickelt – zumindest in popkultureller Hinsicht. Nun ging die Rock‘n‘Roll-Post endgültig ab. Stilsicher im Fahrwasser zwischen Hendrix, Heavy-Blues und Modern Alternative dampfen sie sich mit „Pair of Dice“ und „My Generation“ von jetzt auf gleich mitten in die Herzen ihrer Zuhörer. Dabei verfügt der Rexer mit Anton Fatjanov und Julian Heck gleich über zwei hervorragende stimmliche Bluesrock-Röhren, die sie ziel- wie stilsicher abwechselnd oder zusammen einzusetzen wissen. Instrumental sind sie ohnehin eine Macht. Zu dritt erzeugen Julian an den Drums, Anton an der Gitarre im Verbund mit Ivo Althaus am Bass einen derartigen Druck, dass dazwischen kaum ein zusätzliches Akkördchen passt. Und dennoch gelingt es ihnen, mit Jonas Pauli einen zusätzliche gitarristische Stimme zu integrieren, ohne dass der tonale Feuersturm zur Supernova-Overkill mutiert. Dazu besitzt Fatjanov ganz offenbar den zuverlässigen Instinkt, sich soweit zurückzunehmen und zu integrieren, dass der eigentliche Song immer noch bestens funktioniert. Der Rest ist Show. Die SuRs gehen völlig in ihrer Musik auf und aus sich heraus, wirbeln durch die Arena, verbreitern sie um den Zuschauerraum, wo Bassist Ivo genüsslich mit dem Publikum spielt. Amtlich abgerockt, abgesegnet und mit TÜV-Stempel versehen: Total Überwältigende Veranstaltung.
Fotos: Volker Goebels und Arne Schenk