„Piano ist das Instrument, das ich beherrsche, ohne dass ich darüber nachdenken muss“, erzählt Uli Sailor. Er könne sich daransetzen und einfach losspielen. Das ginge auch nur, weil er es als Kind gelernt habe. „Ich kann mir ein Leben ohne Klavierspielen eigentlich gar nicht vorstellen.“ Er habe es halt einfach so im Blut. Schon beim Unterricht an der Jülicher Musikschule wollte er nie Klassik oder Jazz spielen, sondern immer nur Rockmusik. Mit seinem Projekt „Punkrock Piano“ lässt er am Freitag, 23. September, um 20 Uhr den Jülicher Kulturbahnhof krachen.
Auch wenn er häufig hört: Piano und Punk, das passe irgendwie garnicht zusammen. Aber wenn er beispielsweise auf Rock’n’Roll schaue, empfinde er nicht, dass Klavier als Instrument völlig genrefremd sei. „Es ist relativ ungewöhnlich, aber so, wo ich es jetzt verbunden habe, fühlt es sich total an, als hätte es immer schon zusammengehört.“ Für ihn fühle es sich jetzt organisch an, gerade auch mit seiner Vergangenheit und den Bands, mit denen er zusammengespielt habe.
Podcast: Arne Schenk im Gespräch mit Uli Sailor
Ein Schlüsselerlebnis sei gewesen, dass er sich bewusst wurde, als Sänger nicht unbedingt auf eine Band angewiesen zu sein. Bis dahin hatte er das Musikmachen immer im Bandkontext gedacht, sei es als Frontmann der Jülicher Punkrock-Legenden D-Sailors und der Berlin-Hamburger Indiecombo Tusq oder als Multi-Instrumentalist bei den Deutschpunkern Terrorgruppe. Bereits vor Corona, als seine Bands sich aufgelöst hatten, habe er sich überlegt, wie er allein seiner Leidenschaft nachgehen könne.
Aus Quatsch habe er dann gesagt: „Muss ich halt mal ein Klavieralbum machen.“ Allerdings ohne zu wissen, wie es klingen oder welche Songs er interpretieren sollte. Covern nur um des Spielens willen hatte er indes nicht vor. Die Stücke sollten schon eine besondere Beziehung zu ihm haben. So habe er bewusst Songs von Bands ausgewählt, mit denen er aufgewachsen war. Dies habe sich letztlich als stimmiges Konzept herausgestellt.
Dadurch, dass sie nun ein einem anderen Soundgewand daher, das grundverschieden zum Original ist, mache Uli sie sich auch zu seinen eigenen. „Und es fühlt sich tatsächlich auch schon irgendwie ein bisschen an wie mein Song.“ Als er bei seinem ersten Konzert dem Publikum etwas von sich selbst zeigte: „Hey, das sind die Songs meiner Jugend, die bedeuten mir was, und für die brenne ich“, da erhielt er den Eindruck, dass er damit auf reichlich Gegenliebe stieß. So bewies sich das Konzept als tragfähig.
Das Klavier erhält bei ihm die Rolle ähnlich einer Rhythmusgitarre. So erzeugt er die Power, die er benötigt. Dies liegt ihm mehr, als das Instrument zur Begleitung von Balladen einzusetzen, wie es oft zu hören ist. Die Arrangements versucht er inklusive Melodien und Soli möglichst beizubehalten. Er habe dabei gemerkt, wie vertraut er mit den Original-Arrangements ist. „Das jetzt so ein bisschen auszuarbeiten für mein eigenes Punkrock-Piano-Ding, da geht was. Ich glaub’, das haben noch nicht so viele gemacht, und das macht total Spaß.“
Gerade nach der Corona-Zeit, bei der viele Menschen eher ihren Blick zurückgeworfen hätten, wodurch im Übrigen auch sein Punkrock-Piano-Projekt entstanden ist, habe er das Gefühl: „Wir müssen halt wieder zusammengekommen, wir müssen uns wieder sehen, und es muss halt irgendwie etwas Echtes im Raum passieren.“ Deshalb freue er sich auf den Abend, wenn er an seinem Linoleum-Piano sitzt und ein paar Songs spielt. „Ich hoffe, ich kann halt alle noch mal ein bisschen zusammenbringen und vielleicht noch einmal vom dem Spirit, den es früher gab, da wieder erwecken.“
Die EP „Punkrock Piano“ von Uli Sailor mit fünf Songs der Richtung Melodic Hardcore ist erhältlich über die üblichen Internet-Portale, gerne auch über Bandcamp.com, ein Independent-Netzwerk, wo das Geld direkt beim Künstler landet. Diverse Videos sind auf youtube zu sehen. Eine zweite EP mit Deutsch-Punk Stücken ist in Vorbereitung.