Bei Cryssis ist er etatmäßig für die vier tiefen Saiten zuständig, bekam aber derzeit den Job des Gitarren-Side-Kicks von Dick York. Und diesen füllte er mehr als überzeugend aus. An die Bassisten-Position rückte UFO Walter, ebenfalls ein mit allen musikalischen Wassern gewaschener Instrumentalist mit Referenzen aus einem breiten Bereich zwischen der NDW-Kapelle „Nichts“, den Jazz-Rock-Pionieren „Embryo“, der Blues-Soul-Röhre Marla Glen und Jimi-Hendrix-Begleitern und Epigonen.
Doch die eigentlichen Stars des Abends waren die wunderbaren Songs, eine Pub-Punk-Rock‘n‘Roll-Hymne nach der anderen: von dem peitschenden „Fighting in Brighton“ über das poppige „Time of our Lives“ und das new-wavige „If I have to live forever“ bis zur brandaktuellen Single „Argentina“. Lauthals singend feierte das Publikum ihre Helden. Großartig dabei auch Violinistin Laura Knapp, seit 2018 Mitglied der Band, die intonationssicher dem Sound eine zusätzliche emotionale Tiefe verleiht.
Dabei mussten alle Beteiligten allerdings gegen parallel antretende Konkurrenz aus Bierbörse auf dem Schlossplatz und Jazz-Mucke im Kulturbahnhof und einer daraus resultierenden bemerkbaren Leere im Zelt des Stadtgartens ankämpfen. Trotzdem mochte BKP-Chef vom Dienst Uwe Mock die kurzfristige Anfrage der Musiker keine Abfuhr erteilen, weswegen er trotz allem von Dick York dankend erwähnt wurde. Dennoch schaffte es die Feiernden wie ein zigfaches die auf ihrem Podest Ackernden anzufeuern – wenn auch erst nach mehrfacher Einweisung von Chefsänger und -moderator York.
Von der geringen Zuschauerzahl war auch die Jülicher Formation „Miss Resis“ betroffen, die sich anfangs tapfer bemühte, die Anwesenden für den Hauptact in Stimmung zu bringen. Wie ein Irrwisch lief Sänger Klaus Schweitzer immer wieder zwischen Bühnenfront und Drummer Gino Drube hin und her, während ihn links und rechts flankierend Bassist Jan-Felix Klein und Gitarrist Patrick Arregui für die harten Riffs zu Liedern wie „Du sagst“, „Jeder Tag“ und „Kleinigkeiten“ sorgten. Auch zu viert lieferten sie ihren gewohnten Sound, ohne dass das Fehlen von Gitarrist Steve Singheiser unangenehm bemerkbar wurde.
Trotzdem fehlte den Jülichern vielleicht die überraschenden Momente, die „Cryssis“ immer wieder in ihren Auftritt einstreuten. Ob es die liebevoll-ironischen Ansagen von Sänger und Gitarrist Dick York, das durchdachte Auftrittskonzept, bei dem die Geigerin erst nach der ersten Hälfte den Sound erweiterte, oder die Vorbereitung des Show-Schlusses mit einem nachdenklich-melancholischen „Mr. Jack“ betraf: Hier passte alles für ein unvergessliches Event zusammen, bei dem sicher die ein oder andere zuvor gespielte Melodie die Konzertbesucher auf ihrem Weg nach Haus begleitete.