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Alles auf Anfang

Mit seinem ersten Soloprogramm seit dem Abschied der "Wise Guys" tritt Eddi Hüneke am Feitag, 5. April, 20 Uhr, auf die Bühne des Jülicher Kulturbahnhofs. Eddi Hüneke sprach mit Herzog-Redakteur Arne Schenk über das Wohl und Wehe der neuen Solokarriere.

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Eddi Hüneke / Berlin 2018. Foto: Ben Wolf
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Ein Wise Guy ohne A-cappella-Gruppe – geht das überhaupt?

Das war ja die große Herausforderung, der ich mich unbedingt stellen wollte. Das war auch eine große Fallhöhe, muss ich sagen. Ich habe das vielleicht vorher nicht so richtig geschnallt, wie exponiert man sich dann fühlt ohne die Band im Rücken. Allerdings habe ich den Tobi dabei. Ich bin also nicht alleine auf der Bühne. Er ist mehr als ein Pianist. Nicht nur, dass er auch andere Instrumente spielt, wir werfen uns auch beim Moderieren die Bälle zu. Gleichzeitig ist es so, dass ich für das Material geradestehe, die Songs sind von mir. Ich nehme es sozusagen sehr persönlich, wie der Abend ankommt. Deswegen bin ich sehr froh, dass das Experiment funktioniert hat und das Programm überall, wo ich bisher aufgetreten bin, auf positive Resonanz gestoßen ist. (Bisher hat Eddi Hüneke um die 50 Solo-Auftritte gemacht.)

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Vermissen Sie die anderen nicht ein wenig, wenn Sie so allein (abgesehen vom Pianisten) auf der Bühne stehen?

Nee. Das war eine ganz tolle Zeit, und die möchte ich nicht missen in meinem Leben, aber die war dann auch vorbei. Jetzt ist etwas Neues da, und das genieß‘ ich.
„Ab durch die Mitte, auf und davon, ich muss mal was ganz Neues seh’n, es wird Zeit zu geh’n“: Lautet so das Programm für den Neustart?“ Das war in der Übergangsphase ganz stark mein Thema, dieser Neuaufbruch und der Neuanfang, dieses Gefühl, mal frische Luft um die Ohren geblasen zu kriegen. Mittlerweile steht das nicht mehr ganz so im Zentrum. Es gibt noch ein paar Songs, die natürlich aus dieser Zeit stammen. Gerade „Ab durch die Mitte“ singe ich sehr gerne, habe ich gerade eben noch geübt im Keller. Es sind jetzt aber auch schon viele neue Songs entstanden, und die beschäftigen sich mit allem Möglichen, nur nicht mit Aufbruch, die handeln von Spieleabend, Pauschalurlaub und sonst was. Es ist ein recht abwechslungsreicher Abend geworden.

Was ist die besondere Herausforderung am Solo-Dasein?

Sie hätten ja auch mit einer eigenen A-cappella-Truppe am Erfolgsrezept anknüpfen können. Mir war nicht klar, was ich machen will, als ich vor mittlerweile vier Jahren meinen Kollegen sagte: Ich möchte mal etwas Neues machen. Aber dass ich etwas Neues machen möchte, das war mir klar, und deswegen stand für mich von vornherein nie zur Debatte, dass ich eine neue A-cappella-Gruppe gründe, das Thema war einfach durch. Wir haben ja auch wirklich alles erreicht, was man mit einer A-cappella-Gruppe so erreichen kann. Wir waren dermaßen erfolgreich, und das war wie gesagt auch eine ganz tolle Zeit. Ich wollte einfach etwas anderes ausprobieren, und das ist jetzt erst mal das Format. Das nächste Programm wird heißen: „Eddi zu zweit“, weil es jetzt auf ein Duo hinausläuft. Vielleicht heißt es dann irgendwann einmal „Eddi zu dritt“, mal gucken, was kommt. Aber im Moment ist es solo beziehungsweise eben zu zweit.

Wie schaffen Sie es, die Aufmerksamkeit des Publikums nun über die gesamte Zeit auf sich zu richten?

Das ist ja viel einfacher, als wenn man vier andere dabei hat, die das Publikum ablenken (lacht). Nein, das ist natürlich die Herausforderung eines jeden Künstlers, die Aufmerksamkeit innerhalb eines Liedes, einer Moderation, innerhalb einer Konzerthälfte oder eines ganzen Konzertes zu binden, und meiner Einschätzung nach gelingt das am besten, wenn das, was da passiert, in dem Moment wirklich geschieht, und nicht etwas Eingeübtes, Abgespultes ist. Es geht eigentlich in einem Konzert darum, eine Kommunikationssituation wahrzunehmen, in der jemand mit mir Kontakt aufnimmt in irgendeiner Form. Und wenn der Künstler das authentisch tut – und das ist mein Bemühen – dann bleibe ich als Zuschauer bzw. Zuhörer ganz automatisch in der Aufmerksamkeit dabei, weil er mir etwas zu sagen hat von sich. Genau das ist mein Bestreben, ich möchte etwas erzählen, ich mache mich da irgendwie „auf“ und stehe zur Verfügung. Das ist das, was mir auch so viel Spaß macht. Wenn diese Verbindung gelingt, dann merkt das der Zuschauer ganz unbewusst oder auch bewusst.

Trotz des Konzeptes, das Sie im Kopf haben und vorbereiten, bleibt auch immer genügend Raum für Improvisation?

Ja, jede Menge. Es laufen auch immer Sachen schief. Neulich ist mir eine Gitarrensaite auf der Bühne gerissen. Da muss man irgendwie mit umgehen in der Situation. Das kann man ja gar nicht planen, wann das passiert. Auf der anderen Seite macht es gerade Tobi und mir besonders Spaß, immer wieder spontan zu sein. Das haben wir auch bewusst eingebaut in die Show. Wir haben die sogenannte „Tobi-Eddi-Challenge“, in der wir uns vom Publikum herausfordern lassen. Nach der Pause haben wir dann die Zettel nach vorne geholt, auf denen ganz viele möglichen Ideen stehen, was wir so machen sollen. Dann ziehen wir vier Challenge-Vorschläge heraus und das Publikum sucht eine davon aus. Und dann versuchen wir, das gewünschte bzw. geforderte zu machen… Das kann man gar nicht vorbereiten, zum Glück!

Sie benutzen viel Experimentelles, lassen Beatbox und anderes als Loops durchlaufen. Inwieweit versuchen Sie, sich da neu zu erfinden oder an die alte Konzeption anzuknüpfen?

Der Looper ist tatsächlich eine Mischung aus beidem, würde ich sagen. Ich habe da ursprünglich dran gedacht, weil ich das als Möglichkeit gesehen habe, allein auf der Bühne zu stehen, – da habe ich noch nicht an den Tobi gedacht – und damit dann mehrstimmig zu singen. Das ist in der Realität ganz anders geworden. Es geht mehr darum, manchmal so einen Flächensound zu schaffen oder Effekte oder eben Beats live einzusingen und die in Schleife zu wiederholen. Es ist wahrscheinlich so noch am nächsten an A-cappella, dass ich ein Mouth-Drumming mache über den Looper. Aber es ist doch irgendwie etwas ganz, ganz anderes, als mit lebendigen Menschen da zu stehen und zu singen, das ist eine komplett andere Geschichte. Das hat viel weniger damit zu tun, als ich ursprünglich vielleicht dachte. Und das ist auch, glaube ich, gut so. In den ersten Shows habe ich noch Wise Guys-Songs im Programm gehabt, das ist jetzt gar nicht mehr der Fall. Ich habe auch gespürt, dass das gar nicht nötig ist.

„Mit dir will ich fliegen“: Ein intimes Liebeslied mit einer sehr melancholischen Melodie und einer besonderen Spiritualität. Wie viel Eddi Hüneke steckt darin?

Da steckt sehr viel von mir drin. Das ist ein sehr persönliches Lied, das in einem schwierigen privaten Moment entstanden ist. Da steckt eine Sehnsucht drin, die Sie vielleicht mit diesem Wort „Spiritualität“ beschreiben. Das ist eins von zwei Liedern, bei denen Tobi gar nicht auf der Bühne ist.

Wie viel Kompromiss steckt im Arbeiten zu fünft? Wie viel Freiheit und Selbstbestimmung, aber auch Mehrverantwortung haben Sie solo?

Zu fünft gehören viele Kompromisse zum Arbeiten, keine Frage. Da haben Sie schon die Punkte getroffen. Natürlich hat es immense Vorteile, wenn die Arbeit aufgeteilt wird und wenn auch die Verantwortung auf verschiedenen Schultern liegt. Gleichzeitig ist der Abstimmungsbedarf auch sehr hoch und führt natürlich auch zu Reibungen. Ich glaube, das ist auch völlig normal. Aber das ist jetzt auch nicht so, dass ich als Solo-Künstler auf einer Insel bin. Ich bin da auch abhängig von und verbunden mit anderen Menschen. Ich kann da nicht selbstherrlich bestimmen.

Aber vielleicht ist der Freiraum dann doch größer.

Ja, definitiv der künstlerische Freiraum beim Schreiben. Das ist es, was mich am meisten eigentlich überrascht hat. Dabei habe ich vorher gar nicht damit gerechnet, dass mich diese Freiheit, Kreativität dann so erfüllt.

Also eine positive Erfahrung…

Absolut. Wobei – wie gesagt: Ich möchte die andere Erfahrung nicht missen. Ich könnte gar nicht hier sein ohne sie. Ich schätze, ich hätte mich sonst nie getraut, den Weg zum Musiker zu nehmen.

Fazit: Was erwartet das Jülicher Publikum?

Das Jülicher Publikum kann sich auf jeden Fall auf einen unterhaltsamen Abend mit viel Interaktion freuen zwischen Tobi und mir und auch mit dem Publikum. Und die Möglichkeit, auch hier und da ein bisschen mitzusingen, sowie eine großen Bandbreite an verschiedenen Emotionen in den Songs. Es wird viel gelacht, aber es kommen auch melancholische Momente. Deswegen ist es in den Worten einer Zuschauerin so etwas wie „ein Kurzurlaub für die Seele“.


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