Die kürzeste Route führt den Umzugsunternehmer zum Ziel. Auf dem geradesten Weg ist der gebürtige Birkesdorfer und Wahl-Jülicher beruflich dagegen nicht geworden, was er heute ist. Gelernt hat Ralf Mägdefrau nämlich eigentlich Karosseriebauer. „Das ist toller Beruf! Warum habe ich ihn ergriffen?“, sinniert er. Autos waren es, die ihn wie viele Jungs faszinierten. Eigentlich war es aber die Beschreibung des Arbeitsamtes, die er bekommen hatte. „Da stand drin: fertigt Spezialfahrzeuge, zum Beispiel Kühlwagen oder für die Feuerwehr.“ Damals war der 16-jährige Ralf Mädgefrau bereits seit zwei Jahren beim Malteser Hilfsdienst aktiv und „da war natürlich das Herz angesprochen: Feuerwehr, Krankenwagen, und ich dachte: Das ist spannend.“ Im weitesten Sinne beschäftigen ihn heute Fahrzeuge ja immer noch.
Grundsätzlich scheint jede seiner Stationen nützlich für die heutige Tätigkeit. Als Karosseriebauer kennt er sich mit Fahrzeugen aus, intensiver, seit er als Sachverständiger im KfZ-Bereich unterwegs war. Und so sind auch sein Ehrenamt als Sanitäts- und Pflegediensthelfer sowie seine später hauptamtliche Arbeit als Rettungsassistent und Organisatorische Leiter Rettungsdienst bei den Maltesern heißt, eine Schule für‘s Leben gewesen. „Umzüge sind ein bisschen wie Rettungsdienst“, gibt der heute 55-jährige zu bedenken, schließlich werde es hier auch zuweilen sehr persönlich.
„Oder lassen Sie einfach jemanden in Ihr Schlafzimmer…?“
Vor acht Jahren entschied sich Ralf Mägdefrau gegen Hartz IV und für eine Selbstständigkeit als Umzugsunternehmer. Klingt einfach, ist es aber nicht. Eine Lizenz gibt es nur gegen einen Fachkundenachweis bei der IHK. „Also, wieder Schule…“ Prüfung abgelegt, Schritt 1 erledigt aber noch keinen Pfennig im Geldbeutel. Ein Schreibtisch mit PC in einer Ecke im Wohnzimmer war der Anfang von „ant-Umzüge“. Für Lkw war kein Geld da, die wurden anfangs noch geliehen. „Man war für jeden Auftrag dankbar. Man muss da erstmal reinwachsen“, sagt Mägdefrau rückblickend.
Zuversicht ist etwas, das der Mitt-Fünfziger ausstrahlt, und so hat er – im übertragenen Sinne – ein Vielfaches des eigenen Körpergewichtes gestämmt, die Tragfähigkeit und die Belastbarkeit mitgebracht, um das Unternehmen auf die Füße zu stellen. Folgerichtig wählten die Jung-Unternehmer die Ameise als Patronatstier – denn „ant“, ist keine Abkürzung, sondern die Übersetzung ins Englische.
Was macht bis heute den Reiz der Arbeit aus? Die Menschen und, dass jeder Umzug eine neue Herausforderung ist. Ob ein „bekennender Ikea-Fan“ seine sieben Sachen packt oder Antiquitäten bewegt werden müssen macht einen Unterschied. „Den dummen Möbelträger kann man nicht mehr gebrauchen – oder nur noch wenig“, ist Mädgefraus Erfahrung. Nichts sei schlimmer, als wenn man nicht mehr wisse, wie die Möbel zusammengebaut würde oder Schäden entstünden. Manchmal muss das Lieblingsstück mit, auch wenn es den Umzug eigentlich nicht mehr überleben würde. Dann werden Vorschläge gemacht, wie das „marode Möbel“ doch noch den Ortswechsel schafft. „Das macht die Leute glücklich, das ist ja unser Ziel.“ Das wichtigste sind darum die Beratung und der Ortstermin, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Wenn alles passt, steht das Umzugsteam um 8 Uhr vor der Türe.
Die Türe kann auch schon mal ein Unternehmen sein, das in einen Neubau umzieht, das Finanzamt, in dem der Fußboden saniert wird und Büro für Büro im Rotationssystem umgezogen wird, oder 600 Blechspinde, die von Kerpen nach Rüsselsheim geliefert und dort aufgebaut werden müssen. Hier greift die Mitgliedschaft im 900-Mitglieder-starken Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ). Denn natürlich ist es teuer, Arbeitskräfte stundenlang quer durchs Land zu schicken, wenn sie im Jülicher Land gebraucht werden. Durch die AMÖ werden Fachkollegen am Einsatzort organisiert, die auch die regionalen Besonderheiten kennen: „Man unterstützt sich gegenseitig im Netzwerk – und das geht auch über die Landesgrenzen hinweg.“ Denn bis nach Malmö, Nord-Finnland und auch Venedig ist „die Ameise“ schon unterwegs gewesen. „Das ist natürlich spannend, lernt man Land und Leute kennen“, sagt Mädgefrau. Die Heimat bleibt aber an der Rur:
„Jülich ist einfach reizvoll.“
„Es ist eine ruhige, schöne Stadt, die genialerweise im Zentrum zwischen Düsseldorf, Köln, Aachen, Mönchengladbach liegt. Darum habe ich gesagt: Hier bleibe ich!“ Und er spricht die Sprache der Menschen, denn er weiß: „Mundart öffnet Türen“.