Schüler geben das ja ungern zu. Aber ja, ich fand damals, 1989, den Englischunterricht bei Bettina Groos gut. Richtiggehend traurig war ich, als sie in den Mutterschutz ging. Bettina Groos – Lehrerin und Mutter also – HERZOG-Mensch im Monat März.
Zum Interview bin ich allerdings mit der Künstlerin Bettina Groos verabredet. Und jetzt interessiert mich ja doch, wie sie sich selbst sieht.
HERZOG: Wer bist du? Lehrerin oder Künstlerin?
GROOS (nach kurzer Bedenkzeit): Von allem etwas. Zunächst bin ich Lehrerin. Schon als Schülerin habe ich mich in der Jugendarbeit engagiert, habe etwa Ferienfreizeiten als Betreuerin begleitet. Daraus ergab sich dann der Berufswunsch der Lehrerin. Und das Schöne an meinem Beruf bzw. meiner Fächerwahl ist ja, dass ich meine Hobbys, meine Leidenschaften hier ausleben kann. Ich leite Schülerinnen zur Kunst an, ich spiele mit ihnen im Literaturkurs Theater.
HERZOG: Dann hast du also deine Hobbys zum Beruf gemacht? Aber „Theater-spielen“ ist doch kein Studienfach, oder?
GROOS: Nein, aber hier hilft mir meine Bühnenerfahrung.
HERZOG: Du bist seit vielen Jahren bekannt als Mitglied des Kabaretts „Fleddermäuse“. Wie kam es dazu?
GROOS: Die Ursprünge liegen im Studium. Ich habe während der Semesterferien Ferieneinsätze an Ost- und Nordsee für die Nordelbische Landeskirche durchgeführt. Um Jugendgruppenleiterin werden zu können, musste ich am evangelischen Studentenreferat in Aachen Seminare belegen. Dabei entstand die Idee, auf einem Gemeindefest Theater zu spielen. Zunächst waren wir eine sehr große Gruppe und nannten uns die „Kirchenwühlmäuse“. Wir tingelten dann von Kirchentag zu Kirchentag und unser Bekanntheitsgrad wuchs ständig. Irgendwann ließ sich das nicht mehr wirklich mit Beruf und Familie in Einklang bringen. Einige Mitglieder stiegen ganz aus. Der Rest von uns beschloss, Auftritte zukünftig auf den Großraum Aachen zu beschränken. Hinzu kam die Umbenennung in die „Fleddermäuse“. Die gibt es jetzt seit 38 Jahren.
HERZOG: Wenn ihr doch so erfolgreich gewesen seid, warum hast du dich nicht für eine reine Kabarettistinnen-Karriere entschieden?
GROOS: Als Hobby ist das eine tolle Sache. Wenn du dich für den Beruf entscheidest, also davon leben willst, musst du so viele Kompromisse eingehen, die wir nicht eingehen wollten, da waren wir uns auch als Gruppe einig.
HERZOG: Also hast du dein Studium durchgezogen. Was hat dich denn zu der Fächerwahl Englisch und Kunst motiviert?
GROOS: Als ich vier Jahre alt war, ging meine Familie für vier Jahre nach England. Ich habe dort die Vorschule besucht. Ich denke, hier liegen die Wurzeln für meine Entscheidung, Englisch zu studieren. Und künstlerisch war ich schon als Schülerin aktiv. Meine Kunstlehrerin am Gymnasium Zitadelle, Frau Richter, hat mich da stark beeinflusst. Und schon während des Studiums hab ich gemeinsam mit anderen Studenten kleine Künstlergruppen gebildet und Ausstellungen verwirklicht.
HERZOG: Erkennt man einen echten „Groos“?
GROOS: Ich denke schon. Wenngleich ich nicht so streng festgelegt in Stil und Richtung bin – ich probiere gerne mal was Neues aus -, so durchzieht mein kreatives Schaffen doch v.a. die Faszination für Farbe und bildet sicher einen Schwerpunkt. Das findet sich auch in meiner Arbeit mit Keramik, die ich schon im Studium begonnen habe. Die Technik des Glasierens ist gar nicht so einfach, aber das Farbenspiel verliert nie an Faszination. Und dann ist da noch das Motiv des Seiltänzers, den du auf vielen meiner Collagen und Bilder ganz unterschiedlich wiederfindest.
HERZOG: Kunstliebhaber und solche, die es vielleicht noch werden wollen, können sich bald selbst ein Bild von deinem Schaffen machen. Einige deiner Kunstwerke stellst du im Rahmen einer Benefizveranstaltung am Samstag, 23. April 2016 zur Verfügung. Erzähl doch mal, wie es dazu kam.
GROOS: Die Idee trage ich schon länger mit mir herum. Und jetzt hat der HERZOG auch noch die Schirmherrschaft über dieses Projekt übernommen. Ich spende einige Collagen, zum Teil gestaltet mit Jülicher Motiven, sowie Keramikschalen und Kopfplastiken aus Keramik. Das Ehepaar Loven stellt die Räumlichkeiten der Galerie „An der Zitadelle“ für die Benefizveranstaltung zur Verfügung und Herr Dr. Nieveler wird als Auktionator die Ausstellungsstücke versteigern. Mit dieser Aktion soll der Jülicher Verein „Kleine Hände“ unterstützt werden.
HERZOG: Der HERZOG feilt bereits an seinem Outfit für diesen besonderen Tag. Wir freuen uns darauf. Soziales Engagement scheint dir auch immer schon wichtig gewesen zu sein. Am Mädchengymnasium in Jülich organisierst du regelmäßig Sozialeinsätze nach Kenia.
GROOS: Ja, für die afrikanische Kunst habe ich mich immer schon sehr interessiert, deswegen wollte ich gerne mal nach Afrika. Und 2005 ergab sich im Rahmen der Weltjugendtage, die in Köln stattfanden, durch die Unterbringung einer Jugendgruppe aus Kenia an unserer Schule die Möglichkeit, Afrika zu besuchen und gemeinsam mit einer Gruppe von Lehrern und Schülerinnen dort sozial tätig zu werden.
Mein ästhetisches Kunstverständnis von Afrika erfuhr allerdings durch diesen Aufenthalt erstmal eine Erschütterung, die direkte Konfrontation mit den Lebensumständen vor Ort holte mich abrupt auf den Boden der Tatsachen.
Zurück in der heilen Welt Jülichs erwuchs dann die Idee nachhaltigeres soziales Engagement zu initiieren. Dies war ja gut möglich durch den persönlichen Kontakt, den wir geknüpft hatten. Inzwischen führen wir alle zwei Jahre das Sozialprojekt durch. Leider ist die politische Lage in Kenia derzeit so angespannt, dass unser Einsatz dort zu gefährlich geworden ist. Aber in diesem Jahr werden wir mit einer Gruppe von sechs Schülerinnen und sechs ehemaligen Schülerinnen einen Sozialeinsatz in Uganda durchführen. Vier der ehemaligen Schülerinnen begleiten uns bereits das zweite Mal.