Anja Schlader ist so ein Mensch. Ich kenne sie nur fast schon symbiotisch verwachsen mit ihrem Atelier, in dem eine fast greifbare positive Atmosphäre herrscht. Schon seit unserer ersten Begegnung, ich weiß gar nicht mehr so genau, wann das war, war ich beeindruckt und etwas neidisch auf Anjas Individualität und die Ausstrahlung von Stärke. Ein Vorbild. In unserem Gespräch sagt sie, ihre Arbeit sei keine Berufung, eigentlich wollte sie lieber Mathe studieren und sei eher durch Zufall in einem kreativen Beruf gelandet. Man mag es nicht recht glauben. Aber vielleicht von etwas weiter vorne.
Anja Schlader wurde 1969 als mittlere von drei Töchtern der Familie Schlader geboren. Ihr Vater war der in der Region bekannte Künstler Arno Schlader. Wir philosophieren darüber, dass sie das Künstlerische wohl von ihrem Vater habe, Anja sagt, dass eher ihre Mutter sie in ihrer Kindheit an kreative Arbeiten herangeführt habe. Von ihr habe sie viele Techniken gelernt, und erst später habe auch der Vater künstlerisch mit den Kindern gearbeitet. Während ihrer Schulzeit hilft sie ehrenamtlich im Krankenhaus mit und erledigt dort allerhand Anfallendes – auch das ungewöhnlich für eine zu diesem Zeitpunkt Dreizehnjährige. Da sie dann aber kein Blut mehr sehen kann, kommt eine Ausbildung in diesem Bereich nicht in Frage. Deshalb überlegt sie, stattdessen Mathematik zu studieren, weil ihr das Themengebiet Naturwissenschaften liegt. Erst die geringen Berufsaussichten und ein spontanes Angebot ihres zukünftigen Lehrmeisters lassen sie eine Ausbildung zur Goldschmiedin in Linnich antreten. Ein Schulpraktikum hatte die beiden zueinander gebracht. Es folgen Gesellenjahre in Düren und Jülich, die Meisterschule in Idar-Oberstein und weitere Jahre als Werkstattleiterin in Köln. Im November 1999 eröffnet sie ihr Atelier. Anja ist stolz darauf, dass sie das ohne die (finanzielle) Unterstützung der Eltern geschafft hat. Ganz ohne Hilfe ist sie aber nicht. Die Galerie des Vaters ist nebenan und zieht dadurch natürlich Publikum ins kleine Örtchen Koslar. Eine Starthilfe, die sie gerne annimmt.
Wir reden länger über das Selbstverständnis eines Künstlers, Anja sieht sich selbst als eine Mischung aus Künstlerin und Handwerkerin. Am Anfang ihrer Tätigkeit hat sie tatsächlich noch mehr skulptural gearbeitet… Also Dinge gefertigt, die eher Kunst sind als Handwerk beziehungsweise tragbar. Ihr Meisterstück war eine relativ große Kettenarbeit mit dem Thema „Rotation“. Mittlerweile hat sie dieses in Einzelteile zerlegt, und auch das ist eher im Bereich Künstlertum zu verorten – Arbeiten bleiben in Bewegung und verwandeln sich in Neues. Inspiration schlägt Wehmut. Auf meine Frage, was für ein Schmuckstück sie für die Herzogin gemacht hätte, sagt sie wie aus der Pistole geschossen: ein Collier. Groß und schwer und prunkvoll, Tragbarkeit habe da schließlich eine ganz andere Relation. Bling bling ist gewünscht. Saphire würde sie verarbeiten, ihre Lieblingssteine. Auch hier wegen ihrer Wandelbarkeit, ihrer Farbenvielfalt. Anfangen würde sie mit den Steinen, denn diese stehen oft am Anfang des kreativen Prozesses. Sie „entscheiden“ was und wie ein Schmuckstück wird. Nach längerem Nachdenken würde es vielleicht noch einen Ring für die Herzogin dazu geben. Einen Giftring… Aber nicht für Gift, sondern vielleicht für einen Liebesbrief. Auf jeden Fall lohnt sich ein Besuch in ihrem Atelier. Um den Menschen und die Künstlerin Anja Schlader kennenzulernen, um schöne Dinge anzuschauen. Zum Beispiel auch die große Skulptur vor der Ateliertür. Eine Zusammenarbeit von Ottmar Alt, einem Freund der Familie, und Arno Schlader, fertiggestellt aber erst nach dessen Tod.
Anja betont, dass man auch wirklich nur zum Schauen im Atelier vorbeikommen darf. Keine Scheu also zu klingeln – das muss man nämlich… Eine leider nötige Schutzmaßnahme in der heutigen Zeit. Sie freut sich über Besucher, weil sie den Kontakt zu Menschen mag und so ein Teil ihrer Inspiration entsteht.