Robert Seethaler beschreibt in seinem neuen Roman „Das Café ohne Namen“ erneut die Szenerie und Einmaligkeit Wiens. Was ihm mit Bravour im schon verfilmten Bestsellerroman „Der Traffikant“ gelang, wird hier fortgesetzt. Typische Charaktere und ihre Geschichten in einer unnachahmlich bebilderten Sprache beschreiben den Wunsch nach Aufbruch und Eigenständigkeit. Hauptperson ist Robert Simon, der als ungelernter Tagelöhner seinen Lebensunterhalt mit allerlei Jobs auf dem Karmelitermarkt bestreitet. Irgendwann kommt er auf die Idee, in Sichtweite des Marktes ein Café zu eröffnen.
Mit viel Energie, Improvisation und Ausdauer schafft er es, den Menschen des Viertels einen zuverlässigen und gemütlichen Anlaufpunkt zu bieten. Stammgäste, Nachbarn und skurrile Gestalten von der Straße mit ihren kleinen und großen Tragödien füllen das Lokal und prägen Roberts neues Leben. Mit Fleiß, Großzügigkeit und Hingabe betreibt er sein Geschäft und findet so einen neuen Platz in der Gesellschaft. Die aneinandergereihten Geschichten spielen in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre, in denen auch in Wien die Neuzeit beginnt und das Nachkriegstrauma mit all seinen menschlichen und geschichtlichen Zerstörungen langsam, aber stetig an Präsenz und Dominanz verliert. Das Leben ändert sich, und auch Robert Simon muss diese Veränderungen akzeptieren. Ein großartiges Buch – auch oder besonders als Ferienlektüre zu empfehlen.
BUCHINFORMATiON
Robert Seethaler: Das Café ohne Namen | geb. 288 Seiten | Claassen-Verlag | ISBN 978 354 6100 328 | 24,- Euro