Die Vorstellung, die man von einem Krimi hat, wird bereits mit dem ersten Satz ihres neuen Romans „Auf der Lauer liegen“ zerstört. Das erste Kapitel spielt 1980 und beginnt mit dem Satz „Mein Mann hatte eigentlich nicht vor, Anni Doyle umzubringen, aber diese verlogene Schlampe hat es nicht anders verdient.“ Erschreckende Worte aus dem Munde der Lady Lydia Fitzsimons, einer Frau aus vornehmem Hause. Sofort erkennt der Leser, dass es sich nicht um einen leichten und lustigen Krimi handelt, sondern eine spannende Geschichte hier Puzzleteilchen um Puzzleteilchen erzählt wird.
In einem Teil der Erzählung wird aus dem Blickwinkel des Sohnes Laurence berichtet. Er, der Außenseiter in der Schule und zu Hause von der Mutter abgöttisch geliebte, mit Liebesbeweisen erdrückte Junge, sieht mehr, als die Erwachsenen vermuten. Man erahnt, dass so das Verhängnis beginnt. Vom Vater des Jungen, einem angesehenen Dubliner Richter, erfährt man, dass er sich verspekuliert hat. Er möchte aus Liebe zur Familie aber um jeden Preis den Schein waren. Seine Frau betet er an, ist ihr regelrecht hörig. Deswegen darf niemand erfahren, dass der große Familiensitz fast nicht zu halten ist.
Mit Laurences Mutter leidet man als Leser mit. Ihre psychischen Ausnahmezustände kann man kaum ertragen, denn eigentlich ist sie um den Gatten, der sie anbetet, um das schöne Haus und den Sohn zu beneiden.
Im letzten Teil des Romans, der im Jahr 2016 beginnt, bleibt auch dem geübten Krimi-Fan die Luft weg. Dieses Buch ist für jeden, der makabre Geschichten mag und das typisch irische Milieu schätzt, ein unglaubliches Leseerlebnis.
BUCHINFORMATION
Liz Nugent: Auf der Lauer |352 S. | Steidl Verlag | ISBN-10 3969991080 | 28,- Euro