Dreißig Jahre hat sie als Köchin, unter anderem in Dublin, gearbeitet, bevor sie überredet wurde zu schreiben. Als fünfzigjährige Debütantin begeisterte sie dann die Leser in aller Welt. Ihre ausgezeichneten Kurzgeschichten haben mich regelrecht fasziniert. Ihr neuer Roman „Übertretung“ erzählt von dem bis heute schwelenden Konflikt in Nordirland und nimmt uns mit ins Jahr 1975.
Sie beschreibt herzzerreißend, wie dramatisch es ist, wenn unsichtbare Grenzen überschritten werden. Der Autorin merkt man die Liebe zu den von ihr geschaffenen Figuren an. Wir erleben mit, wenn Cushla Lavery ihrer alkoholkranken Mutter das Frühstück bereitet und neben ihrem Beruf in der Bar ihrer Familie aushilft. Die Konflikte beginnen schon damit, dass diese Bar von ihrer katholischen Familie in einer protestantischen Gegend betrieben wird. Auch ihre Liebe zu einem verheirateten protestantischen Mann führt zu dramatischen Reaktionen. Dazu erfährt sie in ihrem Beruf als Lehrerin immer wieder, wie eine ganze Gesellschaft verrohen kann und traumatisiert wird.
Diese irische Geschichte zieht aber jeden Leser trotz aller Dramatik durch den übermächtigen Konflikt im Hintergrund in ihren Bann. Louise Kennedy ist es gelungen, durch intensive Bilder aufzuzeichnen, wie zum Beispiel die Künste doch die Menschlichkeit retten können. Sie hat einen Gesellschaftsroman auf höchstem Niveau verfasst. Und ich habe Cushla ins Herz geschlossen.
BUCHINFORMATION
Louise Kennedy: Übertretung | 320 S., geb. | Steidl Verlag | ISBN 978-3-96999-259-3 | 25 Euro