
Oliver Steller ist bereits seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Literatur- und Musikszene. Vor etwa 15 Jahren trat er schon mal in der Jülicher Stadtbücherei auf. Ein Fan, der extra aus Erkelenz angereist war, sagte: „Wenn man ihn einmal live gesehen hat, will man ihn immer wieder live erleben.“ An diesem Abend hätte sich der Künstler sicher mehr dieser Begeisterten gewünscht.
Der Künstler präsentierte eine Mischung aus rezitierten Gedichten und musikalischer Begleitung auf der Akustikgitarre. Während die Gitarre die Gedichte zwischen den Rezitationen untermalte, wurden einige Gedichte auch ohne instrumentale Begleitung vorgetragen, was einen wesentlichen Teil des Programms ausmachte. Ein Mikrofon brauchte Oliver Steller nicht. Die Akustik der Schlosskapelle war perfekt für die Darbietung geeignet. „Es fühlt sich an wie im Wohnzimmer, ich genieße das. Es ist schön hier zu sein“, sagte Steller und schuf so eine intime Atmosphäre mit seinem Publikum.
Die Reise durch die Geschichte der Poesie begann mit einer kraftvollen Darbietung von Gedichten bekannter Dichter. Mit seiner charakteristischen Stimme gelang es Steller, jede Figur der Gedichte lebendig werden zu lassen. Das Gitarrenspiel war meist sanft und verträumt, wechselte jedoch immer wieder zu energiegeladenen und wilden Passagen. Vor jeder Rezitation erklärte Steller das jeweilige Gedicht und dessen Hintergrund.
In der ersten Hälfte des Programms rezitierte Steller unter anderem Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe wie „Der Erlkönig“, von Friedrich Schiller „Der Handschuh“ und verschieden Werke von Heinrich Heine, darunter „Die schlesischen Weber“ und „Die Laune der Geliebten“. Auch Bertolt Brecht war mit dem Gedicht „Legende von der Entstehung des Huges Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration“ vertreten.
In der Pause nutzen die Besucher die Gelegenheit, mit Oliver Steller ins Gespräch zu kommen. Zudem konnten sie sein neues Buch „Balladen und Fotografien“ kaufen und sich eine persönliche Widmung holen.
Beeindruckendes bot Steller auch in der zweite Hälfte. Er trug unter anderem Werke von Karoline von Günderrode „Der Tausend und die Elfen“, Börries Freiherr von Münchhausen „Ballade vom Brennreiselbusch“, Erich Kästner „Sachliche Romanze“, Christian Morgenstern „Der Werwolf“ und Theodor Fontane „John Maynard“ vor. Zum Abschluss rezitierte Steller gemeinsam mit dem Publikum das Gedicht „Herr von Ribbeck“ von Fontane. Die Zugabe bestand aus „Das Ei des Kolumbus“ von Paul Pfeffer, bevor Oliver Steller um etwa 22 Uhr die Bühne verließ.
Oliver Steller, Musiker, Rezitator und Fotograf, wurde in Bonn geboren und organisierte bereits im jungen Alter von 14 Jahren mit anderen Musikern Konzerte. Er studierte Musik am renommierten Berklee College of Music in Boston, USA, und setzte seine Musikkarriere fort. Durch den Rezitator Lutz Görner fand Steller schließlich seinen Weg zur Poesie, obwohl er schon immer eine Leidenschaft für Literatur, insbesondere Gedichte, hatte. „Gedichte sind so verdrahtet“, wie er selbst sagt. Lutz Görner wurde zu einem wichtigen Mentor für ihn. „Wir haben zusammen meine Stimme ausgebildet und seitdem bin ich Rezitator und Musiker“, erklärt Steller.
Für Steller passen Musik und Poesie perfekt zusammen. „Gedichte sind von Natur aus sehr musikalisch. Ich habe einmal im Kinderlexikon nachgeschaut, und dort stand, dass Gedichte gesprochene Musik sind. Besser kann man es nicht ausdrücken. Jedes Gedicht hat schon eine Melodie in sich, und wenn man Glück hat, trifft man sie und kann dann noch Musik daraus machen.“ Der Abend in der Schlosskapelle zeigte auf eindrucksvolle Weise die enge Verbindung von Musik und Poesie.