Büchereien sind seit langem mehr als ein Ort, um Bücher auszuleihen. Über die Jahre wurde das Inventar mit einer Vielzahl neuer Online-Medien erweitert und darüber hinaus zu einem Ort kulturellen Zusammentreffens umgestaltet. Die Stadtbücherei Jülich hat diesen Wandel in ihrem langjährigen Bestehen ebenfalls mitgemacht. Zum Tag der Bibliotheken ein Blick in die Vergangenheit und Zukunft der Jülicher Bücherei.
Seit 1992 ist sie im Kulturhaus des Hexenturmes zuhause und beherbergt auf einer Publikumsfläche von 700 Quadratmetern eine immense Menge an Büchern und Magazinen sowie bequemen Sitzgelegenheiten, um in Ruhe in die Werke eintauchen zu können. Um dies auch in Zukunft ermöglichen zu können, ist bereits eine Erweiterung der Räumlichkeiten für Events, abgeschottet vom normalen Betrieb, geplant. „Der Veranstaltungsraum soll im nächsten Jahr bereit sein“, erklärt Yvonne Schroiff, stellvertretende Büchereileitung.
Erste Aktionen in dem neuen Raum sind bereits in Planung. Die beliebten Vorlesegruppen der Lesepaten sollen nach einer coronabedingten Pause wieder zurückkehren. Schon vor zwei Jahren wollten die Mitarbeiterinnen das Programm inhaltlich neu ausrichten und zugleich mit Hilfe neuer Online-Angebote modernisieren, was leider im Verlauf der Pandemie auf Eis gelegt wurde. Nichtsdestotrotz lässt sich die sieben Frau starke Crew nicht unterkriegen. Seit knapp zwei Monaten sei die Bücherei wieder im Normalbetrieb, berichtet Büchereileiterin Birgit Kasberg, weswegen Veranstaltungen wieder geplant und neue Projekte wie die Umgestaltung der Kinder- und Jugendbibliothek angegangen werden können.
Ein bereits abgeschlossenes Projekt, worüber sich Besucher in der Bücherei seit kurzer Zeit freuen können, ist der neue Lageplan mit Klarschriftsystematik. Dieser hat die wohlbekannten Hieroglyphen aus Zahlen- und Buchstabenkombinationen auf den Buchrücken durch verständliche Beschreibungen ersetzt. Vorher sei die Beschriftung nicht nachvollziehbar gewesen, wenn man nicht gerade selber Bibliothekar sei, gibt Kasberg, die selber Bibliothekarin ist, schmunzelnd zu.
Besonders der Weg in die umfangreiche Welt der Romane wird ab jetzt durch die Nutzung von Piktogrammen übersichtlicher. „Bei einer Weltkugel weiß jeder, dass es sich um Reiseliteratur handelt und dass der Turm für Geschichtslektüren steht“, führt Kasberg aus. Während des Lockdowns fanden die Verantwortlichen die Zeit, jedes einzelne Buch in der Bücherei neu zu beschriften und gleichzeitig Romanreihen auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. „Das war unser Großprojekt im Rahmen von Corona“, resümiert Kasberg. Lediglich die Exemplare in der Kinderbücherei müssten nachgezogen werden.
Entgegen der Prämisse, Büchereien würden an Bedeutung verlieren und durch Onlinemedien ersetzt werden, sind die Führungen für Schulklassen und Kindergartengruppen in den heiligen Hallen der Stadtbücherei beliebter den je.
„Wir sind ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht“, offenbart Schroiff freudestrahlend. Für Kindergartenführungen seien erst Termine im März wieder frei. „Bei den Schulführungen ist es ähnlich, der nächste freie Termin ist Anfang Februar“, fügt Kasberg hinzu. Dabei wird die Nutzung digitaler Medien keinesfalls außen vor gelassen. In altersgerechter Anleitung werden die Kinder an das Onlineangebot der Bücherei herangeführt. Dieses beinhaltet speziell für die Kleinsten im Alter zwischen zwei und neun Jahren die App „tigerbooks“, die ein speziell für Kinder geeignetes Sortiment besitzt.
Ohne weiteres lassen sich solche Angebote jedoch zumeist nicht finanziell stemmen. Deshalb ist es wichtig, sich mit anderen Bibliotheken zu verbünden. Der Arbeitskreis Jülicher Bibliotheken ermögliche dabei den fachlichen Austausch sowie die Weiterbildung durch eine enge Zusammenarbeit, berichtet Schroiff. Darüber hinaus ist die herzögliche Bücherei in der regionalen Bibliothekskonferenz vertreten. „Es ist wichtig, dass man sich mit Kollegen vernetzt, dass man bestimmte Aktionen gemeinsam plant und nach außen als Einheit die Interessen der Bibliotheken vertritt“, bekräftigt Kasberg.
Dass „Büchereien“ in die Zukunft denken zeigt sich an der Präsentation zur Einführung der Streamingdienste „Freegal“ und „filmfriend“ im Zusammenhang mit dem Tag der Bibliotheken. Im Nachklang der Vorstellung am morgigen Montag wird die Stadtbücherei Jülich darüber berichten.
Ein weiteres nachhaltiges und digitales Projekt des Verbundes ist die „Onleihe“. Dort können Fans von E-Medien ein Aufgebot von fast 14.500 Büchern verschiedenster Genres nutzen. Da die zu leihenden Exemplare von den einzelnen Büchereien zur Verfügung gestellt werden, sei erst durch dessen Zusammenschließen ein akzeptabler und für den Nutzer lohnenswerter Anfangsbestand zu gewährleisten, erklärt die engagierte Bibliothekarin.
Ein durch die Stadtbücherei Jülich eigens finanziertes Projekt sind die „share magazines“. Diese benötigen lediglich WLAN in einer bestimmten Location, um ein Angebot von mehr als 600 Tageszeitungen und Magazinen abrufbar zu machen. „Das klassische Buch wird nie aussterben“, sagt Schroiff, trotzdem sei es wichtig, den Kunden so viel Auswahl wie möglich zur Verfügung zu stellen. Da nicht alle mit den digitalen Medien weitestgehend vertraut seien, sei es die Aufgabe der Bücherei, als Medienvermittler den Menschen zur Seite zu stehen, bemerkt Kasberg schlussendlich.