Ein in unserer Region besonders relevantes Thema ist der Landschaftswandel, der mit Ende des Braunkohleabbaus noch einmal besonders aktuell wird. Im Jubiläumsjahr des Museums 2018 erwiesen sich die Gemälde des 1951 in Leer geborenen Heiner Altmeppen als kreative Anregung.. Zwischen dem aktuellen Gemälde „Sternwarte in Pier“ und „Bahndämme“ von 1974 liegen 45 Jahre. Mit der „Sternwarte“ greift der Maler ein Motiv aus dem Tagebau Inden auf, thematisiert aber jenseits der Diskussion über den Braunkohleabbau grundsätzliche menschliche Fragen nach Beheimatung und verweigert sich damit der vordergründigen Vereinnahmung für oder gegen den Tagebau. Die Kombination mit dem älteren Werk „Bahngleise“ erweiterte dabei den Blick auf das allgemeine Thema städtisch-industriell überprägter Landschaft.
Heiner Altmeppen gehört zu den profiliertesten Vertretern des deutschen Realismus in der zeitgenössischen Kunst. Der Betrachter sieht sich einer glaubhaften Bildwelt konfrontiert, welche die unmittelbare Realität künstlerisch verdichtet und dadurch besonders bewusst macht. Das Ölgemälde „Bahndämme“ gehört zur Werkreihe der Industrielandschaften. Die Nutz-Landschaften im Stillstand zu sehen, befreit von jedem Lebewesen, irritiert und macht auf die ewig von Kompromissen geprägte Beziehung von Landschaft und Industrie, Natur und Mensch, aufmerksam. Von der Sternwarte als Symbol menschlicher Neugier wird der Blick nach und nach von der kosmischen Bedeutung auf unserer konkreten Umgebung gelenkt, wo der Sinn unserer Existenz immer fraglich bleibt. Die konkrete von uns gestaltete Umwelt ist trotz aller Unzulänglichkeit unsere Heimat, für die wir Verantwortung tragen.
In der durch die Aktionen im Hambacher Forst aufgeheizten Stimmung waren die Gemälde Altmeppens 2018 in Jülich ausgestellt (die „Sternwarte noch nicht fertig) in Verbindung mit kleineren Werken von ihm zum Themenfeld Braunkohleabbau, die sich schon im Besitz des Museums befinden wie „Tagesanbruch bei Weisweiler“ und „Kleines Rasenstück bei Inden“. Die Bildwelt Altmeppens vermochten Menschen unterschiedlicher Standpunkte in eine fruchtbaren Dialog über Themen zu bringen, die jenseits einer Positionierung für oder gegen Braunkohle für Menschen wichtig sind. Die Frage nach den Elementen von Beheimatung, unser menschliches Verlangen nach Romantik und die Melancholie von Veränderungsprozessen kamen eindrucksvoll zur Sprache – und verbanden in diesem menschlichen Kontext auch Gegner in der aktuellen Diskussion. Ein solches Potenzial aus der Kunstsammlung entwickeln zu können ist eine Sternstunde der Museumsarbeit. Daher hat der Förderverein des Museums die Anregung aufgegriffen und sich für den Ankauf der beiden großen Werke von Altmeppen engagiert. Sie werden nach den laufenden Umzügen und Umbaumaßnahmen in der Zitadelle und im Kulturhaus zusammen mit der überregional bedeutsamen Schirmersammlung zur Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts eine anregende Verbindung eingehen.
Auch die Jury für die Ankaufsförderung Bildende Kunst des Landes Nordrhein-Westfalen im Ministerium für Kultur und Wissenschaft sah in den Kunstwerken ein wichtiges Potential für die Arbeit des Jülicher Museums als historischer Leuchtturm in der Kohleregion auf Zukunftskurs. Für das geforderte externe Gutachten zeichnet Eske Nannen, die Gründerin der 1986 eröffneten Kunsthalle Emden, verantwortlich. Das Stiftung Henri und Eske Nannen besitzt den größten Museums-Bestand an Altmeppen-Werken, darunter die als Ostfriesland-Ikone bekannte „Norddeutsche Landschaft“. Die Stellungnahme zur Wichtigkeit im lokalen Kontext formulierte die Kunsthistorikerin Dorothée Schenk, die als Redakteurin des HERZOG mit der Lage vor Ort bestens vertraut ist. Museumsleiter Marcell Perse übernahm im Atelier des Künstlers in Bremricherhof bei Bad Kreuznach Ende des Jahres die Kunstwerke nach erfolgreichem Ankauf.