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Zum Silberjubiläum des Jülicher Museums Zitadelle entsteht gerade unter den Händen von Heiner Altmeppen das Bild „Sternwarte in Pier“. Betrachtungen von Wolfgang Schneiders. Gezeigt wird es erstmals öffentlich am 9. September.

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Heiner Altmeppen bei der Arbeit: Foto: Marcell Perse
Heiner Altmeppen bei der Arbeit: Foto: Marcell Perse
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Eine Sternwarte in Pier? Überraschend und frag-würdig! – Der Blick zum nächtlichen Sternenhimmel von allen Menschen seit Urzeiten hat viele Gedanken, Fragen, Gefühle, Interpretationen und Mythen zur Folge. Diese schlugen sich nieder im Lebensgefühl, in persönlichen und politischen Entscheidungen, in religiösen Vorstellungen. Die Entwicklung des Fernrohrs ließ viele Fragen klären und andere Ansichten gewinnen, aber es kamen immer wieder neue Fragen hinzu. Der Sternenhimmel – unendliches Forschungsfeld und zugleich Projektionsfläche menschlicher Phantasie. Eine Sternwarte kann dafür Symbol sein, ihr Anblick eine Fülle von Gedanken und Gefühlen auslösen. Ob das die „Sternwarte in Pier“ in dem Gemälde von Heiner Altmeppen auch vermag? Oder ist sie hier nur noch ein Zerrbild dessen, was sie einmal war, zu einem Abrissobjekt degradiert wie alle Gebäude des Dorfes, einschließlich Schule, Kindergarten und Kirche, die dem Braunkohleabbau des Tagebaus Inden weichen mussten. Oder bietet dieses Gemälde in einem Kunstwerk verdichtete, kostbare Erinnerung an zerstörte, verlorene Heimat?

Der Maler Heiner Altmeppen war mehrfach in Jülich. Mit seinem Fotoapparat als „Skizzenbuch“ hat er über 1000 Motive festgehalten im Umfeld der Tagebaue Inden und Hambach. RWE Power hatte ihm eine intensive Besichtigung bis zur untersten Sohle im Tagebau Hambach ermöglicht. Aus allen Eindrücken hat er ausgewählt und zunächst 2013 zwei Kunstwerke geschaffen, fotorealistische Acryl-Gemälde, die aber keine Wiedergabe vorgefundener Fotomotive sind, sondern aus mehreren bearbeiteten Fotos entstandene Vorlagen für zwei detailreiche kleine Kompositionen: „Kleines Rasenstück bei Inden“ und „Tagesanbruch bei Weisweiler“, beide ausgestellt im Museum Zitadelle 2014 in „Landschaften in Bewegung“. Die Hintergründe der Entstehung und das gesamte Werk Altmeppens wurden im dazu erschienenen Katalog-Buch beschrieben, das zum Standardwerk über den Künstler avancierte.

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Die damals schon angedachte und als Fotomontage vorgestellte dritte Bildkomposition „Sternwarte in Pier“ wird vom Künstler im größeren Format 65×80 cm nun extra für das Museumsjubiläum 2018 gemalt, hat das Jülicher Museum doch mit seiner Schirmersammlung einen besonderen Bezug zum Thema Landschaftsveränderung. Auch dieses neue Gemälde ist eine Komposition. Zwischen einem leeren Wohnhaus und dem Gebäude der Sternwarte ist nur die obere Konstruktion eines eigentlich gigantischen Abbaubaggers zu sehen, der unterhalb der Abbaukante verdeckt bleibt – Andeutung als folgenschwere Aussage. Die Sternwarte in Pier war eine private Einrichtung des Dorfarztes hinter seinem Wohnhaus, das beim Besuch Altmeppens 2010 durch die ringsum abgerissenen Fassaden erstmals aus seinem unauffälligen Hinterhofdasein hervortrat. „Der Biss der Vanitas ist härter“, so kommentierte der Künstler beim Ausstellungsgespräch 2014 sein Bildprojekt, das schon Thema wurde in Brigitte Kronauers neuem Roman „Der Scheik von Aachen“ 2016.

Der Maler Heiner Altmeppen sieht sich in der Tradition der Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts.
Tatsächlich gibt es viele Parallelen, aber auch deutliche Unterschiede, denen man bei der Blickpunktausstellung im Pulvermagazin der Zitadelle nachspüren kann, wo Altmeppens Gemälde neben Werken des in Jülich geborenen Landschafters J.W. Schirmer und seiner Schüler ausgestellt sind. Ein herausragendes Merkmal von deren Arbeitsweise war das Anfertigen von Studien in der freien Natur mit hoher Detailtreue. Ihre Werke stehen im Denkmuster der Romantik und zeigen eine noch heile Welt. Wenn sich Altmeppen in dieser Tradition sieht, so trifft das zu auf seine fotografische Detailtreue und die Verdichtung zu Kompositionen. Bei seinen Motiven allerdings wählt er die Zustände unserer Zeit und auch das Eingreifen des Menschen in die Natur.
Heiner Altmeppen, geboren 1951 in Leer, besuchte nach dem Abitur die Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und studierte Philosophie an der Universität Hamburg. Schon früh bildete sich eine Neigung zur Richtung des Fotorealismus heraus. Der Entwurf zu seinem wohl berühmtesten Bild „Deutsche Landschaft“, 1994-1998, im Besitz Deutsche Bundesstiftung Umwelt Osnabrück wird Teil der neuen Präsentation in Jülich.


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