Mitte Juli. Das traditionelle Urlaubsziel in Spanien ist bei der Abreise „freigegeben“. Durch Ortskenntnis gestärkt sind alle überzeugt: Abstand, Hygiene, Einhaltung der gängigen deutschen Corona-Vorschriften – kein Problem. Wie der Jülicher Familie, die den Herzog auf die Problematik aufmerksam gemacht hat, dürfte es wohl noch anderen Reisenden in diesem Sommer gegangen sein und gehen. „Die Hotspots in Lleida und Barcelona waren bekannt, aber weit weg. So wie Gütersloh weit weg von Jülich ist“, schildert die Mutter die Situation. Alles traf zu, alles war unproblematisch: deutlich weniger Gäste als in den Vorjahren waren da, Strandbesuche entspannt, Maskenpflicht beim Einkauf wurde eingehalten. Und dann kam alles anders: „Zu Beginn unserer dritten Urlaubswoche erklärte Deutschland Katalonien zum Risikogebiet.“ Der Aufenthalt war bis zum morgigen Freitag geplant, Arbeits- und Schulstart stehen Anfang nächster Woche an. Was tun?
Dr. Norbert Schnitzler, Leiter des Kreis Dürener Gesundheitsamtes, zuckt hörbar die Schultern: „In diesen Zeiten sollte man seinen Urlaub nicht auf Kante nähen.“ Gemeint ist, dass Zeitfenster für Tests und Selbstquarantäne mit einberechnet werden müssen. Grundsätzlich gilt für Rückkehrer aus Risikogebieten eine Meldepflicht beim Gesundheitsamt. Seit heute sind hierzu ein Online-Formulare auf der Seite des Kreis Düren freigeschaltet. Ein Formular ist für Reiserückkehrer, das andere für Menschen, deren Handy auf die Corona-Warn-App reagiert hat. Die Befunde können hochgeladen werden. „Wir gucken sie uns immer sehr zeitnah an und wenn da etwas nicht in Ordnung ist – was eigentlich nie der Fall ist – würden wir uns melden“, erläutert der Mediziner das Verfahren.
Welche Länder als Risikogebiete gelten, steht auf einer Liste des Robert Koch-Instituts (RKI) – aus der EU sind derzeit Luxemburg und die die drei spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra auf der Liste. Gelistet werden Staaten, in denen es innerhalb der vergangenen Woche über 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gegeben hat.
Wer mit dem Flugzeug zurück kommt, der kann sich gleich am Flughafen testen lassen – ganz gleich, woher er kommt. Die Bilder der Schlangen in Flughäfen zur Testung sind medial bereits bekannt ebenso wie die „Trefferquote“ von 2,5 Prozent. „Ich kann wirklich nur dazu raten, das Angebot anzunehmen. Wir haben auch schon einige positive in den letzten Tagen, die aus einem Nicht-Risikogebiet kamen.“ Testen ließen sich meist Menschen, die auch Symptome hätten. „Die vielen, die keine Symptome haben, aber infiziert sind, bleiben unbemerkt“, gibt Dr. Schnitzler zu bedenken. Stand heute 17 Uhr meldet der Kreis Düren 85 Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, vier mehr als gestern. Von den vier neuen Fällen sind drei Reiserückkehrer.
Wer mit dem Auto verreist war, kann sich nach der Heimkehr an den Hausarzt wenden. Dieser kann den Abstrich vornehmen oder den Reiserückkehrer an das Abstrichzentrum der kassenärztlichen Vereinigung in Düren an der Nikolaus-Otto-Straße verweisen. Bis zum Folgetag ist das Ergebnis aller Regel nach da, sagt Dr. Schnitzler. Die Meldepflicht gilt natürlich auch hier. Die Kosten trägt nicht der „Patient“. Der Arzt beziehungsweise die kassenärztliche Vereinigung Nordrhein rechnet mit dem Land NRW ab. Das gilt allerdings nur für jene, die sich innerhalb von 72 Stunden nach der Rückkehr testen lassen. Hierbei spielt es übrigens keine Rolle, ob man aus einem Riskikogebiet kommt. Der Test ist für alle kostenlos.
Die Frist von 72 Stunden entlarvt der Mediziner einen Fehler im System: „Infektiologisch ist das ein ziemlicher Quatsch. Das negative Ergebnis ist nur eine Moment-Aufnahme.“ Wer beispielsweise 14 Tage in Spanien war und ein negatives Testergebnis erhalte, wisse nur, dass er sich in der ersten Woche nicht infiziert habe. Er kann sich aber sehr wohl in Woche 2 angesteckt haben, ohne es bei der Rückkehr zu wissen. Die Inkubationszeit beträgt erfahrungsgemäß von zwei Wochen. Streng genommen müsste man eine Woche nach der Rückkehr den Abstrich wiederholen, um sicher zu sein. „Das ist aber ein Test, den niemand bezahlt“. So will es die NRW-Verordnung. „Ich weiß nicht, wer das Land fachlich beraten hat“, sagt Dr. Schnitzler.
Möglich ist aber auch – wie die Jülicher Familie es praktiziert hat – den Test im Reiseland vornehmen zu lassen. Auf Nachfrage bei der deutschen Krankenkasse wurde mitgeteilt, dass der Abstrich in Spanien nicht bezahlt werden würde. „Das müsste das Gesundheitsamt machen“, erfuhr die Mutter. „Das Gesundheitsamt schmunzelte durchs Telefon und sagte, dass die Krankenkasse es zahle müsse. Wir werden sehen.“ Jedenfalls ist der erste Schritt zur gelungenen Rückreise getan: Die Ergebnisse liegen vor – alle sind mit Stand heute gesund – und der Test ist bei der Rückreise wie vorgeschrieben nicht älter als 48 Stunden – und noch 72 Stunden bis der Alltag wieder einkehrt.