Start featured „Eine feste Burg ist unser Gott“

„Eine feste Burg ist unser Gott“

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Foto: HERZOG
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Die Reformation im Herzogtum Jülich und ihre Folgen

In diesem Jahr begeht die Evangelische Kirche in Deutschland den 500. Jahrestag der Reformation. Vor 500 Jahren veröffentlichte Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen zum Ablasshandel. Die darin formulierte Kritik an der katholischen Kirche, vor allem aber am Papst in Rom, wurde zur Initialzündung für eine umfassende Reformation der christlichen Kirche. Dabei sollte man besser von Reformationen sprechen, denn neben der evangelisch-lutherischen Reformation gab es zahlreiche weitere Reformationsbewegungen, von denen sich vor allem der Calvinismus als zweite große reformatorische Kirche durchsetzen konnte.

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Die Kirchenspaltung, die neben den damit verbundenen theologischen Fragestellungen auch eine tiefreichende politische Dimension hatte, zerriss die europäische Christenheit und führte schließlich zu zahlreichen Kriegen, von denen der Dreißigjährige Krieg am nachhaltigsten im allgemeinen Bewusstsein geblieben ist. Er brach ein Jahr nach dem 100-jährigen Reformationsjubiläum aus, dessen Begehen das angespannte Verhältnis zwischen den konfessionellen Blöcken noch verstärkt hatte. Der Westfälische Frieden von 1648 ist ein Dokument des Sieges des Pragmatismus über religiös begründete Gegensätze. Auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation sollte nach 1648 kein Krieg mehr aus religiösen Gründen geführt werden.

Das 300-jährige Reformationsjubiläum 1817 fand schließlich unter ganz anderen Voraussetzungen statt. Gerade erst hatte sich Europa nach der französischen Revolution, den damit verbundenen Revolutionskriegen und der Ära der Hegemonie des französischen Kaisers Napoleons eine neue Friedensordnung gegeben. In Preußen rief König Friedrich Wilhelm III., selber der reformierten Kirche zugehörig, zur Union der protestantischen Kirchen auf. Die Kirchenunion in Preußen schlug ein neues Kapitel in der Geschichte der evangelischen Kirche auf. Nicht überall wurde dem Wunsch nach einer Kirchenunion mit ungeteilter Begeisterung begegnet. Das galt vor allem für das Gebiet der später sogenannten Preußischen Rheinprovinz, von denen große Teile erst seit 1815 der preußischen Herrschaft unterstanden.

Das Rheinland bildete ein gemischtkonfessionelles Gebiet, wobei im Bereich des ehemaligen Herzogtums Jülich die Mitglieder der protestantischen Kirchen die Minderheit bildeten. Die evangelisch-lutherische und die reformierte Gemeinde in der Stadt Jülich waren beide im Jahr 1610 entstanden, als infolge des jülich-klevischen Erbfolgestreits Truppen der niederländischen Generalstaaten die Festungsstadt in einer spektakulären Belagerung eingenommen hatten. Einzelne Protestanten hatten aber schon davor in Jülich gelebt. Das Nebeneinander der römisch-katholischen Kirche und der evangelischen Kirchen war das Ergebnis einer ganz spezifischen Religionspolitik der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg. Diese verfolgten nämlich nach 1521 eine ganz eigenständige Agenda, die einer auf Ausgleich bedachten Haltung gegenüber der Konfessionsfrage entsprang.

Die Herzöge Johann III. und Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg versuchten mit eigenen Kirchenordnungen und Edikten ein landesherrliches Kirchenregiment aufzubauen, das sich durchaus evangelisch-lutherischen Positionen annäherte zugleich aber den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche und dem Papst in Rom vermied. Diese schon von den Zeitgenossen als unentschieden wahrgenommene Haltung wertete den inneren Frieden im Territorium höher, als den Zwang zu einer einheitlichen konfessionellen Zuordnung der Untertanen. Es würde hier zu weit führen, dieses Thema näher auszuführen, es ist aber grundlegend für die späteren Entwicklungen, vor allem im Hinblick darauf, dass die wichtige Regelung des Augsburger Religionsfriedens von 1555 („Cuius regio, eius religio“ / „Wessen Gebiet, dessen Religion“) in den Vereinigten Herzogtümern Jülich-Kleve-Berg nicht angewendet wurde. Dies fand seine Fortsetzung in den „Zusicherungen“ zum Vertrag von Dortmund vom Juni 1609, in denen die Fürsten von Brandenburg und Pfalz Neuburg, die sich nach dem Tod des letzten Herzogs von Jülich-Kleve-Berg als neue Landesherren etablieren wollten, den Untertanen die weitgehend freie Religionsausübung bestätigten.

Dadurch existierten noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den ehemaligen Gebieten der Herzogtümer evangelisch-lutherische und reformierte Gemeinden nebeneinander. Die vom preußischen König angestoßene Union verlief beispielsweise in der Stadt Jülich alles andere als geradlinig. Sie kam erst im Jahr 1857 zustande, 50 Jahre nachdem der preußische König zu ihr aufgerufen hatte!

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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