Start Magazin Geschichte/n Der Hexenturm als Heimatmuseum

Der Hexenturm als Heimatmuseum

108
0
TEILEN
Heimatmuseum Hexenturm | Foto: HERZOG
- Anzeige -

Wir schreiben das Jahr 1934. Versonnen blickt der Jülicher Museumsleiter Max Hermkes auf eine Holzskulptur der hl. Ursula. Die Fensternische, in der die Skulptur steht, findet man heute noch an der Westseite im 1. Obergeschoss des Hexenturmes. Der Hexenturm – richtigerweise ob seiner Funktion Rurtor genannt und tatsächlich aus zwei Türmen sowie dem Torhaus bestehend, und nicht aus einem Turm – stammt aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts. Seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde das Gebäude als Gefängnis für das in Jülich ansässige Haupt- und Kriminalgericht genutzt. Die volkstümliche Bezeichnung „Hexenturm“ lässt sich übrigens erst im 18. Jahrhundert nachweisen.

Seit dem Jahr 1899 wurde der Hexenturm nicht mehr als Gefängnis genutzt. In der Wilhelmstraße war ein Gerichtsgebäude entstanden, das auch über entsprechende Zellen verfügte. Auf Initiative des Kaufmanns und 2. Beigeordneten der Stadt, Peter Linnartz (1854-1918), machte man sich daran, den Hexenturm zu restaurieren und dort ein Heimatmuseum einzurichten. Dieses wurde am 8. August 1902 eröffnet. Der Erste Weltkrieg verhinderte jedoch eine dauerhafte gedeihliche Entwicklung; das Museum wurde vorläufig geschlossen. 1923 fand schließlich die Wiedereröffnung statt. Mit dem Teppich- und Tapetenhändler Max Hermkes (1858-1940) hatte man einen engagierten ehrenamtlichen neuen Museumsleiter gefunden, der mit großem Enthusiasmus, aber wenig fachlichem Hintergrund seine Aufgabe wahrnahm. Hermkes, der bis zu seinem Tod 1940, das Museum leitete, pflegte einen sehr emotionalisierenden Zugang zur Heimatgeschichte. So nimmt es auch nicht weiter Wunder, dass er es mit der Datierung der Museumsobjekte nicht so genau nahm. Die von ihm auf dem Foto bewunderte Skupltur gehörte zu einer Schenkung des Geistlichen, Lehrers und Schriftstellers Wilhelm Baron von Capitaine aus dem Jahr 1929. Bis 1887 hatte sie sich in der Pfarrkirche in Inden-Pier befunden und war dann – zusammen mit weiteren Skulpturen – in den Besitz des späteren Schenkers gekommen. In einem Rundfunkbeitrag konnte Max Hermkes am 8. September 1934 die Skulpturen, darunter die der hl. Ursula, vorstellen. Darin datierte er die Skulpturen der Schenkung allesamt in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, also in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts. Tatsächlich stammt sie jedoch aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

- Anzeige -

Mit dem Bombenangriff auf Jülich vom 16. November 1944 und dem nachfolgenden wochenlangen Artilleriebeschuss ging das städtische Heimatmuseum im Hexenturm unter. Durch Zerstörung und Plünderung wurde der ehemalige Bestand des Museums deutlich dezimiert, die hl. Ursula überdauerte aber, wenn auch beschädigt, die Zeitläufte und befindet sich noch heute im Besitz des Museums, wo sie in der Abteilung „Alterthümer“ in der Zitadelle ausgestellt ist.

 

TEILEN
Vorheriger ArtikelDas Schicksal des Künstlers
Nächster ArtikelBücher für die Inspiration
Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here