Schon als Kind interessierte sich Angela Baillou, geborene Freiin von Mylius, für Kunst. Das jüngste von sechs Kindern, aufgewachsen auf Gut Linzenich in Jülich, beeindruckte mit ihrem Fachwissen bereits in jungen Jahren, damals hatte sie den Bildband „Die berühmtesten Gemälde der Welt“ auswendig gelernt. Bei der Einschulung ins Gymnasium konnte sie mit diesen Kenntnissen auftrumpfen. Die Direktorin glaubte, ein wahres Wunderkind vor sich zu haben, als Baillou das Faksimile Gemälde an der Wand als „ 3 Mädchen auf der Brücke von Edward Munch“ identifizierte. Auch wenn sich diese Einstellung der Direktorin später schnell relativierte, blieb der Schülerin die Faszination an der Kunst.
Angela Baillou, heute Christie’s Geschäftsführerin für Österreich, ist ein Paradebeispiel für die rührige, in der „Gesellschaft“ ebenso wie in der Kunstszene fest verankerte Dame. Wie ein roter Faden zieht sich die Arbeit bei Auktionshäusern durch die Karriere der gebürtigen Rheinländerin, die bereits als Schülerin erste Erfahrungen sammelte und für ein internationales Auktionshaus in Frankfurt jobbte. Um Kunstgeschichte zu studieren, ist die heute 44-Jährige nach dem Abitur 1988 nach Wien gegangen. Während eines Austauschsemesters in Hamburg machte Baillou dann die erste Begegnung als Praktikantin mit Christie‘s selber. Dem traditionsreichen Haus mit Hauptsitz in London, das sich mit der Versteigerung von Kunst- und Sammelgebieten in über 80 Bereichen befasst und jährlich weltweit 600 Auktionen abhält, blieb sie bis heute treu.
„Diskretion ist in dieser Branche alles“, betont Angela Baillou, die ihr vielfältiges Wissen um den Background ihrer Klientel niemals preisgeben würde. Dabei ist es gleich, ob es sich um potentielle Verkäufer handelt, die nicht in den Ruf kommen wollen, etwas verkaufen zu müssen, oder um potentielle Käufer, die nicht für wohlhabend gehalten werden wollen. „Gerade weil Österreich ein kleines Land ist, macht alles noch viel schneller die Runde als etwa in Deutschland“, erklärt die 44-jährige gebürtige Kölnerin, „und durch einen dummen Fehler kann man sich zu viel verscherzen.“
Diese „100% Diskretion“ verlangt Angela Baillou auch von ihrem kleinen Team von Mitarbeiterinnen. Die Kunden bringen uns großes Vertrauen entgegen, das wir nicht enttäuschen dürfen.“
Der Umgang mit ihren Kunden ist es auch, der Angela Baillou den größten Spaß an ihrer Arbeit macht. „Menschen und der Trieb warum sie sammeln, haben mich schon immer ein wenig mehr interessiert als die Kunstwerke selber“, gibt sie unumwunden zu; das sei aber nicht der Grund, weshalb ihr Studium der Kunstgeschichte unvollendet geblieben sei: „Ich habe bereits während des Studiums in Wien und Hamburg angefangen, als Praktikantin erst für Sotheby’s und dann für Christie‘s zu arbeiten. So habe ich den Job von der Pike auf gelernt. Ich konnte jahrelang zuhören und zusehen, wie man mit Kunden umgeht und wo vielleicht Schwachpunkte sind. Und ich weiß, wie es vor 25 Jahren war, vor emails und Internet“, schildert sie die Vorteile ihrer On-the-Job-Ausbildung. Als man ihr dann 1995 die Stellung als Administrator in Wien anbot, habe sie zugegriffen. Trotzdem ärgert sie sich bis heute, ihr Studium nicht abgeschlossen zu haben, auch wenn es viele Aspekte ihres Berufsalltags gibt, auf die kein Studium der Welt sie vorbereiten könnte. Von Österreichs Hauptstadt aus betreut sie heute private und institutionelle Kunden, sowie Händler in Österreich und den darum herum liegenden osteuropäischen Ländern. Christie’s Wien versteht sich als Repräsentanz- büro, die Auktionen selber finden u.a. in London, New York, Paris, Amsterdam, Genf und Hong Kong statt.
Als Geschäftsführerin ist Baillou dafür verantwortlich den vom Headquarter in London vorgegebenen Umsatz für Einlieferungen aus und Käufe nach Österreich zu erwirtschaften. Manchmal nicht leicht. „Wenn jemand zur Tür hereinkommt, muss ich in zwei Sekunden abschätzen können, ob die „Omma“ wichtig ist oder nicht“, erklärt sie, bei der man die Rheinländerin nur noch bei Worten wie „Omma“ heraushört. „Oft sind die Dinge nicht, was sie zu sein scheinen: Manche Kunden sehen aus, als müssten sie jeden Cent dreimal umdrehen, und stellen sich später als sehr wohlhabend oder gar als große Sammler heraus.“ Aber weit häufiger sei leider, dass die Kunden in der festen Überzeugung kämen, „einen unbekannten Rembrandt oder verschollenen Gustav Klimt‘ zu besitzen, der sich dann fast immer als doch nicht so meisterliches Werk von entsprechend minderem Wert entpuppe. „Da muss ich mir schon überlegen: Wo stecke ich meine Energie rein? Ist es kommerziell umsetzbar? Will sich der Kunde überhaupt von dem Stück trennen?“
Sitzt Baillou dann mit einem Kunden in ihrem Altbaubüro mitten in der Wiener Innenstadt, versucht sie, sich voll auf seine Bedürfnisse einzustellen. „Manche wollen zum Essen in Luxusrestaurants geführt werden, und andere muss ich fast durch die Hintertür rauslassen, weil sie so bescheiden sind.“
Ihre direkte Art, ihr sachlicher Ton, ihre klare Sprache kommen bei beiden Kundentypen gut an, obwohl sie es wegen ihres Deutschtums „am Anfang etwas schwerer gehabt“ habe.
Kunst ist, so sagen viele, ein probates Mittel, Geld anzulegen und es zu vermehren, wenngleich Letzteres eher eine Frage der Geduld ist. Doch worauf müssen Interessierte achten, wenn sie Kunst als Wertanlage kaufen wollen? Einfache Grundregeln, wie immer nur das Beste aus der gefragtesten Periode eines namenhaften Künstlers zu kaufen, auf Erhaltungszustand, Marktfrische und Provenienz zu schauen, sollte jeder Käufer beachten. Aber das sich hartnäckig haltende Gerücht gerade im Bereich der Gegenwartskunst, Kunst würde nur rein spekulativ gekauft, stimmt nicht. „Die größten Investments kommen da raus, wo Kunden aus Zuneigung Kunst kaufen“, sagt Angela Baillou von Christie‘s. Wer mit Kunst nichts am Hut hat, ist auf Beratung von Galeristen, Kunst- und Antiquitätenhändlern oder eben Auktionshäusern angewiesen. Wen Frau Baillou alles in Österreich berät, um auf der internationalen Kunstplattform mitspielen können, fällt leider auch unter die Kategorie Diskretion – bleibt daher ein Geheimnis.