Start Kreis Düren „Zu schnell geschossen“

„Zu schnell geschossen“

Ein vom Kreis Düren in Auftrag gebenes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass "die Verfügung zur Bestellung des Beauftragten zur Wahrnehmung der Aufgaben des Landrates rechtswidrig sein dürfte".

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Wolfgang Spelthahn. Foto: Dorothée Schenk
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Am 8. November 2024 hat die Bezirksregierung Köln den damaligen Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn vorläufig seines Dienstes enthoben. Am gleichen Tag wurde ein Beauftragter bestellt, wie es im Amtsdeutsch heißt, und zwar vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen. Dieser solle alle Aufgaben des bisherigen Landrates übernehmen, so lange bis entweder ein neuer gewählt oder der bisherige Amtsinhaber seinen Dienst wiederaufnehmen darf.

Nach einem Gutachten steht nun die Frage im Raum: Darf der Beauftragte tatsächlich alle Aufgaben des Landrates wahrnehmen? Und: Ist die Bestellung eines Beauftragten überhaupt rechtlich notwendig und rechtskonform vonstatten gegangen? Das zumindest scheint sich der Kreistag gefragt zu haben und hat Anfang Dezember des letzten Jahres nicht nur Klage eingereicht sondern auch ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses liegt nun vor. Die Bestellung eines Beauftragten ist ein tiefer Eingriff und damit quasi das „schärfste Mittel“ das einer Aufsichtsbehörde zur Verfügung steht, stellt Gutachter Dr. Philipp Bender als Mitarbeiter der beaufragten Kanzlei Redeker Sellner Dahs gleich eingangs fest. „Sehr eng“ gefasst sind folglich die Voraussetzungen für eine solche Beuaftragung. Ungewöhnlich ist der Vorgang obendrein, da üblicherweise eine Kommune um Beauftragung bittet und nicht ungefragt mit ihr konfrontiert wird. Eine Anhörung sei deshalb eigentlich zwingend gewesen, folgert der Gutachter. Gegeben hat es sie gleichwohl nicht. Rechtswidrig ist dieser faux pas allerdings wohl nicht. Theoretisch könne dieser Fehler auch „geheilt“ werden, in dem man die Anhörung nachhole, so das Gutachten.

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Anders sieht es aus, wirft man einen Blick auf die sogenannten kommunale Selbstverwaltungsgarantie, welche die Personalhoheit einschließt, sprich das Recht des Kreises, das eigene Personal zu ernennen, entlassen oder auch zu ersetzen. Entscheidet sich eine Aufsichtsbehörde wie die Bezirksregierung, in die Selbstverwaltung einzugreifen, so darf sie das, muss sich aber an gewisse Vorgaben halten. „Wegen der mit der Bestellung eines Beauftragten verbundenen Schwere des Eingriffs in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ist die Beauftragung auf das unbedingt nötige Maß zu beschränken – und zwar sowohl in zeitlicher wie auch in sachlicher Hinsicht.“ Außerdem müsse die Kommunalaufsicht fortlaufend prüfen, ob nicht andere Maßnahmen ausreichten. Weder das eine noch das andere sei passiert, damit habe die Behörde ihre Befugnisse überschritten.

Folglich, so stellt es der Gutachter zusammenfassend klar, ist „der Kreis in seinem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt“ worden und die Bestellung des Beauftragten „ermessensfehlerhaft“ und im Endeffekt „unverhältnismäßig“. Oder, vereinfacht gesagt, die Entscheidung der Behörde sei ein „Schnellschuss“ und mit den bisherigen Begründungen wie etwa „Gefahr im Verzug“ und dem Verweis auf das „öffentliche Interesse eine Führungslosig- und damit Handlungsunfähigkeit des Kreises“ vermeiden zu wollen, nicht haltbar.

Schlussendlich empfiehlt das Gutachten dem Kreis die bereits eingereichte Klage vor dem Verwaltungsgericht aufrecht zu halten, um eine „grundlegende rechtliche Klärung“ zu erreichen – die Erfolgsaussichten seien gegeben, so Philipp Bender.


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