Start Hintergrund „Es hat sich etwas verändert“

„Es hat sich etwas verändert“

Auszug aus der Rede von Bürgermeister Axel Fuchs anlässlich der Verleihung der Jülicher Klippe 2019. Nach seiner Würdigung der Preisträger "Team Heiligabend für Alleinestehende" sprach er über die politischen Veränderungen in Deutschland.

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Bürgermeister Axel Fuchs bei der Ansprache zur Verleihung der Klippe 2019. Foto: Arne Schenk
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Es hat sich etwas verändert.
(…)
Die SPD ist, das wissen wir alle, wohl die wichtigste Partei für die Demokratisierung unseres Landes, von Deutschland. Gehen wir mal 40 Jahre zurück. Aus Parteiensicht war die Welt noch in Ordnung.

Mein Vater kam vom Dienst und hatte die Gewohnheit, alle Nachrichten zu gucken. Weil ich Nachrichten als 6-, 7-, 8-, 9-, 10-jähriger genauso interessant fand, kann ich mich gut daran erinnern, dass unsere Parteienwelt, vor allem aus unserer Sicht, in Ordnung war. Was war denn in den 1970er Jahren? Was die CDU und SPD anbelangt kam es ja nur darauf an, welche Zahl kommt hinter dem Komma.

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Die erste Veränderung (…) war 1983. (…) Die Grünen waren in den Bundestag einzogen.
Dann kam die nächste Veränderung durch die Wende (…) die PDS zog in den Bundestag ein.
Was wir jetzt erleben, das macht uns doch sicherlich Allen Sorgen.

Wir reden immer noch von den Volksparteien und ich glaube auch, dass wir davon weiter reden sollten. Die SPD ist eine Volkspartei – genau so wie die CDU.
Aber was hat sich verändert? Jetzt kommt auf einmal eine Gruppierung, die dreht alles auf (…) „rechts“. Jetzt müssen wir uns die Frage stellen: Was ist denn eigentlich passiert, (…) dass dieses Viertel an Menschen diese Partei wählt. Wo können die Gründe liegen? (…)

Die Arbeit, zum Beispiel auch der großen Koalition, ist eigentlich gut. Man darf nicht immer alles schlechtreden. Auch die SPD geführten Ressorts machen eine gute Arbeit. Was aber beide Volksparteien schlecht machen ist: Über ihre gute Arbeit wird nicht geredet – aber über sich selbst. Kaum wird einer zur Vorsitzenden oder zum Vorsitzenden gewählt, geht es aus dem eigenen Kreis daran, diese Person schon wieder schlecht zu reden. Das kommt bei den Menschen nicht gut an.

Darum müssen wir uns, glaube ich, neu aufstellen. Auch in der Frage, wie wir miteinander umgehen – auch innerhalb einer Partei. Sie können jetzt sagen: Was redet er eigentlich, er ist doch parteilos. Aber ich bin ein Freund des Parteiensystems.

Die SPD Jülich muss ich mal ganz besonders loben für ihren Mut. Denn vor ein paar Monaten hat die SPD Jülich genau zu diesem Thema – das Phänomen der AfD – Stellung bezogen in einer Kolumne des Herzogs. Sie hat gesagt: Diese Partei ist selbstverständlich unwählbar. Aber wir dürfen nicht diejenigen vergraulen, die aus welchen Gründen auch immer diese Partei gewählt haben. Unsere Aufgabe muss es sein, diese Menschen wieder zurück zu holen.

Ich habe mir nach den beiden letzten Landtagswahlen Anne Will angeguckt. Da sitzen Vertreter aller Parteien – auch der AfD. Der freut sich, wenn er da sitzt, wenn zum Beispiel die Vertreterin der SPD sagt: „75 Prozent haben demokratisch gewählt.“ Das ist eine falsche Aussage. Demokratisch gewählt haben 100 Prozent. Wir müssen nur dafür sorgen, dass die 25 Prozent eine andere Partei wählen. Denn in dem Moment, wo wir diese Menschen in ein so undemokratisches Spektrum drängen, bekommen wir sie nicht mehr heraus. Wir müssen darin dringend umdenken. Und ich fand das sehr mutig, dass die SPD Jülich das genau so benannt hat.

Ich nenne das immer die „Trillerpfeifen-Demokratie“. Wenn vor Monaten die AfD auch bei uns in der Region Veranstaltungen durchgeführt hat, dann sind wir – und da gehöre ich auch zu, das haben wir alle irgendwie im Blut – dahin gegangen mit Trillerpfeifen. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Ich glaube, wir sollten die ungestört tagen lassen und einfach mal reingehen und zuhören, was sie für einen Unsinn erzählen. Das ist glaube ich, der bessere Weg. Wir müssen sie mit unseren demokratischen Strukturen anpacken und nicht mehr der Trillerpfeifen-Demokratie. Denn mit dieser Trillerpfeifen-Demokratie haben wir in der Vergangenheit übrigens auch sehr schlechte Erfahrungen gemacht.


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