Was für schräge Typen und einmal mehr grandios in Szene gesetzt. Zum zweiten Mal seit 2018 ist das Publikum des Ensembles TheaterLust im Andreashaus zu Gast im Monument-Haus der Familie Henks. Hier tut sich die Vermutung auf, dass dies die bloße Abkürzung für „Henker“ ist, denn die Leidenschaft der sechsköpfigen Familie ist mörderisch. Die Geschichte ist schnell erzählt: Widerlich reicher Despot stirbt, hinterlässt Haus, Hof und Familie. Es ist der Tag der Testamentsverkündigung. Die Anwältin kündigt dafür zwei unerwartete Erbnehmer an.
Im neuen Stück „Schau nicht unters Rosenbeet“ macht das Ensemble seinem selbstgewählten Namen wieder Ehre. Als Comedy-Thriller von Norman Robbins auf dem Programmblatt ist es angekündigt, aber es ist vielmehr eine Groteske. Sie erwächst aus dem Personal, das so wahrhaftig scheint, weil man es sich einfach nicht ohne absolute Übertreibung ausdenken kann. Da gibt es Markus, den poetischen Cäsar mit dem Steckenpferd, das Hans-Dieter Emunds perfekte reitet. Seine Schwestern sind die ängstliche Giftpanscherin Dora, in Szene gesetzt von Andrea Heinrichs, deren Opfer wohl eher aus Unachtsamkeit sterben, die laszive männermordende Loretta alias Anna Geiger, und die exzentrisch und überkandidelteSeniorin des Haushaltes und Tierforscherin Abigail von Petra Brandt gespielt. Das Quintett vervollständigt Hector, in dessen Rolle Markus Heinrichs schlüpft. Er scheint inzwischen im Ensemble gebucht auf die exzaltierten und irren, die er großartig beherrscht. Im Erscheinungsbild wie ein junger Graf Dracula in lila (etwas zu groß geratenem) Schwalbenschwanz und in der Mimik wie August Mad eye Moody – Harry Potter Fans wissen, was gemeint ist. Rollende Augen, verzerrte Miene – das sorgt bis zur letzten Reihe für Gruseleffekte. Eher für Lacher als Gänsehaut sorgt Oliver, der letzte Sohn, der seine Auftritte lediglich durch Wolfsgeheul hat.
Beim Fernsehen würde man sagen: Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind Großartig gecastet. Hier geht das Kompliment an Regisseurin Heike Hilgers gehen, die ein Händchen dafür hat, die einzelnen Charaktere treffsicher zu besetzen. Das trifft auf Schwester Emilia zu, die treusorgende Verteidigerin von Cäsar Markus, die zuweilen herrlich zickig sein kann. Ebenso auf die Anwältin im Business-Dress alias Rita Hamacher, die „auf den Wellen ihrer Wichtigkeit davonsegelt“, wie es Hector formuliert. Gilf aber gleichermaßen für die Autorin Mary Ash (Sandra Mertens) samt Sekretär Edgar Potter (Julian Schmitz). Eine besondere Rolle hat die Regisseurin für sich selbst aufgespart: Hausdame und Köchin Agatha. Der leicht russische Akzent, die Verschwörungsblicke und der Anschein des Mehr-Wissens-als-Sagens mit dem Hackebeil in der Hand gelingt ihr mühelos und macht sie zu einem Star des Abends.
Wortspielspaß gehört als Ensemblemitglied zur Theaterlust. Natürlich fehlte auch die lokale Anspielung nicht: Der Vater der Autorin Ash ist Bürgermeister und „ein richtiger Fuchs“. Wer hätte es gedacht?
Nicht unerwähnt bleiben sollen sicher die Premieren-Ensemblemitglieder: Souffleurin Stefanie Erkens, die an diesem Abend das eine oder andere Mal zum Einsatz kam, und Requisiteurin Claudia Seibert, die das Ensemble gekonnt ausstattete.
Mitraten ist möglich, aber eher wie beim Krimiklassiker der gleichen Art „Eine Leiche zum Dessert“ von Neil Simon. Auch hier steht ein eher toter Gastgeber im Mittelpunkt. Ein Finale mit Überraschungseffekt ist garantiert. Restkarten gibt es allerdings nur noch für die Vorstellung am kommenden Samstag. Alle übrigen Aufführungen sind restlos ausverkauft. Tickets gibt es für 8 Euro bei Mary Plum, Paffenlicher Weg 18, Tel. 02461 / 51959. Ach ja: und Sitzfleisch mitbringen: Die Aufführung dauert 180 Minuten – mit einer Pause nach 90 Minuten.