Vorab: Es war wieder ein gelungener Kunsthandwerkerinnen-Markt. Auch von einigen Regenschauern, die offenbar ebenfalls zum festen Programm gehören, haben sich die Gäste nicht abhalten lassen. Zwei Tage lang haben 252 Stände Besucherscharen angelockt. Die Händlerinnen seien sehr zufrieden mit geführten Gesprächen und den Geschäften gewesen. Das sagt Julia Huneke, die nach eigenem Bekenntnis an den Veranstaltungstagen fast alle Ausstellerinnen besucht und sich so ein eigenes Bild machen kann. „Zum ersten Mal hat es gar keine Kritik gegeben“, berichtet sie lachend. Das Amt für Stadtmarketing als städtische Veranstalterin habe die Anregungen vonseiten der Besucherschar wie den Ausstellenden immer ernst genommen und darum sowohl für eine Entzerrung der Aufbauzeiten als auch Verbesserung der Toilettensituation gesorgt.
Dennoch habe es im Vorfeld wieder einige Hindernis zu überwinden gegeben. Auch nach 30 Jahren ist der Kunsthandwerkerinnen-Markt noch kein Selbstläufer, sagt Julia Huneke. „Es vergeht kein Jahr ohne Herausforderung.“ In diesem Jahr war es ein neues Brandschutzkonzept, das eine eigene Brandsicherheitswache erforderte, die es zu organisieren galt. 2023 waren alle Ausstellerinnen gefordert, ihren eigenen Feuerlöscher am Stand vorzuhalten. Seit einigen Jahren muss der Nachweis erbracht werden, dass das zur Verfügung gestellte Wasser Trinkwasserqualität hat. Mit der Ausweitung des Marktes auf zwei Tage war es nötig, einen Sicherheitsdienst zu beschäftigen. Nicht zu reden von dem Sturm 2014 zu Pfingsten, fünf Tage vor dem Kunsthandwerkerinnen-Markt: „Wir hatten nur vier Tage, um den Schlossplatz wieder auf Vordermann zu bringen“, erinnert sich Julia Huneke. Um 16.15 Uhr am Freitag kam dann die erlösende Nachricht durch den Bauhof: Jeder Baum sei überprüft. Der Platz sei freigegeben.
Besonders in Erinnerung geblieben ist Julia Huneke ein Gespräch mit einer Kunsthandwerkerin, die auf sie zukam und erzählte: „,Ich konnte aus meinem Hobby einen Beruf machen.‘ Zu wissen, wir können wirklich etwas bewirken, ist ein gutes Gefühl.“ Eine weitere Erfolgsmeldung war, dass eine Händlerin auf dem Markt einen Kooperationspartner in Jülich gefunden hat, der ihren Schmuck anbieten wird. „Das ist das Ziel des Kunsthandwerkerinnen-Marktes“, betont Huneke, „die Frauen in Lohn und Brot zu bringen oder ihnen ein zweites Standbein zu verschaffen.“
Mit dieser Intension sind die Initiatorinnen Brigitte Habig und Katarina Esser vor 30 Jahren bereits angetreten. Geschätzt 6000 Kunsthandwerkerinnen haben seither ihr Können in Jülich präsentiert. Wer regelmäßiger Besucher des Marktes ist, bekommt den Eindruck, dass es wenige „Neue“ und viele „Bewährte“ gibt, die sie antreffen – und zwar an angestammten Plätzen auf der Marktfläche. Etwa 10 bis 15 Prozent der Ausstellerinnen, berichtet Julia Huneke, würden jedes Jahr ausgetauscht und neue hinzukommen. Wenn die Premierenbeschicker bei der „Begehung“ positiv bewertet werden, haben sie etwa fünf Jahre eine – kurz formuliert – Bestandsgarantie. Der Grund: „Im ersten Jahr verkaufen sie kaum etwas. Im 2. Jahr nimmt der Verkauf zu und im fünften Jahr haben sie eine Stammkundschaft.“ Soweit die Erfahrungswerte von Julia Huneke. Die „Wiederholerinnen“, die ins Auge fallen, nennt Huneke „Leuchttürme“. „Diese Kunsthandwerkerinnen werden vermisst, wenn sie nicht da sind“, wie Nachfragen am Info-Stand zeigen würden.
24 verschiedene Gewerke mit 21 Spezifizierungen sind auf dem Markt zu sehen. Beispiel: Heimtextilien unterteilen sich etwa in Patchwork, Häkelarbeiten und Blaudruck. Schmuck gibt es aus recycelten Schläuchen, Kaffeekapseln, Glasperlen und natürlich Gold und Silber. Und auch wenn der geneigte Besucher meint, er habe die Tasche, das Schmuckstück oder die Keramikarbeit doch schon an anderer Stelle auf dem Markt gesehen, sagt Julia Huneke: „Wer genau hinschaut, der sieht die Unterschiede in Machart und Stil.“
Die „grüne Ecke“ entlang der Kölnstraße ist ein eigenes Gewerk. Hier wird vor allem „essbares“ und „Hygiene“ – also Seifen und ähnliches – angeboten, das in Handarbeit erstellt werde. Dass Pflanzen verkauft würden – übrigens mindestens seit 2007, wie Julia Huneke sagt – wäre der Nachfrage geschuldet.
Apropos Nachfrage: In den Anfängen waren Männer hinter der „Theke“ an den Verkaufsständen verpönt. Inzwischen gehören sie einfach dazu – manches Mal findet sich sogar „nur“ ein Mann als „Standwache“. Heißt es nur noch Kunsthandwerkerinnen-Markt, ist aber in Wahrheit ein Kunsthandwerk-Markt geworden? Dem widerspricht Julia Huneke deutlich: „Wir prüfen immer nach, wer das Gewerk ausübt und wer das Business betreibt.“ Oberste Auflage: Was in der Auslage liegt, muss von Frauen gemacht sein. Aber es habe sich viel getan in den vergangenen 30 Jahren – nicht nur in Fragen der Gleichberechtigung. Inzwischen würden viele Männer ihre Frauen in ihrem Geschäft unterstützen. Das gelte vor allem, wenn die Frauen erfolgreich seien und der Betrieb sich vergrößere. Gut zu beobachten sei über die Jahre, wie viele Frauen sich „professionalisieren“ und oft auch mehr und mehr ihren eigenen Stil fänden. Und ja, Männer würden die Frauen auch alleine am Stand vertreten, wenn die Frauen etwa einmal selbst über den Markt gehen wollten oder menschliche Bedürfnisse wie Hunger oder Notdurft ihre Abwesenheit erforderten.
„Der Kunsthandwerkerinnen-Markt ist mehr ein Event geworden“, räumt Julia Huneke ein. Zu einem äußerst erfolgreichem eben und damit hat er mehr Funktionen als die, eine Wirtschaftsförderung für Frauen zu sein, wie es die ursprüngliche Idee war. „Der Markt ist ein Stadtmarketing-Faktor und trägt zur Belebung der Innenstadt bei.“ Das wird auch 2025 wieder so sein. Einzige Änderung, die jetzt schon feststeht: Die Standgelder, die in den vergangenen acht Jahren unverändert angesetzt worden sind, werden erhöht. Das wissen die Beschickerinnen allerdings schon und Julia Huneke sagt: „Dafür haben alle Verständnis.“
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Fotos: Volker Goebels
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