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Von Klütten, Knollen und Personenverkehr

Ein Rückblick auf 110 Jahre Jülicher Kreisbahn von Gastautor Florian Holländer

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Der erste Zug gen Jülich 1950.
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Hier und da kann man sie noch erkennen, die Überbleibsel dessen, wo vor vielen Jahren „Klüttepüff“ und „Heggeströfer“ zuhause waren. Die Rede ist von den verlassenen Schienensträngen der Jülicher Kreisbahn. Diese kleine Bahn fuhr ab dem 1. Juli 1911 an zwischen Kirchberg und dem kleinen Dörfchen Puffendorf bei Geilenkirchen und ab dem 14. September 1912 auch bis nach Jülich.

Nachdem Jülich bereits 1873 an die Hauptbahn angeschlossen worden war, entstanden im Jahre 1901 auf Bestreben der Firma Schleipen & Erkens in Koslar und des Kreises Jülich Überlegungen, eine Kleinbahn für den Kreis Jülich zu bauen. Anfänglich sollte die Strecke der Jülicher Kreisbahn sogar noch über Jülich hinaus bis nach Elsdorf gebaut werden. Da der Abschnitt Jülich – Elsdorf 1904 vonseiten des Ministeriums aufgrund großer Wichtigkeit von der Staatsbahn gebaut werden sollte, kam der Kreis hier nicht zum Zug.

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Bis zum Bau der Kreisbahn sollten allerdings noch einige Jahre vergehen. Im Frühjahr 1908 wurde die Firma Lenz & Co. mit dem Bau der Bahnstrecke beauftragt. 1910 begannen die Bauarbeiten. Der Bau des letzten Abschnitts von Kirchberg bis Jülich würde sich durch einen aufwendigen Brückenbau über die Rur allerdings noch etwas hinziehen, wodurch 1911 zunächst die Eröffnung der Strecke von Kirchberg bis Puffendorf ohne große Feierlichkeiten stattfand. Der Kreisbahnhof in Jülich, früher offiziell als Jülich-Nord bezeichnet, wurde an der Adolf-Fischer-Straße 150 Meter westlich des Staatsbahnhofes errichtet. Im September 1912 erfolgte dann die offizielle Eröffnung der Jülicher Kreisbahn mit einem festlich geschmückten Sonderzug.

Lageplan des Kirchberger Kreisbahnhofs mit Staatsbahn.

Neben dem Personentransport diente die Kreisbahn natürlich auch verstärkt dem Transport von Zuckerrüben zur Zuckerfabrik Jülich. Anfänglich befand sich an der Endstation in Puffendorf eine Umlademöglichkeit für Güter der schmalspurigen Geilenkirchener Kreisbahn. Die Fabriken entlang der Strecke verfügten ebenfalls über Gleisanschlüsse, so wurden zum Beispiel die Produkte und Rohstoffe der verschiedenen Betriebe, primär der Firma Schleipen & Erkens und des Landhandels in Merzenhausen, per Staatsbahn bis nach Kirchberg und dann auf Kreisbahngleisen zum Betrieb gebracht. Kurioserweise befand sich nämlich die einzige Verbindung zur Staatsbahn in Kirchberg.

Der Zweite Weltkrieg machte auch nicht vor der Eisenbahn halt, und so wurden vor der Zerstörung der Stadt Jülich bis auf einen zurückgelassenen Personenwagen sämtliche Loks und Wagons der Kreisbahn in Sicherheit gebracht. Das Bahnhofsgebäude in Jülich wurde beim Bombenangriff vom 16. November 1944 vollständig zerstört, die Brücke über die Rur bei Kirchberg wurde von der Wehrmacht gesprengt. Nach dem Krieg wurde zunächst der Bahnverkehr zwischen Kirchberg und Koslar wieder aufgenommen. In Koslar wurde hierfür ein provisorischer Lokschuppen errichtet. Ein Befahren der kompletten Strecke war erst nach Wiederherstellung der Rurbrücke im Jahr 1950 möglich.

Alter Bahnhof in Jülich.

Auch die Jülicher Kreisbahn konnte dem verstärkten Aufkommen der Straßenkonkurrenz mit einer Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h und fünf Zugfahrten werktags (sonntags zwei Zugfahrten) nicht dauerhaft standhalten. Zurückgehende Fahrgastzahlen führten schließlich dazu, dass 1971 der Personenverkehr auf der Strecke eingestellt und fortan durch Busse abgewickelt wurde. Nur der Güterverkehr wurde noch weitergeführt, er verlagerte sich aber auch immer mehr auf die Straße.

10 Jahre nach der Kommunalen Neugliederung übernahm der Kreis Düren die Jülicher Kreisbahn in seine eigene Regie. Weitere zehn Jahre später wurde das Gelände des Kreisbahnhofs und die dortige Werkstatt durch die Dürener Kreisbahn dank der Übernahme der Strecke Jülich – Düren – Heimbach intensiv für die Wartung ihrer Schienenbusse genutzt. Der Güterverkehr konnte sich im Vergleich zum Personentransport noch über zwei über Wasser halten. Auch hier wurde die Straße der Kreisbahn zum Verhängnis. Selbst die Zuckerfabrik verweigerte ab 1980 die Annahme von Zuckerrüben per Bahn, was letzten Endes dazu führte, dass der Verkehr 1999 eingestellt, die Strecke jedoch nicht entwidmet wurde. Das bedeutete, dass die Trasse immer noch dem Bahnverkehr zur Verfügung gestellt werden muss.

Zu Beginn verfügte die Jülicher Kreisbahn über zwei kleine zweiachsige Dampflokomotiven, die 1910 bei Humboldt in Köln (damals Cöln) gebaut worden waren. Diese beiden Loks verrichteten bis in die 60er Jahre ihren Dienst. Eine der beiden befindet sich inzwischen in den Niederlanden und wird dort wieder betriebsfähig aufgearbeitet. Neben den beiden kleinen Lokomotiven beschaffte sich die Kreisbahn 1959 eine weitere etwas größere Dampflok, um den Anstieg der Rübentransporte zu bewältigen. Für den Personenverkehr war bereits 1952 zwecks Kostensenkung ein Schienenbus bei der Firma Talbot in Aachen gekauft worden. Um eine endgültige Ablösung der Dampfloks zu erzielen, wurde 1966 bei MAK in Kiel eine Diesellokomotive gekauft.

Die größere Dampflokomotive befindet sich heute bei der Museum-Buurtspoorweg Bahn in den Niederlanden in der Nähe von Enschede und legt momentan zwecks regelmäßiger Überholung eine kleine Betriebspause ein. Der Schienenbus gehört der Rurtalbahn und ist vor kurzem als Dauerleihgabe an die Eisenbahnfreunde Grenzland bei Walheim abgegeben worden. Die Diesellokomotive versieht ihren Dienst als Werkslokomotive bei Talbot in Aachen.

Der Eisenbahn-Amateur-Klub-Jülich veranstaltete jedoch oft Sonderfahrten auf der alten Trasse bis nach Ederen, die bei der Bevölkerung sehr großen Zuspruch fanden. Dadurch dass der Oberbau der Strecke jedoch mit und mit verfiel, waren Fahrten auf dem weiteren Teil der Strecke ab 1999 nicht mehr möglich. Das Areal und die Werkstatt der Kreisbahn wurde von 1993 bis 2004 von der Dampfbahn Rur-Wurm-Inde als Instandhaltungs- und Abstellgelände genutzt.

Das alte Bahnhofshäuschen in Kirchberg erinnert noch an die Glanzzeiten der Kreisbahn. Foto: Florian Holländer

Heute erinnert nicht mehr viel an die alte Kreisbahn. Das Gelände des Bahnhofs in Jülich wurde 2004 geräumt, die Gebäude kurz darauf abgerissen. 2016 wurde das Gelände auf einem schmalen Streifen an der Adolf-Fischer-Straße mit Wohnungen bebaut. Das alte Wartehäuschen in Kirchberg wurde vor kurzem vom Dorfverein Zukunft Kirchberg in seinen alten Glanz zurückversetzt.

Durch die Pläne einer direkten Bahnverbindung von Jülich nach Aachen, den „Braintrain“, könnte jedoch wieder Zugverkehr auf die Trasse der Kreisbahn zurückkehren. Dieser Zugverkehr würde dann aber nach 110 Jahren in den Jülicher Hauptbahnhof führen und endlich den Umsteigern die 150 Meter Fußweg ersparen.

Bewegte Sonderfahrten auf der Kreisbahn

ELNA 146 mit DGEG-Sonderzug in Barmen am 23.9.1984 und Ton

ELNA 146 mit DGEG-Sonderzug in Barmen am 23.9.1984 und ohne Ton

17.5.1982: Sonderfahrt auf der Jülicher Kreisbahn mit V35 + T1

Strecke Düren,Jülich,Jülicher Kreisbahn bis Puffendorf 20.11.1992, Befahrung der Kreisbahn ca. ab Minute 24


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