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Titelsammlung – mal anders

Der „HERZOG“ hat einen Titel als Titel und macht jetzt eine Ausgabe über Titel!

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Illustration: Zara Schmittgall
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Titel. Überall Titel. Auf Büchern, Zeitschriften, Filmen, Visitenkarten, Bühnen und Büchern. Aberkannte, gekaufte, erschlichene, verbriefte und unverbriefte. Vollstreckbare. Wenn der FC Bayern den elften Titel in Folge als Deutscher Fußballmeister einspielt, ist das (fast) keine Meldung auf der Titelseite wert. Für einen Gladbach-Fan schon gar nicht. Trotzdem ist es eine fast gespenstisch wirkende Leistung in dieser manchmal gespenstigen Zeit. Dann schon eher eine Weltmeisterschaft im Basketball – die ist für mich als Kreismeister im Basketball Anfang der 80er Jahre genauso unwirklich. Fatalerweise konkurrierte diese mit dem Abgang von Hansi Flick als Bundestrainer auf den Titelseiten.

Es gibt aber auch viele durchaus weniger spektakuläre Titel, die uns immer wieder begegnen und trotzdem fesseln. Ein gutes Buch zum Beispiel ist etwas, das wir vielleicht auch nach seinem interessanten Titel ausgewählt haben, weil dieser unsere Fantasie anregt. Bei mir waren das in diesem Jahr zwei Bücher, die fest in meinem Kopf verankert sind.

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„Der Club der singenden Metzger“ ist von der Amerikanerin Louis Erdrich geschrieben und in deutscher Übersetzung 2006 im Suhrkamp Verlag erschienen. Schon lange mit Jonas Ney als Hauptdarsteller von Uli Edel verfilmt. Das Buch als Originalstoff ist eine wunderbare Erzählung über Scheitern und Neuanfang. Buch und Film greifen das aktuelle Thema der Zuwanderung auf. Auslöser ist Krieg. Tradition und Menschen auf Wanderschaft lassen die Geschichten entstehen. Manche Charaktere am Ende ihrer Existenz. Andere im Rausch der Sinne oder des Alkohols. Gewinner und Verlierer.

Bei Dumont wurde 2018 von Haruka Murakami „Die Ermordung des Commendatore Band 1: Eine Idee erscheint“ veröffentlicht. Ein interessanter zweiteiliger Roman zwischen Krimi, Fantasie und Fiktion angesiedelt. Band 2 mit dem Titel „Eine Metapher wandelt sich“ stellt dann inhaltlich alles bisher Erzählte auf den Kopf. Spannend, ungewohnt, fremd und gleichzeitig detailliert. Mit vielen Einblicken in die japanische Kultur. Ein Ich-Erzähler gibt Einblicke in seine Seele. In das, was für ihn wichtig, aber auch bedrohlich und gruselig ist. Ein geschrumpfter Menschgeist sorgt für Unwirklichkeit und ist trotzdem wirklich. Das Phantasy Genre meide ich in der Regel, aber in diesen Büchern war die Unwirklichkeit ein unersetzliches Stilelement und kommt plötzlich wie aus dem Nichts.

Auch Filmtitel fesseln. Da locken die Mediatheken von Arte, ZDF und ARD und andere kommerzielle Streamer. Bei Arte habe ich den Titel „Heat“ gefunden, einen US-amerikanischen Kriminalfilm über 160 Minuten aus dem Jahr 1995. Robert de Niro und Al Pacino spielen die Hauptrollen – den bösen skrupellosen Gangster (de Niro) – den Cop auf der Suche nach Wahrheit und Tätern (Pacino). Beide mit großem Respekt voreinander. Der Film hat viele positive Kritiken und Zustimmung (87% von Kritikern, 94% vom Publikum) und wird nicht umsonst als Meisterwerk des Regisseurs, Drehbuchautors und Co-Produzenten Michael Mann gefeiert. Er hat international unter Kriminellen Kultstatus. Muss ich mir Gedanken machen?

Im künstlerischen Bereich überraschen und erfreuen mich immer wieder Titel von Kunstausstellungen oder einzelnen Kunstwerken. Als Beispiel „Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin“ in der neuen Nationalgalerie. Dort ist erstmals der Zyklus „Birkenau“ von 2014 ausgestellt, sind Bilder mit den Titeln „Besetztes Haus“, „4900 Farben“ oder „Strip“ zu sehen. Hier trifft die vermeintliche Nüchternheit Richters auf Orgien aus Farbe auf Leinwänden und Fotos. Ist bei mir auf der To-Do-Liste, denn bis 2026 schaffe ich es bestimmt noch mal bis nach Berlin.

Aus der immer populärer werdenden Richtung des Chanson-Rocks höre ich gerade von Element of Crime die neue CD „Morgens um Vier“. Es ist das 15. Studioalbum der Männer um Frontmann Sven Regener. Und wieder spielen die Musiker mit der ihnen eigenen Melancholie. Jonglieren mit Worten und machen daraus unvorhersehbare Texte. Alter Wein in neuen Schläuchen – nein konstant eingängige Texte mit konstant handwerklich guter Musik. Die Stücke heißen „Unscharf mit Katze“, „Ohne Liebe geht es auch“ oder „Kaltes Herz“. Es geht viel um Liebe und Beziehung. Sanft und mit dem Blick auf Gefühle und Situationen.

Und dann stolpere ich über Job-Titel, bei denen ich mich frage, ob diese wirklich ernst gemeint sind. Unsere österreichischen Nachbarn sind bekannt für ihre Liebe zu Anreden und deren ganz spezieller Verwendung. Es gibt dort nachweislich den Titel „Hochschul-Direktor*in im Ruhestand Diplomatische*r Pädagog*in Oberschulrat/rätin“ abgekürzt „HS-Dir. i.R. Dipl. Päd. OSR“. In der meist trockenen Wirtschaftswelt sind immer mehr Jobtitel im Umlauf, die zum Schmunzeln anregen: „Sandwich Artist“ bei Subway, „Chief Evangelist“ (Produkt-Prediger) bei Apple – kein anderes Unternehmen hätte sich das getraut, „Digital Prophet“ bei AOL (der Titelträger erhält ein hohes sechsstelliges Gehalt, um neue Medientrends aufzuspüren) und den „Chief Happiness Manager“. Bei Indeed (nicht Ingrid) waren dafür Anfang 2019 insgesamt 57 Vollzeitstellen ausgeschrieben.

Was den wenigsten bewusst ist: Professor ist der einzige akademische Titel! Bachelor, Master, Diplom, Magister oder Doktor sind durch Hochschulen verliehene akademische Grade. Um dem Missbrauch von akademischen Titeln vorzubeugen, gibt es in vielen Ländern Organisationen, die akademische Qualifikationen überprüfen und Zertifikate ausstellen, um die Echtheit von Abschlüssen und Titeln zu bestätigen. Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen sind oft angehalten, die akademischen Hintergründe von Bewerbern sorgfältig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich über die behaupteten Qualifikationen verfügen. Unabhängig von den Plagiateskapaden der letzten Jahre, die manch einem Politiker zum Verhängnis wurden.

Ich fand auch einen Titel, den niemand gerne haben möchte. Das ist der sogenannte vollstreckbare Titel durch Gerichtsvollzieher. Es handelt sich dabei laut Definition um eine öffentliche Urkunde, die das Bestehen eines bestimmten, konkret benannten materiell-rechtlichen Anspruchs belegt.

Dann doch wieder positiv denken und Peter Sirius glauben: „Bücher wie Menschen haben oft durch einen Titel ihr Glück gemacht.“


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