„Ein bisschen Talent braucht es schon“, sinniert Paul Wolff und lacht. „Wenn der Mund an der richtigen Stelle sitzt, dann klappt das schon!“ Geklappt hat es bei ihm. Und wie: Genau 40 Jahre lang hat Paul Wolff als „Usklöpper“ der Maigesellschaft Koslar-Engelsdorf die unverheirateten Frauen der beiden Dörfer unter den Hammer gebracht. Immer – „egal, was kommt“ – am Abend des 30. Aprils versammeln sich die Junggesellen der Gesellschaft zur alljährlichen Versteigerung. Seit ein paar Jahren trifft man sich in Ermangelung der passenden Gaststätte im Koslarer Schützenheim. Früher mal war es „Der alte Bäcker“, noch davor andere Kneipen im Ort. Keine davon gibt es mehr, doch das ist eine andere Geschichte. Versteigert wird, wer 16 geworden und unverheiratet ist. Eine Altersgrenze nach oben gibt es nicht, erzählt Wolff. Beschwerden über das Versteigertwerden übrigens auch nicht. „Eher wenn wir mal jemanden vergessen“, freut sich der langjährige „Usklöpper“.
1979 war das Jahr von Paul Wolff. „Da war das Fernsehen hier, der WDR. Da war was los!“, freut sich der einstige Mai-Auktionator noch heute. In diesem Jahr führte Wolff als Maikönig mit seiner heutigen Ehefrau Bettina den Zug durchs Dorf an. Ehen seien übrigens einige durch das Maibrauchtum entstanden, schmunzelt Wolff. Seine Frau, damals gerade 16, musste abends um zehn Uhr wieder zuhause sein. Und zuhause waren weder Koslar noch Engelsdorf, weswegen es auch ein bisschen Glück brauchte, ihm die Königswürde überhaupt zu erlauben. Denn laut Statuten „geht das Koslarer Mädchen immer vor“. Aber kein Anwärter mit Koslarer oder Engelsdorfer Damenbegleitung strebte damals das Amt an, und so wurden Paul und Bettina Wolff dann doch das Königspaar des Jahres 1979.
Doch Wolff wurde nicht nur König, er führte als erster Vorsitzender in diesem Jahr auch die Geschicke der Gesellschaft und leitete obendrein in diesem Jahr zum ersten Mal die Versteigerung. Ein Amt, dem er fortan 40 Jahre die Treue halten sollte, und das er wohl heute noch ausüben würde, würde es die Gesundheit erlauben. „Wenn ich könnte, würde ich mir angucken gehen, was mein Nachfolger (Thomas Delonge) macht“, gibt er gerne seine Neugierde zu. An der Maigesellschaft hängt das Herz von Paul Wolff bis heute. Das hat Tradition in der Familie: Die ältere Schwester durfte drei Jahre vor ihm selbst als Königin im Festzug durchs Dorf ziehen, der Zwillingsbruder folgte drei Jahre später im Amt. Und auch sein Neffe ist bereits als Maikönig in Amt und Würden gewesen, berichtet Paul Wolff stolz. Und so verwundert es auch nicht, dass er auf jeden Fall immer das Aufstellen des Maibaums auf der großen Wiese hinter der Bürgerhalle verfolgt. „Der Baum stand auch nicht immer da“, erzählt Wolff von verschiedensten Aufstellorten des Maibaums. Einen Baum aufstellen müssen die jungen Männer übrigens sogar zwei Mal, denn auch in Engelsdorf gibt es einen, erläutert Wolff eine der Besonderheiten „seiner“ Maigesellschaft.
Bei allem Spaß am Versteigern: Beruflich hätte er das nicht machen wollen, beweist das entschiedene „Nein“ auf die entsprechende Frage. Stattdessen lernte er zunächst Automechaniker, bevor er begann, mit Heizöl und Brennstoffen zu handeln. Der Zwilling sei übrigens grundverschieden gewesen, fällt ihm an dieser Stelle ein: „Der wurde Koch.“
Einmal abgesehen von der Maigesellschaft gibt es noch einen weiteren Verein, dem Paul Wolff lange Jahre als aktives Mitglied die Treue gehalten hat: „Ich habe immer Fußball gespielt. Bei der Viktoria, klar.“ Nicht nur das runde Leder hatte es ihm angetan, auch gekegelt hat er lange und gern. „Im Tennis Inn in Koslar, im Viktoriasaal in Jülich, im Maiblömche in Lich-Steinstraß, in der Velau in Barmen“, zählt Wolff die Stationen des Kegelclubs auf, der übrigens – wie sollte es anders sein – aus ehemaligen Mitgliedern der Maigesellschaft entstanden ist. Apropos Maigesellschaft: Nicht nur 1979 brachte es der Brauchtumsverein zu medialer Aufmerksamkeit, schon drei Jahre zuvor gab es einen redaktionellen Beitrag in einem bekannten Magazin: „Da war ein Artikel im Playboy damals“, erzählt Wolff und kann sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen.