„Letztes Jahr war es im August“, schmunzelt der rüstige Rentner mit dem Faible fürs Kreative. Wie viele Stunden er mit dem Auf-, Um- oder Neubau seiner Krippe verbringt, lässt sich im Detail nicht genau beziffern. Seit wann Willi Schopen seine liebevoll gestaltete Weihnachtsgeschichte allerdings aufbaut, weiß er hingegen ganz genau: „Seit vierzig Jahren“, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
Im Laufe dieser vier Jahrzehnte ist die weihnachtliche Landschaft immer weiter gewachsen, von einer Krippe, wie sie sich viele Menschen unter den Weihnachtsbaum stellen, kann hier keine Rede mehr sein. Mehrere Meter breit und im Wortsinne raumgreifend ist Schopens Kreation inzwischen. Folgerichtig findet sie denn auch keinen Platz mehr im heimischen Wohnzimmer sondern ist nach draußen unter das Holzdach neben dem Wohnhaus umgezogen. Seit drei Jahren nun schon baut er seine Krippe hier draußen auf. „Im Wintergarten wurde es zu eng“, erinnert sich seine Ehefrau.
Dekoriert mit Pflanzen aus dem heimischen Garten – die übrigens im Anschluss meist zurück in ihr Beet kommen – und allerlei Fundstücken aus der Natur bietet die riesige Landschaft einiges zu entdecken. Mit viel Phantasie und Liebe zum kleinsten Detail hat Schopen nahezu alle Gegenstände, vom Leiterkarren hin zu Harke oder Spaten selbst gebaut. „Er hat sogar schon so alte asiatische Vogelkäfige aus Holz umgebaut“, erzählt die Gattin lächelnd vom Einfallsreichtum ihres Mannes. Sie selbst ist im Übrigen eher selten an der Krippengestaltung beteiligt, nur „ab und an braucht man doch die dritte Hand“, meint Schopen. Hilfe bekommt der begeisterte Hobbykünstler jedoch von anderer Stelle: Die Nachbarskinder Jana und Rayan kommen gerne auf einen Besuch und basteln eifrig mit. Dabei dürfen die zehn- und fünfjährigen Geschwister dann auch gerne eigene Gerätschaften kreieren. Auch Schopens Schwester leistet einen Beitrag: Aus dem fernen Spanien hat sie etwa dicke Pinienzapfen beigesteuert, die nun einen hübschen Zaun rund um die Krippenlandschaft bilden. Ihr Verständnis für sein Hobby ist Willi Schopen sicher: „Meine Schwester macht auch sowas.“
Das übrige Material ist meist selbstgesammelt, Rindenstücke, trockene Äste und jede Menge Tannenzapfen werden unter Schopens Händen zum Unterstand für Schaf, Ochs und Esel oder die heilige Familie selbst. Maria, Josef und das Jesuskind stammen noch von seiner verstorbenen ersten Frau, erzählt Schopen, diese hat sie selbst bemalt. Auch Sohn Phillip hat sich als Kind undJugendlicher bereits als Krippenbauer versucht. „Da landeten dann auch schon mal die Rennautos in der Krippe“, berichtet Schopen und kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Solcherlei technisches Gerät sucht der geneigte Betrachter heutzutage natürlich vergebens und entdeckt dafür dann einen kleinen Brunnen, eine Herde Kühe und sogar einen Wasserfall.
Irgendwann im kommenden Jahr wird auch das diesjährige Kunstwerk wieder abgebaut und in zahlreichen Kisten verstaut. Jahreszeitlich passend wird umdekoriert im Hause Schopen, spätestens zum nächsten großen Fest entsteht an gleicher Stelle nämlich eine Osterwiese. Doch bis dahin ziehen die Heiligen Drei Könige weiter durchs Selgersdorfer Grün hin zur selbstgebauten Krippe.