Aber wird es jetzt wirklich ein Spaß? Ha ha ha! Was ist wirklich lustig? Und vor allem: Wer entscheidet das? Wenn es einen Konsens gibt, was witzig ist, dann gibt es auch einen Konsens, was dies nicht ist. Eine Art Witze-Polizei. Dürfen wir überhaupt derzeit Spaß haben, womöglich sogar lachen?
Es ist Krieg. Das ist kein Witz und vor allem nicht witzig. Auch wenn es mal den guten alten Galgenhumor gab. Aber ist der überhaupt noch in, up-to-date, angesagt, cool? Ob etwas überhaupt spaßig ist oder einfach nur geschmacklos, liegt immer im Blick des Betrachters. Wenn man mit dem Terminus „Nigger“ Witze reißt, ist das generell anrüchig. Es sei denn, dass der Possenreißer selber dunkelhäutig ist. Wobei Rassismus völlig unabhängig von der Hautfarbe ist.
Meine Einstellung ist stets: Jeder Fall muss einzeln betrachtet werden. Deppen und Verbrecher gibt es in jedem Land. Sie haben alle möglichen Geschlechter, Hautfarben und Religionen. Sogar ein Handicap schützt nicht vor dummen Gedanken. Wir dürfen nur nicht den Fehler begehen, ein Vergehen direkt auf eine ganze Landsmann- oder -frauschaft zu übertragen. Das ist nicht lustig! Ganz und gar nicht.
Natürlich gibt es Clans und Banden. Und sogar weite Bürgerschaften, die gemeinsam unsozial und verbrecherisch tätig werden. Das kann aber im übernächsten Dorf schon wieder ganz anders sein. Wie Menschen von selbst tätig werden, um irgendwelche anderen Menschen aus ihrer Mitte wegen angeblicher Missetaten zu Zwangsarbeit zu verurteilen oder gar über sie die Todesstrafe zu verhängen, ist aus Untersuchungen, Dokumentationen und Ausstellungen bekannt. Im Nationalsozialismus funktionierte das besonders gut, sogar ohne ein amtliches Schreiben oder einen Befehl, sondern einfach nur, weil man meinte, dass es von einem erwartet würde.
Ein Mordsspaß? Für manche offenbar schon. Aber es ist natürlich verpönt, Scherze auf Kosten von Minderheiten zu machen. Und das aus gutem Grund. Häufig sind die Grenzen zwischen Witz und Wirklichkeit nur allzu schwammig. Und viele Menschen können das eine nicht von dem anderen unterscheiden. Oder anders gesagt: Häufig offenbaren sich in einer launig dahergesprochenen Anekdote ganze Haltungsweisen. Womöglich mit der Prämisse: „Ich bin ja kein xyz (bitte wahlweise einsetzen „Rassist“, „Faschist“, „Frauenverachter“, „Ignorant“, „Hohlkopf“), aber kennste den schon?“
Ich habe nichts gegen Fremde. Die meisten meiner Freunde sind Fremde. Aber diese Fremde sind nicht von hier. Wer früher Asterix las, konnte viel über die Welt und das Leben erfahren. Vorausgesetzt, es wurden nicht nur die bunten Bildchen angeschaut und über die lustigen Kloppereien geschmunzelt. Ein Spiegelbild der Gesellschaft. Wer dort hineinsieht, sollte sich möglichst auch selbst erkennen und nicht nur den veralberten Nachbarn. Meine Gedanke war dann als Jugendlicher häufig: Bin ich genau so?
Denn es ist ja grundsätzlich nicht schlimm, Fehler zu begehen. Das Schlimme ist, daraus nichts zu lernen. Es sollten so Mechanismen gewonnen werden, um bei zukünftigen schwierigen oder auch scheinbar simplen Situationen, die fatal enden können, gewappnet zu sein und Gegenstrategien zu entwickeln.
Ein Kollege übernahm einen Auftrag, über die Tandem-Radtour von Blinden gemeinsam mit sehenden Begleitfahrern zu berichten. Zum Artikel gehört zur Bebilderung natürlich auch ein Foto. Macht der Gewohnheit die Aufforderung: „Jetzt bitte alle in die Kamera schauen.“ Ohne nachzudenken gesagt mit einem völlig unterschiedlichen Effekt: Peinliches Gefühl auf der einen Seite, amüsiertes Lächeln auf der anderen. Es ist halt alles eine Sache des Standpunktes.
9 von 10 Menschen finden Mobbing völlig in Ordnung. Ein Witz über Minderheiten? Dabei eine logische Einsicht. Wem das Lachen im Hals stecken bleibt, hat den Hintersinn verstanden und ist auf dem besten Weg zur Einsicht. Humor kann auch Lehrhaftes bewirken. Und eine Waffe sein. Ganz oft natürlich auch etwas Befreiendes. Besonders in Grenzsituationen.
Wenn ein Mensch nicht mehr lachen kann, hat der Gegner bereits gewonnen. Wer seinen Humor nie verliert, hat noch immer Mut und Zuversicht. Nicht umsonst wird damit Stimmung gemacht, dem Tod ins Gesicht zu lachen.
Political Correctness? Eine andere Einstellung von mir ist: Mache keine Witze über andere, wenn Du nicht willst, dass sie Witze über Dich reißen. Ich jedenfalls hätte nichts dagegen, als „Weißbrot“ tituliert zu werden. Letztlich geht es nicht um die Worte, sondern um die Einstellung. Und das eine korrespondiert ganz gewiss nicht mit dem anderen. Natürlich beginnt ein Krieg immer in den Köpfen der Menschen. Aber nur weil man es sagt, heißt es nicht, dass man es auch so meint. Im Gegenteil: Wie schnell aus Ja-Sagern vehemente Nein-Apologeten werden, hat man ja nach 1945 gesehen. Schwupps, und schon warste entnazifiziert. Ein Verwaltungsvorgang.
Und nichts anderes ist der Gebrauch von „korrektem“ Deutsch. Du kannst gendern, so viel du willst. Davon erhält keine Frau dasselbe Gehalt wie Männer. Es sei denn, sie hätte es vorher schon bekommen. Oder bei einer Ausschreibung „m / w / d“ hinzusetzen, um alle mitzunehmen. Irgendwann kommt ein Wesen, das überzeugend darstellt, weder männlich noch weiblich noch divers zu sein. Und dann haste den Salat. Noch ein zusätzliches Klo. Warum nicht den Zusatz komplett streichen? Dann wären ohnehin alle angesprochen. Ja, warum auch nicht die Omnisex-Toilette.
Natürlich sollte immer geschaut werden, dass möglichst alle integriert und mitgenommen und vor allem nicht zurückgelassen oder gar gemobbt werden. Aber hat das schon irgendjemand abgehalten, sich anschließend abends mit einer Tüte Chips vor der Glotze niederzulassen und bei DSDS oder den VoiceKids die Wunschkandidaten mit Kommentaren oder sogar Stimmabgaben zum Sieg zu treiben und die in den eigenen Augen Mindertalentierten nicht nur im Geiste auszubuhen, sondern über sie das Maul zu zerreißen und hämische Witze zu machen?
Ist ja alles nur Spaß! Wirklich? Wenn wir alle eine Fürsorgepflicht über unsere Mitmenschen und gerade den schwächeren unter ihnen haben, wie können wir dann solche menschenverachtenden Sendungen zulassen? Nur weil die dortigen Teilnehmenden allesamt dummdoof sind? Der Terminus „Idiot“ soll verboten werden, weil jedes Geschöpf schützenswert ist. Dies scheint aber für etliche Teilnehmer an Casting-Shows und Doku-Soaps nicht zu gelten. Vermutlich, weil sich dabei das eigene kleine Ego bestens aufpolieren lässt. Vielleicht sollten ja dazu Schilder zum Kauf angeboten werden: Verstand? Meiner ist kleiner!
Apropos Retourkutsche: Natürlich schließe ich mich davon nicht aus. Das wäre ja noch schöner. Doch geht es ja letztlich darum, einen Witz als Witz zu erkennen, indem man ihn als solchen versteht und nicht als Abbild der Wirklichkeit. Verstehen hat halt mit Verstand zu tun und nicht verstehen wollen wohl eher nicht. Kennste, kennste? Man, hab’ ich gelacht. Und frau auch.