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Jörg Schlader

Ein Leben im beständigen Zusammenhalt: Über seine Eltern kam Jörg Schlader zur Palette.

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Jörg Schlader. Foto: la mechky +
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Verantwortung, Pflichtgefühl, Understatement – Tugenden, gleich mehrere. All diese Begriffe fallen, wenn man mit Jülichern über Jörg Schlader spricht. Ich kenne Jörg eigentlich schon mein ganzes Leben, da unsere Eltern schon seit vielen Jahren befreundet sind. Aber wirklich Kontakt hatten wir bisher nicht so recht. Es ergab sich nie. Umso gespannter bin ich, als wir uns zu einem Gespräch treffen. Etwas unkonventionell startet dies. Die Haustür steht fast immer offen, erklärt er, nachdem ich zuerst die Passage zum Haus vom Familienhund genehmigen lassen musste.

Jörg wächst als jüngstes Kind von drei Geschwistern am Königshäuschen auf. Ja, genau die Kreuzung fast im Nirgendwo zwischen Jülich und Bourheim. Dort im Nachbarhaus betrieb schon der Großvater väterlicherseits sein Geschäft. Nach dem Krieg zunächst als Milchfahrer, dann später als Spediteur. Wann genau der Großvater damit anfing, weiß Jörg gar nicht. Nach dem Krieg irgendwann. Und wie das früher eben auch oft so war, wurde der ältere Sohn zum Studieren geschickt, und der jüngere Sohn musste den väterlichen Betrieb übernehmen. Heinz-Willi Schlader, besagter jüngerer Sohn und Jörg Schladers Vater, vergrößerte das Unternehmen und stieg in den 90ern in den Palettenhandel ein, auch eher ungeplant. So wurde aus der eigentlichen Spedition ein Palettenhandel. Der Vater ist viel unterwegs. Manchmal nimmt er den Sohn mit auf lange LKW-Fahrten. Da die zu der Zeit noch nicht so modern waren, fror man im Winter schon mal sehr ordentlich. Überhaupt sind die LKW aus dieser Zeit im Vergleich extrem pflegeintensiv. Jörg erinnert sich an Samstage voller Wartungsarbeiten.

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Als es um die Berufswahl geht, raten seine Eltern ihm, lieber etwas Vernünftiges zu lernen. Weil er gerne zeichnet, fällt die Wahl auf eine Ausbildung als Bauzeichner. Nach deren Abschluss wird er wie alle jungen Männer dieser Zeit eingezogen und absolviert den Grundwehrdienst. Da er sich nicht vorstellen kann, bis zum Rentenalter nun immer das Gleiche zu arbeiten, entschließt er sich zu einem Studium. Thematisch bleibt er der Ausbildung treu und wählt als Hauptfach Bauingenieurwesen an der FH Aachen. Hierfür zieht er aus Jülich nach Aachen in eine typische kleine Studentenbude. Ein Freund sagt scherzhaft, als Jörg eine Einweihungsparty plant, dass man dann wohl 15 Minuten Termine pro Person machen müsse, weil die Wohnung so winzig wäre. Mit den Freunden aus der Zeit geht er auch heute noch einmal im Jahr als Eifeljungs auf Tour.

Das Studium klappt leider nicht wie geplant, und so steigt Jörg 2004 doch als angestellter Fahrer in die elterliche Firma ein. In dieser Zeit lernt er auch seine Frau Jenny kennen. Sie arbeitet als Speditionskauffrau bei einer Logistikfirma und unterschreibt ihm ab und an die Lieferscheine. Sie heiraten 2006 und bekommen gemeinsam zwei Söhne.

In der ersten Zeit kracht es oft zwischen Vater und Sohn. Beide sind sich charakterlich zu ähnlich und möchten gerne den Ton angeben. Jörgs Mutter steht dazwischen und versucht zu vermitteln. Die stete Reibung gibt sich aber, und es wird beschlossen, dass der Junior den Laden übernehmen soll. 2009 gehen seine Eltern in Rente und übergeben Betrieb und Haus, gehört doch beides irgendwie zusammen. Die Übergabe geschieht in einer wirtschaftlichen Krise. „Da liegst Du manchmal wach und fragst Dich, wieso Du da überhaupt zugestimmt und nun plötzlich so viel Verantwortung am Hals hast.“ Das Entlassen zweier Mitarbeiter ist eine der härtesten Entscheidungen, die er je treffen musste. Aber so ist der Betrieb überschaubar und sichert das Einkommen der kleinen Familie. Und so kann er auf die Frage, ob er es immer noch manchmal bereut, ehrlich antworten, dass er seine Arbeit liebt. Manchmal würde er nur gerne etwas mehr Urlaub mit seiner Frau machen können. Mit ein paar Gedanken sei man immer zuhause in der Firma. Insgesamt habe ich nicht den Eindruck, dass Jörg Verantwortung arg belastet. In seiner Freizeit ist er nebenher auch noch in einem der ältesten Vereine Jülichs aktiv: Er ist Zeugwart und Vizepräsident der Historischen Gesellschaft Lazarus Strohmanus. Der ehemalige Präsident und Ur-Jülicher Hein Ningelgen hat ihm irgendwann gesagt, dass man so Leute wie ihn beim Verein gebrauchen könne. Jörg ist seit Kindheitstagen eng mit Heins Sohn David Ningelgen, dem jetzigen Präsidenten, befreundet. Auch hier beweist er wieder eine unaufgeregte Beständigkeit, auch diesen „Job“ macht er nun seit zehn Jahren. In seiner Freizeit spielt er Tennis mit seiner Frau – bei Rot Weiß, sagt er mit einem Augenzwinkern – oder Dart mit ein paar Freunden im Keller.

Zum Schluss frage ich ihn, ob er einem seiner Söhne nahelege, die Firma später zu übernehmen. Nach einem Augenblick des Nachdenkens sagt er, die beiden interessierten sich eher für andere Dinge. Und wenn man einmal läuft, sollte man doch auch soweit laufen, wie man schafft. Und wer würde da widersprechen?

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Andrea Eßer
In Jülich geboren und dann nach der Schule ab in den Süden zum Studium der Wortjonglage. Nach einer abwechslungsreichen Lehrzeit mit den Prominenten dieser Welt, überwog das Heimweh nach dem schönen Rheinland und Jülich im Speziellen. Deckname Lottofee, liebt ihre Familie, Süßigkeiten, Kaffee, alles Geschriebene und Torsten Sträter. Anfällig für sämtliche Suchtmittel (nur die legalen natürlich). Hat schon mal eine Ehrenurkunde gewonnen und ihre erste Zeitung bereits mit zehn Jahren herausgegeben. Hauptberuflich strenger Händchenhalter eines Haufens vornehmlich junger Männer. Der Tag hat notorisch zu wenige Stunden für alle Pläne und kreativen Vorhaben, die meiste Zeit etwas verwirrt.

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