René: Welcher war Dein erster Gedanke, als Du den Titel „Die letzte Hexe“ und das Treatment gelesen hast?
Joe: Der Plot passt eindeutig in unsere Zeit, und es ist wohl kein Zufall, dass wir diese Geschichte gerade wieder entdecken. Wenn man betrachtet, wie viel Hexenjagd heute wieder betrieben wird, gerade in den sozialen Netzwerken. Es geht oft darum, mit vermeintlich einfachen Lösungen Sicherheit herzustellen. Dies geschieht durch Ausgrenzung, und Grund dafür ist nicht selten die eigene Frustration.
René: Im Film „Die letzte Hexe“ geht es darum, dass normale Menschen aus Angst böse Dinge tun. Können wir heute daraus etwas lernen?
Joe: Ja, daraus kann man viel lernen. Es geht hier um die Verführbarkeit zu vermeintlich einfachen Lösungen. Man stürzt sich direkt auf „das Aktuelle“, und der schnelle Effekt wird gesucht. Man geht hin und sagt: „Das ist die böse Hexe, und die verbrennen wir jetzt.“ Und dies kann heute immer noch gelingen. Wir verbrennen zwar keine Hexen mehr, aber wir vernichten Existenzen, um Sicherheit zu gewinnen. Und wie heißt es schon in Shakespeare‘s Macbeth? „Denn wie ihr wisst, war Sicherheit des Menschen Erbfeind jederzeit.“
René: Lieber Joe, im echten Leben und auf der Leinwand bist Du Arzt. Im nächsten Film bin ich Dein Leibarzt. Was würdest Du einem Schauspieler bezw. Kollegen raten, der einen Arzt spielen soll?
Joe: Ein Kollege, der einen Arzt spielt, sollte sich vielleicht nicht dazu verleiten lassen, jemanden zu spielen, der sich ohne jeglichen eigenen Impetus einfach nur aufopfert. Man sollte Freude daran haben, einen Menschen ganzheitlich zu betrachten. Ein Arzt, der dies nicht tut, kann einen Patienten zwar behandeln, jedoch nicht heilen. Ein Schauspieler, der einen Menschen nicht gerne betrachtet, kann die Rolle nicht spielen. Das liegt nahe beieinander, und das haben beide Berufe gemeinsam. Wenn man einen Menschen mit einem hohen Maß an Empathie, Suggestivkraft und Achtsamkeit spielt, spielt man den Arzt gleich mit.
René: Welche Herausforderung bringt ein Kostümfilm mit sich?
Joe: Das Kostüm hilft dem Schauspieler augenblicklich, in die Rolle hineinzuschlüpfen. Es ist jedoch nicht so, dass man sich „verkleidet“. Ein Kostüm wird getragen und ein Kostüm muss bespielt werden. In meinem letzten Kostümfilm habe ich Generalfeldmarschall Keitel im Film „Rommel“ gespielt. Ich spürte, wie das Kostüm sich sogar auf meine Haltung auswirkte. Ich bekam diesen wiegenden Gang. Es geht darum, seinen Charakter durch das Kostüm hindurch zum Ausdruck zu bringen.
René: Joe, auch im Film haben wir beide eine Freundschaft, und Du als Herzog rätst mir, zu meiner großen Liebe zu stehen und sie endlich zu heiraten. Würdest Du mir das im echten Leben auch raten?
Joe: Ja! Wenn es die große Liebe ist, sage ich ja (lacht). Es ist auch bei mir noch niemals jemandem gelungen, mich davon abzuhalten.
René: In Deiner Rolle als Herzog von Jülich bist Du ein aufgeklärter Herrscher, der die Hexenverfolgung ablehnt. Hilft Dir Dein beruflicher Hintergrund als Arzt dabei?
Joe: Ja! In 32 Jahren als Arzt steht man auf der Seite der rechtschaffenden Menschen. Ein Arzt ist in erster Linie für das Wohl der Menschen zuständig und darf sich nicht zum Helfershelfer dunkler Mächte machen lassen. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit.
René: Joe, ich empfinde Dich als unheimlich energiegeladen und positiv. Was lässt Dich morgens aufstehen?
Joe: Ich erwarte jeden neuen Tag mit offenen Augen. Alles, was ich sehe, interessiert mich. Ich freue mich auf jeden neuen Blick auf die Dinge und mag Veränderungen. Und immer noch verspüre ich die Spannung und die Freude daran, immer wieder etwas Neues zu machen.
„Die letzte Hexe“ erzählt eine Geschichte aus dem Herzogtum Jülich zu Beginn der Renaissance. Der Film beruht über weite Strecken auf der Geschichte von realen historischen Figuren. Komparsen können sich derzeit noch unter 0241 / 463751-30 bewerben. Die Dreharbeiten starten noch in diesem Jahr.