Rheinische Frohnatur. Mit diesen zwei Worten lässt sich Frank Kutsch ganz vortrefflich beschreiben. Und nur diese zwei Worte erklären, wie jemand eher zufällig mit 17 Jahren ins Herrenballett stolpert, seit Jahrzehnten mit ganz unterschiedlichen Hüten und Mützen auf dem Kopf im Jülicher Karneval mitmischt, privat sein Geld mit Bier und „Netzwerken“ verdient und selbst im Urlaub eigentlich fast immer erreichbar ist. Frank Kutsch ist ein Sonnenschein und Menschenfreund. „Das habe ich von meiner Mutter geerbt. Man kennt mich eigentlich gar nicht mit schlechter Laune“, sagt der 59-Jährige und muss lachen.
Kleine Anekdote zum schnellen Kennenlernen für alle, die Frank Kutsch aus unerklärbaren Gründen bislang noch nicht kannten? Als der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann in den Nullerjahren bei der Warsteiner Brauerei anfing, war sein erster dienstlicher Termin die hauseigene Weihnachtsfeier. Gemäß seiner Devise „offen, geradeaus, ehrlich“ zeigte der Rheinländer den Sauerländern, was Speed-Dating bedeutet. Am Ende der Party hatte „der Neue“ jeden Stehtisch besucht, mit jedem ein Pils getrunken – vom Staplerfahrer bis zum Braumeister. Sein Name jedenfalls war danach bekannt.
Gleiches galt auch für die erste Session im Herrenballett. „Ich bin da mit einem Kumpel hin. Die suchten Nachwuchs“, blickt der heutige Präsident der Großen Jülicher Karnevalsgesellschaft Rurblümchen von 1926 e.V. auf die ersten Tanzschritte zurück. Bis 2019 war Frank Kutsch dann Mitglied des Herrenballetts, oft in der Rolle der Dame, die es zu Anfangszeiten noch gar nicht gab. Ob er bei einem Auftritt in der Rolle der Stewardess Pils oder Kölsch serviert hat, bleibt im Nebel der Vergangenheit verborgen. Apropos Bierchen: Das gehört zwar zum Herrenballett irgendwie dazu, aber erst nach dem Training. „Und das ist harte Arbeit!“, betont die Prima Ballerina, Pardon, der Präsident der KG. Schließlich haben die Herren seit jeher auch an Turnieren und Wettkämpfen teilgenommen. Ein bisschen stolz darauf ist er, dass es erneut eine Frischzellenkur für das Ballett gegeben hat. Aktuell tanzen 19 Aktive mit. „Seit zwei Jahren kommen viele junge Leute, die ihren Freundeskreis reinholen. Sie haben uns auf Turnieren gesehen und wollten es mal probieren“, freut sich Frank Kutsch, dass den Ankündigungen auch Taten folgten.
Schwang er nicht das Tanzbein auf der Bühne, war und ist Frank Kutsch dahinter oder darauf in anderen Funktionen aktiv: als stellvertretender Geschäftsführer und später Geschäftsführer, als zweiter Vorsitzender und später als Vorsitzender – einige Jahre zeitgleich auch als Präsident. „Heute mache ich nur noch den Präsidenten. Das wurde einfach zu viel“, weiß Kutsch auch hier die alten Aufgaben in neuen Händen gut aufgehoben. „Für den Karneval muss man geboren sein. Ich habe auch nach all den Jahren immer noch selber den Spaß an der Freud und repräsentiere die Gesellschaft gerne nach außen und leite die Veranstaltungen“, betont er. Kleiner Wermutstropfen: Immer mehr Auflagen und Regularien kosten die Vereine viel Zeit und auch Geld. Kutsch: „Es wird für alle Gesellschaften immer schwieriger, eine Veranstaltung durchzuführen. Die Kosten sind immens gestiegen.“ Und Corona? Ach, über die Pandemie wurde schon genug gesprochen. „Wir sind stolz auf unseren Senat, der immer bei der Fahne geblieben ist. Aber Corona ist eine Erfahrung, die man nicht noch mal machen muss“, bilanziert Frank Kutsch.
Dass er mit Karneval und Pils(-Trinken) zwei Leidenschaften unter einen Hut bringt, ist Zufall. Moment mal, Pils? In einer eher von Kölsch geprägten Region? „Ich hab schon immer Warsteiner getrunken. Das war eine der ersten Brauereien mit Dosenbier im Sortiment. Das haben wir früher immer zum Surfen mitgenommen“, blickt er augenzwinkernd in die Jugend zurück. Damals sei noch nicht absehbar gewesen, dass er mal als Außendienstler mehr als 60.000 Kilometer pro Jahr von Aachen bis Nettetal, in Bergheim, Bonn und Hennef unterwegs sein würde, um den Getränkefachgroßhandel sowie die Gastronomie zu unterstützen und beraten. Jedenfalls sieht der Präsident während der Session ohnehin fast mehr Wasser als Bier. „Karneval im Rheinland hat ja nichts mit Saufen zu tun. Es geht um Geselligkeit und Brauchtumspflege, um die gemeinsam verbrachte Zeit und gute Stimmung“, stellt er klar.
Wenn Frank Kutsch mal abschalten möchte, muss er nicht weit fahren. In Garten und Haus gibt es genug zu tun. Im Urlaub erkundet er mit seiner Frau gerne mal die Welt an Bord eines Schiffs. „Wer die ganze Zeit Pläne für die Zukunft macht, verpasst das Leben“, hat Frank Kutsch früh für sich beschlossen, sich bei aller Arbeit auch ausreichend Zeit für das Leben zu lassen. Ob er dennoch Workaholic ist? Da muss Frank Kutsch kurz nachdenken. „Ich schaue lieber im Urlaub einmal am Tag in meine Mails, als am ersten Arbeitstag eine böse Überraschung zu erleben“, sagt er. Eine echte rheinische Frohnatur ist eben auch kommunikativ.