„Above Suspicion“: Da klingelte bei Thomas Hoffmann nichts, als sich die GEMA bei ihm meldete, ob ihm dieser Name etwas sagte. Immerhin sei er unter diesem Titel mit seinem Namen und seinem Pseudonym „Tom 5“ gemeldet worden. Zwar hätte er über 80 seiner Songs bei der GEMA angemeldet, darunter befände sich aber kein Titel dieses Namens. Überhaupt habe er noch nie einen derartigen Titel gehabt. „Ergo habe ich das erst mal ad acta gelegt.“
Doch allmählich gab ihm das zu denken: Wie viele Menschen dürfte es wohl geben, die denselben Namen haben, dasselbe Pseudonym benutzen und dann auch noch dieselbe GEMA-Nummer besitzen? Also begann Thomas zu recherchieren.
Womöglich hatte irgendein Rapper ein Teilstück aus einem seiner Lieder als Sample benutzt und dies ganz sauber gemeldet. Doch viel fand er nicht, von einem Film mit dem Titel „Above Suspicion“ mit Emilia Clarke und Jack Huston von Regisseur Phillip Noyce, der unter anderem auch „Das Kartell“, „Die Stunde der Patrioten“ und „Der Knochenjäger“ gedreht hat, vielleicht einmal abgesehen.
Sicherheitshalber googelte er dessen Soundtrack. Und da stand dann „Thomas Hoffmann (Tom 5)“ mit dem Song „No Return“. „Ich denk: ‚Nee!‘“, erzählt er und lacht. Nachdem er auch noch in die Sequenz hineingehört hat, sagte er zu sich selbst: „Ja, stimmt! Das Ding habe ich 2009 geschrieben und auch veröffentlicht.“ Dann hat er sich erst einmal in Ruhe den Film angeschaut in der Erwartung, dass irgendwo unter ferner liefen sein Name vorbeirauschen würde. Aber das Gegenteil war der Fall: „Die haben sich Mühe gegeben, so richtig schön paketiert. Also ganz toll gemacht.“
So entschied er sich, einfach die Firma Capprecords zu kontaktieren, um zu erklären, wie prima er es fände, aber auch um zu erzählen, dass die Information über drei Jahre gebraucht habe, um zu ihm zu gelangen. Immerhin ist der Film 2019 erschienen. Innerhalb eines Tages habe sich dann Capprecords trotz des Zeitunterschiedes direkt zurückgemeldet. So gingen ein paar Emails zwischen LA und Jülich hin und her. Mit sehr fruchtbarem Ergebnis für beide Seiten.
Denn zur Sprache kamen auch Toms Probleme mit seiner Düsseldorfer Plattenfirma DFU (Der Feine Unterschied), mit der er seit 2008 zusammengearbeitet hatte. Diese wurde aus gesundheitlichen Gründen komplett als Gewerbe abgemeldet. Dadurch dass der Verlag nicht mehr da war, waren auch sämtliche Alben, die Tom dort veröffentlicht hatte, von jetzt auf gleich online nicht mehr verfügbar.
Er solle seine Sachen doch einfach mal rüberschicken, meinten die Kalifornier locker. Also sandte Thomas direkt sein neues Album „Dark Side of the End“, das er nicht mehr bei DFU unterbringen konnte. Capprecords fand Gefallen daran und fragte Tom, ob er nicht Lust hätte, seine Sachen bei ihnen zu veröffentlichen. Gesagt, getan. Innerhalb von zwei Wochen war der Vertrag durch.
On Top bringen Capprecords die bisherige Scheiben von Tom 5 auch in die Streaming-Portale. Ab Mitte Mai sollte Tom 5 wieder mit seinen Alben und Songs in den Streaming-Diensten vertreten sein. Zunächst wurden die beiden Alben „Gothic Nights“ und „Into the Sun“ zusammengefasst und als „No Return“ (nach dem Titel bei „Above Suspicion“) herausgegeben. Zudem hat die neue Plattenfirma einen englischen Text zu der Scheibe verfasst.
Auf den Song sind die Capps übrigens über einen Katalog gestoßen, in dem Tom 5 gelistet ist. Dort hatte er sich beworben und war auch nach einigem Aufwand – die Songs mussten noch einmal neu gemasterd werden – aufgenommen worden. Irgendwann wurden diese dann besagtem Katalog hinzugefügt inklusive einer Beschreibung, welche Emotionen die Musik erzeugt. In diesem Katalog habe Dom von Capprecords ihn gefunden. Ihm sei „No Return“ aufgefallen, also hat er eine Sequenz daraus entnommen und dem Regisseur vorgeschlagen. That’s the way it goes.
Allerdings meint Dom auch, dass der Film wohl eher eine schöne Ausnahme sei. Ansonsten sieht er die Musik von Tom5 eher in der Werbung. Damit kann Thomas bestens leben. Ohnehin versteht er sich mittlerweile mehr als Komponist denn als Gitarrist. Seine Bühnenlaufbahn hat er längst hinter sich gelassen.
Mit 11 Jahren autodidaktisch angefangen, Gitarre zu erlernen, mit 15 die erste Band „Sister“, dann in den 80ern eine Band in Übach-Palenberg mit dem Schlagzeuger von Ina Deter. 1987 in die Kölner „Underdog“ eingestiegen: Plattenvertrag, Management, Verlag, dann eine Platte auf EMI „Out in the Night“, mit Inga Rumpf auf Tour gegangen, „Rock over Kölle“ aus dem Luxor auf WDR2. Nachdem sich die Band zerstritten und aufgelöst hatte, machte er mit Sänger Mike Linster als Duo „Pas par tout“ weiter. Dann später das Projekt „Blind Sun“ mit alten Underdog-Leuten inklusive LP. Obwohl mehrmals die Weichen gestellt waren und die Post abging, blieb der große Erfolg dennoch aus.
„Was will uns das sagen?“, fragt er einigermaßen ratlos und die Schulter zuckend. „Es gehört auch Glück dazu, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und das war einfach nicht da.“ Er war geknickt und enttäuscht und hat eine Zeitlang aufgehört. Als er merkte, wie er über die Jahre unzufrieden geworden ist, ergab seine Selbstanalyse, dass es womöglich daran lag, dass er Ideen für Songs im Kopf, sie aber nicht aufgenommen hatte. „Die Babys nicht geboren habe, sozusagen.“
Allmählich wuchs in ihm wieder die Lust, Musik zu machen, und da er so viele Ideen hatte, sagte zu sich selbst: „Weißte was? Komm’, ich mach’ das jetzt alles alleine. Da brauchste Dich auch mit niemand mehr abstimmen.“ 2007 / 2008 fing er dann an, im Homerecording-Verfahren seine eigenen Songs zu produzieren. Ein neuer Name wurde mit Tom 5 gefunden. Und so ist das Kind geboren worden. Mittlerweile sieht er sich eher als Komponist, denn als Gitarrist.
Auch hat er sich verschiedene Techniken in seinem digitalen Studio angeeignet. Allerdings ist es eine sehr aufwändige Angelegenheit, erklärt Thomas Hoffmann. Vorausgesetzt, die Idee des Liedes und somit der Rohbau ist da, dann braucht er für eine Sekunde des Liedes eine Stunde an Aufnahme und Produktion. Hochgerechnet stecken bei einem Lied, das 3 Minuten 20 Sekunden dauert, 200 Stunden Arbeit drin.
„Das ist ja nicht nur das Aufnehmen. Du musst das sauber spielen, die Sounds müssen stimmen, die verschiedenen Instrumente müssen von den Sounds her aufeinander abgestimmt sein, damit das so ein rundes Paket ergibt.“ Allein beim Finden der richtigen Sounds für das Schlagzeug täten sich Welten auf. „Das ist so umfangreich, und dann kommen diese ganzen Stunden zusammen.“ Und dann wiederholt er, weil es offenbar so unwirklich scheint und doch so wahr ist: Eine Sekunde ist eine Stunde. Und das summiere sich nachher, zumal wenn „nebenher“ noch die normale Arbeit ruft, so dass für die Studioarbeit nur etwa vier Stunden pro Tag übrig bleiben.
Er spielt komplett alles selber ein von der Programmierung der Drums über Keyboards, Bass und natürlich auch die Gitarren. Insbesondere das Drum-Programming sei wahnsinnig viel Arbeit, erklärt Thomas. Gastmusiker hat er selten. Er hat einmal mit Hajo Hintzen die Nummer „Turn on the Light“, auf der Hajo einen sehr funky Rhythmus spielt, aufgenommen, die auf dem Album „Eiskalter Schauer“ veröffentlicht worden ist. Ansonsten hat er auf einigen Alben Sänger und Sängerinnen dabei: Tanja Meyer aus Köln, Lothar Prünte und André Santiago. Tom selber singt nicht.
So ist auch sein neues Album „Dark Side of the End“ ausschließlich instrumental. „Danger Zone“ habe eine starke, kräftige Melodie, die einen mitnimmt, erklärt er. „Ja, es ist eine Speed-Metal-Nummer, aber ich denke, das Dominierende ist die Melodie. Interessanterweise hatte ich die als Erstes. Auf die Melodie habe ich nachher den Song geschrieben.“
Beim Titelstück sei es genau anders heraum gewesen. Da sei das Lied in sich gewachsen. „Deswegen ist er auch Album-Name geworden. Wenn man den zwei- oder dreimal gehört, merkt man, welche Dynamik da drin ist.“ Es sei eher Rockmusik als Heavy Metal. „Da ist eine wirkliche Dynamik mit Spannungsbogen, der sich immer wieder steigert und steigert. Da habe ich drauf geachtet, aber das kannst Du Dir nicht als Ziel nehmen: Ich mache jetzt mal eine voll dynamische Nummer.“ Die Keyboards spielten dabei auch eine große Rolle, die er extra nicht so dominant abgemischt habe wie bei manch anderen Liedern.
Das anschließende „Hellfire“ ist wiederum eine Brutalo-Nummer mit wahnsinnig schnellem Solo und einer Keyboard-Phrasierung, für die er aus dem Bereich Trance oder Electro inspiriert wurde. „Da habe ich mir gedacht: Mhm, kombinier das mal mit einer E-Gitarre, und das hat sich wirklich interessant angehört. Das Keyboard bringt auch den Speed in den Song rein.“
Obwohl die Scheibe gerade erst herausgekommen ist, arbeitet er gedanklich bereits am nächsten Projekt. Einen Titel gibt es indes noch nicht. Das Cover allerdings schon. Es ist ein Portrait-Foto von ihm, das er selbst mit Hilfe eins Programms verfremdet hat. Ideen gehen ihm halt nie aus.