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Der Weg in die Steckdose

Strom ist für uns Verbraucher herrlich einfach. Man betätigt einen Schalter und sofort sind die kleinen Helfer da. Sie verhindern in der Nacht angestoßene kleine Zehen beim heimlichen Gang zum Kühlschrank, machen den Liebsten auf dem nächsten Kontinent erreichbar, holen mit einem Schlag begleitet von Blaulicht ins Leben zurück. Kurzum ist Strom nicht mehr wegzudenken und im Alltag selbstverständlich. Doch welchen Weg haben die Elektronen in den Leitungen bis zur heimischen Steckdose zurückgelegt?

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Schaltkreise. Foto: Mira Otto
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„Man kann das mit einem See vergleichen, in den Wasser reingekippt wird“, erklärte Prof. Stefan Bauschke, seines Zeichens Energietechniker an der Fachhochschule Aachen Campus Jülich. In diesen fließe der Strom aus den unterschiedlichen Erzeugungsquellen zu dem sogenannten Strommix zusammen. Strom aus allen Energiequellen, beispielsweise Solar- und Windenergie sowie aus Energie aus Kohle- und Kernkraftwerken, sind im Strommix vertreten.

Da es kein eigenes Netz für Ökostrom gibt, mischt sich dabei emissionsarme Energie mit der Energie, welche die Umwelt stärker belastet. „Entnimmt man an einer Stelle Wasser aus dem See, dann kann man nicht mehr aussuchen, von welcher Quelle es sein soll“, sagte Bauschke weiter.

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Das bedeutet auch für Kunden von Ökostrom, dass nicht nur Energie auch nachhaltigen Quellen ankommt. So ist auf der Seite des Umweltbundesamtes zu lesen: „Der größte Anteil des Stroms aus der Steckdose kommt zumeist aus einem nahen Zufluss.“ In Jülich ist dies ein Kohlekraftwerk. „Bilanziell bekommt man das, was man mit seinem Stromanbieter vereinbart hat“, Bauschke weiter. Nichtsdestoweniger sei das Verlangen der Kunden nach umweltfreundlich erzeugter Energie förderlich für deren Ausbau.

Prof. Stefan Bauschke
Prof. Stefan Bauschke. Foto: Mira Otto

Über ein Netz von Hochspannungsleitungen kommt die gemischte Energie im Umspannungswerk in Jülich an. Hier wird durch die Transformatoren die Hochspannung für die Weiterleitung zu den Ortsnetzstationen verringert. Dabei werde, so Bauschke, die Spannung in der Leitung verringert. Vergleichbar sei dies mit dem Druck in einer Wasserleitung. Weiter geht es zu den Ortsnetzstationen, die gleichmäßig in der Stadt verteilt sind. Von hier aus gelangt der Strom durch die Sicherungskästen und Stromzähler in die Haushalte.

Deutschland befindet sich mitten in der Energiewende und Jülich ist, durch das kommende Ende der Braunkohle, ein Zentrum des Strukturwandels. Laut einer Statistik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hatten Erneuerbare Energien beim Stromverbrauch im Jahr 2018 einen Anteil von 38 Prozent. Bis 2020 sollen es über 40 Prozent sein. Damit wird sich der Strommix zukünftig ändern. „Wir müssten beispielsweise den heutigen Bestand an Windkraft und Photovoltaik etwa verdreifachen, um das zu schaffen. Zusätzlich braucht man noch einen weiteren Anteil neuer Anlagen, wenn auch die Energie zum Autofahren nicht mehr aus der Zapfsäule, sondern auch aus der Steckdose kommen soll“, sagte Bauschke und beleuchtete eine Hürde, vor der die Forschung steht: „Die Technik, mit der die Energie gespeichert werden kann, muss zeitgleich mit aufgebaut werden. Strom ist wie eine sehr verderbliche Ware, die nur einen Moment nach der Erzeugung haltbar ist und sofort verbraucht werden muss. Lagerraum dafür ist aktuell sehr knapp. Irgendwelche Leute müssen die Energiewende umsetzen und die Fachhochschule bildet diese Leute aus, die heute schon dringend gebraucht werden. Es ist aktiver Klimaschutz, dass wir die jungen Menschen in diese Lage versetzen.“


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