Wenn es um 12 Uhr im festlich geschmückten PZ geht, dann ist der Großteil für das Organisationsteam vom „Tanztreff Jülich“ schon getan: Die „Offiziellen“, wie die Wertungsrichter genannt werden, sind dann vor Ort, der Superwiser, der sich um die Wertungsrichter kümmert und dafür sorgt, dass alles nach einem Reglement abläuft und „mit rechten Dingen zugeht“, der Protokoller, der das Turnier „ausrechnen“ kann, die Rechensoftware, die der Verband vorschreibt, ist installiert, und der DJ ist startklar. Denn natürlich kann bei einem solchen Termin nicht jedes Paar seine eigenen Einspieler mitbringen.
Pro Runde werden innerhalb von zehn Stunden je sechs bis acht Paare aufs Parkett treten und unter den Augen der Jury in „Slow“ und „Quick“ den Pflichtteil absolvieren. Getanzt wird in vier Gruppen: Junioren, Hauptgruppe 3, in der Tänzerinnen und Tänzer mit dem Mindestalter von 31 Jahren antreten, die Hauptgruppe 2 für Paare ab 51 Jahren und schließlich das Hauptfeld, in dem alle Altersgruppen antreten können. Wer als Senior über 51 Jahren also besonders engagiert ist, der kann in nicht weniger als drei Wettbewerben antreten – nur eben bei den Junioren nicht. Die jüngste Teilnehmerin ist 13 Jahre alt und die ältesten gehen auf die 70 Jahre zu.
Wer an den Deutschen Meisterschaften im Discofox teilnimmt gehört selbstverständlich zu den Besten. Sie haben sich auf einem der vier Gebietsmeisterschaften, den German Masters oder dem Deutschlandcup qualifiziert. Auch drei Jülicher Paare aus dem Tanztreff Jülich sind darunter.
Die Bewertung erfolgt nach dem TCI-System, wie Marcel Mock erläutert. Dahinter verbirgt sich die Technik – wie werden die Tänze ausgeführt? – die Choreografie – welche Schritte werden gezeigt?– und das Image – wie präsentiert sich das Paar? Dazu gehört auch die Kleidung, die oft sehr spektakuläre daher kommt und für die es vor allem eine Regel gibt „was bedeckt sein muss“, erklärt der Fachmann. Nicht dazu gehören dagegen – wie oft irrig angenommen wird – hochhackige Schuhe. Hier ist vor allem die Schrittsicherheit maßgeblich und da dürfen es auch flache Schuhe sein. Was allerdings unabdingbar dazu gehört ist das Lächeln. Bei aller Konzentration und Anstrengung soll das Lächeln möglichst natürlich und leicht auf den Lippen liegen.„Das klappt aber oft nicht. Das muss man mit üben“, sagt er mit Schulterzucken. Der Grund: Die Tänzerinnen und Tänzer sollen Freude vermitteln und da ist ein Lächeln hilfreich – allerdings auch nur dort, wo es passt. Stichwort „Image“: Wenn ein Liebeslied oder ein trauriges Stück gespielt werden muss die Mimik auch passen.
Direkt ins Gesicht und auf die Füße können all jene den Paaren gucken, die einen der begehrten Plätze an den Tischen rund um die 10 x 10 große Tanzfläche ergattert haben. Seit drei Monaten sind diese Karten ausverkauft. Zu haben sind allerdings noch Flanierkarten. Reichlich Sitzplätze gibt es auf den Stufen im Amphitheater-artigen PZ.
Wie kommt man dazu, ein Tanzturnier auszurichten? Turniere werden meistens von Leuten ausgerichtet, die eine Tanzschule haben, erklärt Marcel Mock, der den Tanztreff Jülich seit 2013 betreibt. Dazu gekommen ist der gelernte Mechatroniker, der seinen Hauptbroterwerb „in der Chemiefabrik vom Enkel von Konrad Adenauer“ hat, eigentlich eher durch Zufall. In der Jülicher Tanzschule Zitadelle von Andreas und Johanna Höfer hat er zu Bestzeiten zwischen 2008 und 2011 bis zu 21 Tanzkursen gegeben.
Nach dem Besitzerwechsel wollten „seine“ Paare mit ihm weitertanzen und so wurde nach dem Provisorium in einer Scheune auf dem Schmeisterhof in Merzenhausen schließlich der feste Standort in Aldenhoven. Inzwischen hat Marcel Mock beim Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverband seine Ausbildung zum Disco-Fox-Fachtanzlehrer gemacht. „Man muss nicht zwingend gut tanzen können – ein guter Tänzer ist noch lange kein guter Lehrer – das ist wie bei Lothar Matthäus“, sagt „Schmocky“ lachend. „Tanzen ist ein feiner Ausgleich – ich wollte es nie hauptberuflich machen.“ Dafür hat er tanzend auch seine Liebe gefunden zu Anette und daraus ist inzwischen Tochter Leana entstanden. Im Grunde, so der Tanzschulen-Besitzer, sei es in seiner Tanzschule wie in einer großen Familie. „Meine Tochter hat so viele Tanten wie sonst keiner, das ist schon toll…“, grinst er.
Angefangen hat die Begeisterung, Turniere auszurichten 2014, als sich für die Deutsche Meisterschaft der Discofox-Kür kein Ausrichter gefunden hat. Es ist eine Turnierform, die Marcel Mock besonders begeistert und so sprangen er und der Tanztreff ein. „Seitdem kursiert der Turnier-Virus.“ Das heißt: Alle sind mit dabei, bauen auf, sorgen für Salate und Dekoration. Die Begeisterung bleibt, obwohl Mock einräumt, dass man anfangs unterschätzt hätte, was es außerdem heißt ein Turnierbüro einzurichten, Pokale, Urkunden und Medaillen zu organisieren. Schließlich wuchs der Ehrgeiz, einmal die Deutsche Meisterschaft auszurichten. Und? Rechnet sich das? 75 Prozent der Startgelder gehen an den Veranstalter – das sind 15 Euro pro Paar. „Man wird nicht reich. Das rechnet sich Spitz auf Knopf“, sagt Marcel Mock, lächelt und zieht das Fazit: „Man macht es, weil es Spaß macht.“