„What a Feeling“: Irene Cara sang den Song einer ganzen Generation. Aus diesem Jahrzehnt stammt der legendäre Satz: „Ich habe eine Wassermelone getragen.“ Die 80er – was eine heiße Zeit! Anfang des Jahrzehnts als Teenager war ich zum ersten Mal verliebt. Der Mann meines Lebens trat in mein Leben, wusste aber erst am Ende des Jahrzehnts, dass er es war.
Es kam zu den ersten Dates, die zu der Zeit noch nicht so hießen. Man „ging“ miteinander. Ob Thing, Treff, Känguru – es gab noch in jedem Jugendheim der Stadt ein eigenes Angebot. Warum man sich beim Besuch derselben gestylt hat, wird immer ein Rätsel bleiben. Bei dem eher schummrigen Licht war eh wenig zu erkennen. Dienstags ging es in die Teestube ins Bonhoeffer-Haus. Da gab es tatsächlich Tee! Und oft auch Musik.
Es wurde gepogt und Steh-Blues getanzt. Die deutsche Welle wurde geritten, bis sie zerschellte. Die Bands hießen Trio und schon damals Tote Hosen. Konzerte, Konzerte, Konzerte – ob Rur Rock in Linnich oder im Innenhof der Zitadelle Open Air. Es gab Punks und Popper, Freaks… Nachmittags war der Schlossplatz der Treffpunkt schlechthin. Mit Gitarren und Bier belagerten Jugendliche den Rasen und den Musikpavillon. Da trafen sich heute hochangesehene Menschen aus Wirtschaft und Politik. Aus Diskretionsgründen wird auf Fotos und Namensnennung verzichtet. Jeans wurden in der Badewanne angezogen – die Hose praktisch an die Beine geschweißt. Andere trugen Bundfaltenhosen und Rüschenhemden. Was eine Vielfalt! Popperlocke und Irokesenschnitt – da gab es schon rein optisch klare Abgrenzungen. Wer einen Video-Rekorder hatte, war weit vorne. Man traf sich zu Filmabenden, in denen man sich gegebenenfalls auf den Sitzkissen näherkam. Die Lieblingssongs wurden mobil: Der Walkman war für viele steter Begleiter.
„Ich will Spaß, ich geb Gas“ konnte es da von Markus gesungen auf den Ohren tönen. Apropos…Haben Sie jemals in den Rückspiegel gesehen, wenn in einer Baustelle 80 km/h erlaubt ist und Sie die auch fahren? So ist der Mensch. Das beschrieb einmal eindrücklich Dieter Nuhr in seinen guten Zeiten. Jaja, die guten Zeiten. Wenn ich mir was wünschen könnte, dann wäre die Wahlquote im Schnitt bei 80 Prozent und die rechtsradikalen Kräfte in der Bedeutungslosigkeit von 0,80 Prozent verschwunden. Wenn alles gut geht, erlebe ich das mal in meinen 80ern. Wenn es soweit ist, dann hab ich – so alles eintrifft, was die große Politik und welche Macht auch immer vorsieht – derzeit noch völlig undenkbare Aussichten: Der Weg zum „Meer“ ist nur noch einen Katzensprung weit entfernt – Untertitel „das Indesche“. Das „Loch“ ist mit Wasser verfüllt. Ein Touristen-Magnet! Ebenso wie der Brückenkopf-Park, der nach dem Relaunch 2024 die angekündigte Top-Marke von 400.000 Gästen jährlich längst geknackt hat und nun schon das achte Mal in Folge schwarze Zahlen schreibt. Jetzt kommt – nachdem das Schwan-Quartier ständig ausgebucht ist – Haus Hesselmann 2.0 mit Erlebniswohnen im Park.
Die Region boomt, und Jülich ist tatsächlich das Herzstück. Für die Anbahnung dieser Entwicklung ist Axel Fuchs zum Ehrenbürgermeister ernannt worden. Er fand die Idee immer gut, und dann ist sie Wirklichkeit: Die Seilbahn, die täglich hunderte Menschen zwischen Sophienhöhe, Forschungszentrum und Innenstadt hin- und hertransportiert. Nicht Microsoft, aber Apple hat sich inzwischen angesiedelt, und ETC gelingt es, Ariane mit Wasserstoff ins All zu bringen. Unsere Landwirte müssen nicht mehr über den europäischen Markt klagen: Zucker hat Plastik als nachhaltiger alternativer Grundstoff ersetzt. Der Braintrain verbindet RWTH und FH, die inzwischen fast an den Brainergy Park jenseits der L241 herangerückt ist. Der S-Bahn-Anschluss verbindet Köln und Jülich. Im Quartier Nierstein wohnen viele Menschen, die – wenn nicht vor Ort – an der Rheinschiene in Lohn und Brot sind. Die Rur fließt mitten durch die Stadt! Als Wachstumsregion hat Jülich dann auch den Sprung von den 40.000 auf die 80.000 Einwohner überwunden. Nicht zuletzt, weil Broich und Tetz zusammengewachsen sind und die Tetzer, die sich ohnehin immer Jülich zugehörig gefühlt haben, den Anschluss an die HERZOGstadt durchgesetzt haben.
Das bundesweit bekannte Zentrum für Gehirnforschung steht in Jülich. Als Vorreiter damals unter dem Stichwort „Human Brain“ begonnen werden jetzt Therapien gegen Alzheimer und Demenz erfolgreich angewandt. Dafür wurde eigens ein großes Klinikum mit Unterstützung des Forschungszentrums Jülich auf der Merscher Höhe errichtet. Der „Schwan“ steht kurz davor, als markante Architektur der 20er Jahre in die Denkmalliste aufgenommen zu werden. Der Markt ist zum gastronomischen Zentrum geworden. Das Museum Zitadelle hat einen eigenen Bau bekommen, der die „Landschaft in Bewegung“ aus den vergangenen 80 Jahren zeigt. Die Rurbrücke ist endlich fertig.
Ich habe natürlich schon lange die Rente durch. „Rente? Oma, was ist das eigentlich?“, hörte ich als 80-Jährige ein Kind seine Großmutter fragen. Hypothetisch, aber denkbar, dass in Zukunft Kinder den Begriff „Rente“ nur aus dem Geschichtsbuch kennen oder mit 80 in die Rente eintreten werden. Dafür brauchen die Menschen nicht mehr „In 80 Tagen um die Welt“ reisen, sondern sind oft nur einen Mausklick von der Erdumrundung entfernt. Wahrscheinlich gibt es gar keine „Mäuse“ mehr, sondern nur VR-Brillen und solche, die einen Sci-Fi-mäßig in jeden Zeit versetzen können, die man sich wünscht. Wie grandios wäre das denn? Denn zeitenübergreifend ist klar: Gefühl altert nie! Und mit 80 in den 80ern! „What a Feeling.“