Während mich das Schreiben dieses Artikels ins Schwitzen bringt, lässt er Sie möglicherweise völlig kalt. Nicht, dass ich Sie mit solcher Einleitung heiß (ich bevorzuge das „ß“) machen will, aber lauwarm sollte es auch nicht werden.
Also: Wenn ich jetzt frage, wann Ihnen das letzte Mal heiß war, kommt höchstwahrscheinlich als Antwort: letzten Sommer. Oder von einigen wenigen eventuell: beim letzten spontanen Erfinden einer passenden Ausrede. Frage ich, wann Sie das letzte Mal auf etwas heiß waren, dann … will ich das gar nicht so genau wissen, obwohl es durchaus interessant wäre – vielleicht war es ja nur eine Pizza funghi, immerhin.
Meine Fragen laufen nur auf die Tatsache hinaus festzustellen, dass heiß meist nur das ist, was uns nach kürzester Zeit schon wieder kalt lässt.
Und ich muss leider einen ziemlich allgemeinen Heißhunger feststellen – nicht unbedingt auf Pizza, die bis zum Ende ihres Konsumiertwerdens eh ihre Anfangstemperatur verloren hat, aber kein allzu schlechtes Beispiel ist. Denn wir werden täglich heiß gemacht auf den Verzehr, den unverdaubaren Konsum nicht nur von fragwürdigen „Lebensmitteln“, sondern auch von Mitteilungen, die man nicht unbedingt teilen muss und möchte, Bildern, die man nicht zu sehen braucht, Nachrichten, deren Informationswert dem des Wetterberichts von gestern gleicht, Events, für die man sich schon sehr mit sich selbst langweilen muss, um sie besuchen zu wollen. Und so stellt sich nach dem Gehabt-Haben meist nur kurzfristig eine emotionale Temperaturabsenkung auf Normalmaß ein – bis das Zwischenhirn den Neocortex locker überspielend wieder Hype-Hunger signalisiert.
Doch da ist nichts wirklich heiß – nur überhitzt aufgewärmt. Wie eben fast alles, das durch die Medien-Arenen in kürzesten Abständen getrieben wird: Eintagsfliegen wie Topmodels, Superstars, Megaspiele, alles mit aufgeblasenen Vorsilben versehen. Und bevor man bemerkt, dass das eigentlich kalter Kaffee ist, wird schon der nächste dampfende Pappbecher gereicht. Da schnuppert man immer wieder heiße Luft, mit künstlichen Aromen zu kurzfristiger Verklebung der Geschmacksknospen aufgepeppt.
Kommt der Geruch von Wirklichkeit auf, stinkt einem das.
Weshalb die Unterhaltungsheizung weitaus lieber aufgedreht wird, als dass man „kalte“ Fakten zur Kenntnis nimmt. Da ist das Eisen, das geschmiedet werden müsste, dann doch zu heiß. Vor allem für die, die es anpacken könnten und müssten – die dürfen sich darauf verlassen, dass auch ihre Klientel lieber in Urlaub fliegt, als Feuer unter dem aussitzenden Körperteil der Verantwortlichen zu machen oder es unter dem eigenen zu spüren.
Schon klar, dass ich in einem solchen Artikel nicht am Weltklima vorbeikomme. Eigentlich habe ich es und damit seine Ursachen ja gerade sehr po-intiert beschrieben. Doch dieses Thema ist leider wirklich heiß, da hilft kein mit coolem Achselzucken in den Urlaubsflieger Steigen und noch ein „dann pflanzen wir eben hier Ananas statt Kartoffeln“ zynisch nachzulegen. Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass sich diesbezüglich Leute einer leider wählbaren Partei in der Form äußern, dass unsere trockenen Sommer nur daher rühren, dass immer mehr Schwarzgebrannte die Hitze aus ihren Ländern ja schließlich hierher schleppen. Zuzutrauen ist ihnen das. Auch Demagogie ist ein heißes Thema, dessen sich gerne kalt bedient wird. Hauptsache, die eigenen Schäfchen blöken hitzig mit. Dafür darf man gerne das (politische) Klima anheizen.
Die verbalen Abkühler sind allerdings auch nicht besser. Die würden das ganze Debakel gerne denen überlassen, die es in ihrer technikhörigen Engstirnigkeit karrierefördernd und bedenkenlos freudig mitgefördert haben und in absehbarer Zeit ihr persönliches Erfolgsmodell allen Tatsachen zuwider auch nicht aufgeben werden: den Experten, die heiß auf ihre eigene Anerkennung sind, und deren Expertisen entsprechend vorrangig nur selbiger dienen.
Sie lesen: Meine emotionale Temperatur nähert sich der des Erdklimas:
ein paar Grad mehr als auf Dauer verträglich – jedenfalls was mich betrifft. Für einen Hitzschlag reicht es nicht, die Wüste ist noch nicht hier, und für einen Rufer in selbiger darf ich mich also nicht halten.
Doch eines ist mir einmal mehr während des Schreibens dieses Artikels klar geworden: In dieser Zeit zwischen Kälte, „Coolness“ und Hitzigkeit fehlt: Wärme.
Und für die, deren Verstehen eher nicht so weit reicht wie die Technik, derer sie sie sich bedienen, füge ich abschließend hinzu: Ich meine damit nicht die Temperatur eines leerstehenden Smarthomes, die man von werweißwo mit dem Handy regelt.
Veronika, reiche mir das Schweißtuch, bitte.