Bei den Bauarbeiten für die neue Rurbrücke wurde Anfang dieses Jahres ein bedeutender archäologischer Fund aus der napoleonischen Epoche Jülichs (1794-1814) freigelegt. Derartige Bodenfunde waren zu erwarten, querten doch in diesem Bereich seit 2000 Jahren die Menschen den Fluss in Richtung Aachen oder Köln. Nach dem bereits Ende letzten Jahres einige Eichenholzpfähle geborgen wurden, die vermutlich im Zusammenhang mit älteren Rurübergängen stehen, kamen nun am stadtseitigen Ufer auch massive Mauerstrukturen zum Vorschein, bei denen es sich um die Reste der ersten Rurbrücke Jülichs aus Steinmaterial handelt.
Diese Brücke wurde 1806 von den französischen Festungsbauingenieuren des „Corps du Génie“ unter Leitung des Colonel Denis Félicité Bizot-Charmoy geplant, nachdem die hölzerne Rurbrücke 1792 von den alliierten Truppen unter dem Kommando des österreichischen Generals Clerfayt abgebrannt wurde, um der vorrückenden französischen Revolutionsarmee den Zugang zur Festungsstadt Jülich zu erschweren. Nachdem die Franzosen Jülich nach der zweiten Schlacht von Aldenhoven im Oktober 1794 eingenommen hatten, begannen sie sofort, die vernachlässigte pfälzische Festung in Stand zu setzten und zu modernisieren. Damit nicht genug,die französischen Festungsingenieure planten einen gigantischen Ausbau der Festungsanlagen, da Jülich – oder Juliers – nun ein wichtiger Militärstandort zur Sicherung der neuen östlichen Grenze Frankreichs, die bis zum Rhein reichte, werden sollte.
Der Jülicher Brückenkopf, dessen Bau 1799 begonnen wurde, war wichtiger Teil dieses Ausbauplans. Die Verbindung zwischen der Stadtbefestigung und dem Brückenkopf, zugleich den Rurübergang der wichtigen Straße zwischen Aachen und Köln, sollte eine neue Brücke aus Steinmaterial herstellen. Sie übernahm darüber hinaus als Schleusenbrücke (Pont à écluse) eine weitere, strategische Funktion als wichtiges Element im neuen Verteidigungskonzeptes des „Place de Juliers“. Die Zwischenräume zwischen den Brückenpfeilern konnten mit Schiebern verschlossen werden, so dass durch die Anstauung der Rur in Verbindung mit Dämmen am Rurufer eine großflächige Überschwemmung des Umlandes herbeigeführt werden sollte. Diese sogenannte „Inundation“ erschwerte das Heranrücken feindlicher Truppen, die sich durch das kniehohe, sumpfige Gelände zu den eigentlichen Wehranlagen vorkämpfen mussten. Allerdings zeigte sich 1814, als die alliierten Armeen Jülich belagerten und die Inundation durchgeführt werden sollte, dass die Brückenkonstruktion dem Wasserdruck nicht standhalten konnte und sich flussabwärts in Bewegung setzte.
Erst durch das Beschweren der Brücke mit eiligst herbeigeholten Geschützen konnte dieses Desaster verhindert werden, wie ein französischer Offizier als Augenzeuge berichtete. Offensichtlich wurde die Brücke trotz dieses Konstruktionsfehlers auch in preußischer Zeit weiter genutzt, denn erst 1902 ersetzte man die französische Pont à Écluse im Rahmen der Modernisierung der Zufahrtswege durch eine moderne Dreibogenbrücke.
Bei dem durch das vor Ort tätige Archäologenteam um den Grabungsleiter Nico Bause von der Fachfirma Archäologie Team Troll freigelegten Fund handelte es sich um Reste der Wasserseite des stadtseitigen Brückenauflagers aus Feldbrandziegeln. Die etwa 8 Meter lange und 1 Meter breite westliche Stirnmauer des Auflagers ist etwa 2 Meter hoch erhalten. Auf der östlichen Seite der Mauer zeigt sich ein durchgängiger Gewölbeansatz, der auch an einem weiteren, parallel liegenden Mauerrest teilweise erhalten ist. Es gab also einen tunnelartigen Durchgang in dem Auflager, wie er auch in der Zeichnung von Franz Nix aus dem Jahr 1859 zu sehen ist. Dort erkennt man interessanterweise einen zweiten derartigen Durchgang, der bislang im Befund noch nicht freigelegt wurde. Neben weiteren Holzpfählen, die einer dendrochronologischen Altersbestimmung unterzogen werden sollen, fanden die Archäologen auch Basalte aus dem Fundamentbereich der Schleusenbrücke.